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Nationalratswahl in Österreich 2024 | Hintergrund aktuell | bpb.de

Nationalratswahl in Österreich 2024

Redaktion

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Österreich hat am 29. September einen neuen Nationalrat gewählt. Die Wahl hat zu einer Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse geführt: Erstmals stellt die FPÖ die stärkste Fraktion.

Wahlparty der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) zur Nationalratswahl: Anhänger Reagieren auf die 17-Uhr-Hochrechnung. (© picture-alliance, dts-Agentur)

Bei der Nationalratswahl in Österreich ist die rechtspopulistische FPÖ erstmals zur stärksten politischen Kraft geworden. Sie erhielt laut vorläufigem Endergebnis 29,2 Prozent der Stimmen. Im neuen Parlament wird die FPÖ damit 52 der 183 Abgeordneten stellen – zu einer Sperrminorität, mit der beispielsweise Verfassungsänderungen verhindert werden könnten, reicht das nicht. Diese läge bei mindestens 62 Sitzen.

Mit deutlichem Abstand folgt die christdemokratische ÖVP (26,5 Prozent). Die sozialdemokratische SPÖ (21 Prozent) muss das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte verkraften. Ebenfalls im neuen Nationalrat vertreten ist die liberale Partei NEOS, die auf neun Prozent der Stimmen kam. Auch die Grünen schafften mit acht Prozent der Stimmen trotz erheblicher Verluste den Sprung über die in Österreich geltende Vier-Prozent-Hürde.

Entgegen früherer Umfragen wird der Nationalrat weiterhin nur fünf Parteien umfassen. Sowohl die Bierpartei (2 Prozent) als auch die Kommunistische Partei Österreichs (2,3 Prozent) verfehlten klar den Einzug in das Parlament. Insgesamt haben die Wahlen zu einer erheblichen politischen Kräfteverschiebung in Österreich geführt. Während die FPÖ 13 Prozentpunkte zulegte, verlor die ÖVP elf Prozentpunkte. SPÖ und Grüne kommen zusammengenommen auf nicht einmal ein Drittel der Sitze im Parlament.

Besonders viele Stimmen gewann die FPÖ aus dem Lager der ÖVP und von früheren Nichtwählern hinzu. Die Grünen verloren viele Wählerinnen und Wähler an die SPÖ, während letztere selbst zahlreiche Stimmen an das Lager der Nichtwählenden verlor.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte bereits angekündigt, dass er nicht mit der FPÖ zusammenarbeiten wolle, solange diese von dem als politisch radikal geltenden Parteichef Herbert Kickl angeführt werde. Eine Große Koalition aus ÖVP und SPÖ würde im neuen Nationalrat über 93 Mandate und somit über eine äußerst knappe Mehrheit verfügen. Die SPÖ hat rechnerisch keine Chance, eine von ihr angeführte Regierung zu bilden. Mit der FPÖ will keine andere der nun im Nationalrat vertretenen Parteien koalieren, und ein theoretisch denkbares Dreierbündnis aus ÖVP, Grünen und NEOS käme nicht auf die notwendige Mehrheit von 92 Sitzen.

Möglich ist auch, dass es erstmals seit der provisorischen Staatsregierung unter Staatskanzler Karl Renner im Jahr 1945 eine Dreierkoalition gibt. Ein solches Bündnis müsste zwar sehr unterschiedliche politische Strömungen vereinen, würde aber über eine größere Mehrheit im Parlament verfügen. Denkbar wäre, dass ÖVP und SPÖ mit den Grünen oder den NEOS koalieren.

Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen muss nun eine der im Nationalrat vertretenen Parteien mit der Regierungsbildung beauftragen. Er ließ zunächst offen, welche das sein wird. Zuerst wolle er mit allen Parteien Gespräche führen. Wichtig sei ihm, dass bei der Regierungsbildung die Grundpfeiler der liberalen Demokratie wie Rechtsstaat, Gewaltenteilung und Menschenrechte gewahrt blieben.

Wie wurde gewählt?

Das Interner Link: Parlament in Österreich hat zwei Kammern. Die 183 Abgeordneten des Nationalrats werden spätestens alle fünf Jahre nach einem Verhältniswahlrecht gewählt. Der Bundesrat – die zweite Kammer des Parlaments – wird nicht direkt gewählt. Seit dem 27. Juni 2023 hat er 60 Mitglieder (zuvor 61). Sie werden von den Landtagen der neun österreichischen Bundesländer entsandt.

Wahlberechtigt für die Nationalratswahl – und sämtliche andere Wahlen in Österreich – ist, wer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet hat. Jede Person wählt eine Parteiliste. Zusätzlich können Vorzugsstimmen für Kandidatinnen oder Kandidaten der gewählten Partei vergeben und damit die Reihenfolge der Listenplätze auf Bundes-, Landes- und Regionalparteilisten beeinflusst werden.

Für die Wahl gilt eine Interner Link: Sperrklausel: Parteien, die bundesweit weniger als vier Prozent der Stimmen erzielen, verfehlen den Einzug in den Nationalrat – es sei denn, mindestens einer ihrer Kandidatinnen oder Kandidaten erringt in einem der 39 Regionalwahlkreise ein Grundmandat.

Interner Link: Überhangmandate sind theoretisch möglich und würden von den Mandatskontingenten der anderen Parteien abgezogen – in der Praxis sind Überhangmandate bei Nationalratswahlen aber sehr unwahrscheinlich.

Wer trat zur Wahl an?

Insgesamt zwölf Parteien hatten Vorschläge für Bundeswahllisten eingereicht. Unter anderem traten diese Parteien an:

Spitzenkandidat der Interner Link: Österreichischen Volkspartei (ÖVP) war Bundeskanzler Karl Nehammer. Die ÖVP-Liste firmierte offiziell – ähnlich wie bereits unter Sebastian Kurz – unter dem personalisierten Titel „Karl Nehammer – Die Volkspartei (ÖVP). Auf europäischer Ebene gehört die ÖVP, genauso wie die CDU und die CSU, der Fraktion der Interner Link: Europäischen Volkspartei (EVP) an. Sie vertritt christdemokratisch-konservative Positionen.

Die Interner Link: Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) wird dem rechtspopulistischen Spektrum zugerechnet. Im aktuellen Externer Link: Verfassungsschutzbericht des österreichischen Innenministeriums, der im Mai 2024 vorgestellt wurde, wurde die Partei in Teilen erstmals im Kapitel Rechtsextremismus erwähnt: Es ging um den Nachwuchsverband „Freiheitliche Jugend“(FJ), der enge Verbindungen mit der Interner Link: Identitären Bewegung Österreichs hat. Spitzenkandidat der FPÖ war Herbert Kickl.

Für die Interner Link: Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) ging der Parteivorsitzende Andreas Babler als Spitzenkandidat ins Rennen. Die SPÖ war – gemeinsam mit der ÖVP – in den ersten Jahrzehnten der Zweiten Republik die bestimmende politische Kraft in Österreich, hat aber in den vergangenen Jahren zunehmend an Einfluss verloren. Zuletzt stellten sie bis 2017 mit Christian Kern den Interner Link: Bundeskanzler.

Das Neue Österreich und Interner Link: Liberales Forum (NEOS) ist eine im Jahr 2012 gegründete liberale Partei. Im Europaparlament gehört sie, genauso wie die FDP und die Freien Wähler, der Fraktion Renew Europe an. Spitzenkandidatin war Beate Meinl-Reisinger.

Ebenfalls relativ neu im politischen Spektrum ist die Bierpartei (BIER), die 2015 von dem Punk-Musiker Dominik Wlazny (Künstlername: „Marco Pogo“) gegründet wurde. Anfangs hatte die Partei bisweilen einen satirischen Charakter, mittlerweile vertritt sie eine deutlich erkennbare linksliberale Programmatik. Der 37-jährige Wlazny trat als Spitzenkandidat an.

Die Grünen waren in Österreich in den vergangenen fünf Jahren Juniorpartner in der Koalition von Bundeskanzler Karl Nehammer. Ihr Spitzenkandidat war Werner Kogler.

Chancen auf den Einzug in den Nationalrat wurden auch der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) zugerechnet. Sie vertritt linke Positionen und strebt einen demokratischen und ökologischen Sozialismus an. Die Liste der KPÖ wurde angeführt von Tobias Schweiger.

Was waren die Themen im Wahlkampf?

In der Debatte dominierten innenpolitische Themen, insbesondere Migration und innere Sicherheit. Für Gesprächsstoff sorgte unter anderem der Anschlag auf das Münchner NS-Dokumentationszentrum und das israelische Generalkonsulat Anfang September, der von einem 18-jährigen Österreicher mit bosnischen Wurzeln verübt wurde. Er hatte sich in den drei Jahren zuvor zusehends radikalisiert.

Das Thema Migration spielte auch in der Bedeutungswahrnehmung der Wählerinnen und Wähler eine wichtige Rolle. In einer Umfrage, die Ende Mai – kurz vor der Europawahl – durchgeführt wurde, nannten 57 Prozent „Asyl/Migration“ als besonders wichtiges Thema. Auf mehr Zuspruch stieß nur das Thema „soziale Sicherheit“.

Ein weiteres wichtiges Thema waren die sich abzeichnenden Veränderungen in der politischen Landschaft Österreichs. FPÖ-Spitzenkandidat Herbert Kickl ist äußerst umstritten. Er gilt – selbst im Rahmen der FPÖ-Ideologie – als radikal. Außerdem wird ihm eine deutliche Nähe zur Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt.

Ähnlich wie in Deutschland steckt auch die österreichische Wirtschaft derzeit in der Krise. Die Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts sind minimal, hinzu kommt eine relativ hohe Staatsverschuldung von fast 78 Prozent, gemessen am Bruttoinlandsprodukt.

Zuletzt hatten die schweren Überschwemmungen und der dadurch ausgelöste Ausnahmezustand in Teilen Österreichs den Wahlkampf kurzzeitig unterbrochen.

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