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Landtagswahl Thüringen 2024 | Hintergrund aktuell | bpb.de

Landtagswahl Thüringen 2024

Redaktion

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Bei der Landtagswahl in Thüringen erhält die AfD die meisten Stimmen. Die Regierungsparteien DIE LINKE, SPD und GRÜNE verlieren deutlich.

Wahlplakate zur Landtagswahl in Thüringen (© picture alliance / dts-Agentur )

Am 1. September haben die Thüringerinnen und Thüringer ein neues Landesparlament gewählt. 1,66 Millionen Menschen waren wahlberechtigt, die Wahlbeteiligung lag bei 73,6 Prozent. Laut dem vorläufigen Endergebnis werden 88 Abgeordnete im neuen Landtag sitzen.

So wird gewählt

Stimmberechtigt bei den Wahlen zum Thüringer Landtag sind alle volljährigen Bürgerinnen und Bürger mit deutscher Staatsangehörigkeit, die ihren Wohnsitz seit mindestens drei Monaten in Thüringen haben und ihr Wahlrecht nicht durch einen Richterspruch verloren haben. Auch das passive Wahlalter liegt bei 18 Jahren.

Es gibt zwei Stimmen: Mit der Erststimme votieren die Wählerinnen und Wähler für eine Kandidatin oder einen Kandidaten ihres Wahlkreises. Es gewinnt die Person, die die meisten Stimmen erhalten hat. Mit der Zweitstimme wird eine Landesliste gewählt. Die Zweitstimmen bestimmen maßgeblich die Anzahl der Parlamentssitze, die eine Partei erhält.

Dem Landtag gehören mindestens 88 Abgeordnete an. Die Sitze ergeben sich aus den Direktmandaten der 44 Wahlkreise sowie den 44 Kandidatinnen und Kandidaten, die über die Landesliste ins Parlament einziehen. Durch das Auszählverfahren sowie durch Überhang- und Ausgleichmandate kann die Zahl der Sitze im Parlament steigen. Derzeit sitzen 90 Abgeordnete im Parlament. Es gilt eine Fünf-Prozent-Hürde. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre.

AfD erhält erstmals die meisten Stimmen

Erstmals stärkste Kraft bei einer Landtagswahl wurde die Interner Link: Alternative für Deutschland (AfD). Sie erhielt 32,8 Prozent der Stimmen. DieInterner Link: Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) konnte im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren leicht hinzugewinnen und erhielt mit 23,6 Prozent die zweitmeisten Stimmen. Ihr folgt das Interner Link: Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) mit 15,8 Prozent, das erstmals an einer Landtagswahl teilnahm.

Starke Verluste mussten die Regierungsparteien hinnehmen. Interner Link: DIE LINKE um Ministerpräsident Bodo Ramelow verlor 17,9 Prozent und erhielt nur 13,1 Prozent der Stimmen. Die Interner Link: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) erhielt 6,1 Prozent. Das Interner Link: Bündnis 90/Die Grünen (GRÜNE) zieht mit 3,2 Prozent nicht in den Landtag ein, ebenso die Interner Link: Freie Demokratische Partei (FDP), für die 1,1 Prozent der Wählerinnen und Wähler stimmten.

Rechnerisch mögliche Koalitionen

Rechnerisch möglich wäre eine Koalition aus AfD und CDU. Die beiden Parteien erreichen mit 55 Sitzen eine absolute Mehrheit von mindestens 45 Sitzen. Ebenso möglich wäre eine Koalition aus AfD und BSW, die gemeinsam 47 Sitze erreichen. Sowohl CDU als auch BSW haben eine Koalition mit der vom Thüringer Amt für Verfassungsschutz als „erwiesen rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuften AfD jedoch im Vorfeld der Wahl ausgeschlossen.

Eine absolute Mehrheit würde auch ein Dreier-Bündnis aus CDU, BSW und DIE LINKE erreichen. Sie kommen gemeinsam auf 50 Sitze. Im Vorfeld der Wahl schloss die CDU eine Koalition mit der Partei DIE LINKE jedoch aus. Ein Bündnis aus CDU, BSW und SPD würde mit 44 Sitzen keine Mehrheit erreichen.

Auch wenn die AfD nicht Teil der Regierungskoalition werden sollte, wird sie Einfluss auf die zukünftige Regierung haben. Mit über einem Drittel der Sitze hat sie eine sogenannte Sperrminorität. Damit kann sie Entscheidungen im Landtag verhindern, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig ist. Hierzu gehören beispielsweise die Auflösung des Landtags für Neuwahlen, die Wahl neuer Mitglieder des Thüringer Verfassungsgerichtshofs oder der Parlamentarischen Kontrollkommission, die das Amt für Verfassungsschutz kontrolliert.

Schwieriger Regierungsbeginn nach den letzten Wahlen

Bereits das Ergebnis Interner Link: der letzten Landtagswahl am 27. Oktober 2019 hatte die Regierungsbildung erschwert. Das vorherige Regierungsbündnis aus DIE LINKE, SPD und GRÜNE hatte im Vorfeld der Wahl Interesse signalisiert, die Zusammenarbeit fortzusetzen, konnte mit 42 Sitzen allerdings keine absolute Mehrheit mehr im Landtag bilden. Am 5. Februar 2020 wurde der bisherige Ministerpräsident Bodo Ramelow (DIE LINKE) in den ersten zwei Wahlgängen nicht als Ministerpräsident gewählt. Im dritten Wahlgang, in dem der Kandidat nicht mehr die absolute Mehrheit der Stimmen der Abgeordneten benötigt, erhielt der FDP-Politiker Thomas Kemmerich überraschend die einfache Mehrheit, offensichtlich mit Stimmen von CDU und AfD. Dass Kemmerich die Wahl zum Ministerpräsidenten mit Stimmen der AfD annahm, sorgte bundesweit für Entrüstung. Nach Kritik auch aus der eigenen Partei trat Kemmerich wenige Tage später zurück.

Minderheitsregierung aus DIE LINKE, SPD und GRÜNEN

Seit März 2020 regierte eine Minderheitsregierung aus den Parteien DIE LINKE, SPD und GRÜNEN ohne eigene Mehrheit im Parlament und war auf Stimmen der Opposition angewiesen. Ministerpräsident blieb Bodo Ramelow (DIE LINKE). Die CDU hatte im Rahmen einer sogenannten Stabilitätsvereinbarung eine lose Zusammenarbeit mit den Regierungsfraktionen vereinbart.

Die Minderheitsregierung sowie die CDU einigten sich zudem auf vorgezogene Neuwahlen im Frühjahr 2021. Wegen der Corona-Pandemie wurde der Termin verschoben und die Wahl sollte zeitgleich mit der Interner Link: Bundestagswahl 2021 stattfinden. Die dafür notwendige Auflösung des Landtags und damit anschließende Neuwahlen scheiterten jedoch im Sommer 2021.

In der vergangenen Legislaturperiode setzten die Oppositionsparteien CDU und FDP Gesetzesentwürfe im Bereich der Windenergie und der Grunderwerbsteuer auch mit Stimmen der AfD durch. Kritikerinnen und Kritiker sahen darin ein Aufweichen der sogenannten „Brandmauer“ gegenüber der AfD. Auf dem 31. Parteitag der CDU im Dezember 2018 hatte die Partei beschlossen, weder mit der AfD noch mit der Partei DIE LINKE zusammenzuarbeiten.

Wahlkampfthemen

Eines der zentralen Themen des Wahlkampfs war die Flüchtlings- und Migrationspolitik. Während manche Parteien etwa mehr Abschiebungen oder beschleunigte Asylverfahren fordern, wollen andere unter anderem den Zuzug ausländischer Fachkräfte nach Thüringen erleichtern. Auch die Bildungspolitik spielte eine große Rolle – diskutiert wurden beispielsweise eine Abschaffung von Kita-Gebühren, bessere Betreuungsschlüssel sowie eine Kita-Pflicht. Weitere Themen waren der Erhalt der öffentlichen Infrastruktur wie Krankenhäuser und ÖPNV, Wirtschaftsförderung, Digitalisierung, Bürokratieabbau und Altersarmut.

Diese Parteien traten zur Wahl an

Zur Wahl des Thüringer Landtages am 1. September 2024 traten Interner Link: 15 Parteien und sonstige politische Vereinigungen an.

Stärkste Partei bei der Wahl 2019 wurde mit 31 Prozent der Zweitstimmen Interner Link: DIE LINKE. Zur Landtagswahl 2024 trat die Partei erneut mit Bodo Ramelow als Spitzenkandidat an. DIE LINKE setzt auf eine Stärkung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Partei will den öffentlichen Personennahverkehr ausbauen, den sozialen Wohnungsbau vorantreiben und die Kindergartengebühren abschaffen.

Zweitstärkste Partei wurde 2019 mit 23,4 Prozent die Interner Link: AfD, deren Landesverband der Thüringer Verfassungsschutz als eine „erwiesen rechtsextremistische Bestrebung“ einstuft. Spitzenkandidat war 2024 Björn Höcke, der auch Landesvorsitzender der Partei ist. Schwerpunkte des Wahlprogramms waren eine restriktive Migrationspolitik und die Kürzungen von Sozialleistungen für Asylsuchende. Die AfD will unter anderem die traditionelle Familie aus Mutter, Vater und Kindern fördern.

Mit 21,7 Prozent wurde die Interner Link: CDU vor fünf Jahren die drittstärkste Partei. Ihr Spitzenkandidat war 2024 der Thüringer CDU-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete Mario Voigt. Die CDU will laut Parteiprogramm Bürokratie abbauen sowie Innovationen durch die Förderung von Technologiezentren und Forschungseinrichtungen vorantreiben. Verfahren von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen mit geringer Bleibeperspektive will die CDU beschleunigen.

Die Interner Link: SPD kam 2019 auf 8,2 Prozent der Stimmen. SPD-Spitzenkandidat war 2024 der Landesvorsitzende und derzeitige Innenminister Georg Maier. Die Sozialdemokraten wollen unter anderem den kommunalen und sozialen Wohnungsbau fördern und setzen sich für einen verbesserten Betreuungsschlüssel in Kitas sowie für eine beitragsfreie Kinderbetreuung ein.

Mit 5,2 Prozent zogen vor fünf Jahren die Interner Link: GRÜNEN in den Thüringer Landtag ein. Spitzenkandidatin und -kandidat waren 2024 die derzeitige Vizepräsidentin des Landtags Madeleine Henfling und der Thüringer Umweltminister Bernhard Stengele. Die GRÜNEN sprechen sich unter anderem für verstärkte Investitionen in den Umwelt- und Klimaschutz aus. Sie wollen die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse erleichtern.

Die Interner Link: FDP war 2019 mit 5 Prozent knapp in den Landtag eingezogen. Der Landesvorsitzende Thomas Kemmerich trat 2024 wieder als Spitzenkandidat an. Der thematische Schwerpunkt der Thüringer FDP lag unter anderem in der Digitalisierungspolitik und dem damit verbundenen Versprechen des Bürokratieabbaus.

Die im Januar 2024 gegründete Partei Interner Link: BSW trat erstmals zur Landtagswahl an. Die Partei hat sich in der Wirtschafts- und Sozialpolitik links positioniert, in gesellschaftlichen Konflikten, wie etwa in der Migrationspolitik, eher rechts. Das BSW fordert unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohns, möchte Abschiebungen straffälliger Asylsuchender strikter durchsetzen und fordert Verhandlungen zur Beendigung des Ukrainekriegs. BSW-Spitzenkandidatin war die Landesvorsitzende Katja Wolf.

Außerdem treten die Parteien Interner Link: TIERSCHUTZ hier!, Interner Link: ÖDP / Familie .., Interner Link: PIRATEN, Interner Link: MLDP, Interner Link: BÜNDNIS DEUTSCHLAND, Interner Link: FAMILIE, Interner Link: FREIE WÄHLER und die Interner Link: WU zur Landtagswahl an.

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