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Landtagswahl Thüringen 2024 | Hintergrund aktuell | bpb.de

Landtagswahl Thüringen 2024

Redaktion

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Thüringen wählt am 1. September einen neuen Landtag. Die Regierungsparteien DIE LINKE, SPD und GRÜNE erwarten Verluste. Die AfD könnte laut Umfragen stärkste Kraft werden.

Wahlplakate zur Landtagswahl in Thüringen (© picture alliance / dts-Agentur )

Am 1. September wählen die Thüringerinnen und Thüringer ein neues Landesparlament. 1,66 Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Gewählt werden mindestens 88 Abgeordnete.

So wird gewählt

Stimmberechtigt bei den Wahlen zum Thüringer Landtag sind alle volljährigen Bürgerinnen und Bürger mit deutscher Staatsangehörigkeit, die ihren Wohnsitz seit mindestens drei Monaten in Thüringen haben und ihr Wahlrecht nicht durch einen Richterspruch verloren haben. Auch das passive Wahlalter liegt bei 18 Jahren.

Es gibt zwei Stimmen: Mit der Erststimme votieren die Wählerinnen und Wähler für eine Kandidatin oder einen Kandidaten ihres Wahlkreises. Es gewinnt die Person, die die meisten Stimmen erhalten hat. Mit der Zweitstimme wird eine Landesliste gewählt. Die Zweitstimmen bestimmen maßgeblich die Anzahl der Parlamentssitze, die eine Partei erhält.

Dem Landtag gehören mindestens 88 Abgeordnete an. Die Sitze ergeben sich aus den Direktmandaten der 44 Wahlkreise sowie den 44 Kandidatinnen und Kandidaten, die über die Landesliste ins Parlament einziehen. Durch das Auszählverfahren sowie durch Überhang- und Ausgleichmandate kann die Zahl der Sitze im Parlament steigen. Derzeit sitzen 90 Abgeordnete im Parlament. Es gilt eine Fünf-Prozent-Hürde. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre.

Schwieriger Regierungsbeginn nach den letzten Wahlen

Das Ergebnis Interner Link: der letzten Landtagswahl am 27. Oktober 2019 hatte die Regierungsbildung erschwert. Das vorherige Regierungsbündnis aus Interner Link: DIE LINKE, Interner Link: SPD und Interner Link: GRÜNE hatte im Vorfeld der Wahl Interesse signalisiert, die Zusammenarbeit fortzusetzen, konnte mit 42 Sitzen allerdings keine absolute Mehrheit mehr im Landtag bilden. Am 5. Februar 2020 wurde der bisherige Ministerpräsident Bodo Ramelow (DIE LINKE) in den ersten zwei Wahlgängen nicht als Ministerpräsident gewählt. Im dritten Wahlgang, in dem der Kandidat nicht mehr die absolute Mehrheit der Stimmen der Abgeordneten benötigt, erhielt der Interner Link: FDP-Politiker Thomas Kemmerich überraschend die einfache Mehrheit, offensichtlich mit Stimmen von Interner Link: CDU und Interner Link: AfD. Dass Kemmerich die Wahl zum Ministerpräsidenten mit Stimmen der AfD annahm, sorgte bundesweit für Entrüstung. Nach Kritik auch aus der eigenen Partei trat Kemmerich wenige Tage später zurück.

Minderheitsregierung aus DIE LINKE, SPD und GRÜNEN

Seit März 2020 regiert eine Minderheitsregierung aus den Parteien DIE LINKE, SPD und GRÜNEN ohne eigene Mehrheit im Parlament und ist auf Stimmen der Opposition angewiesen. Ministerpräsident blieb Bodo Ramelow (DIE LINKE). Die CDU hatte im Rahmen einer sogenannten Stabilitätsvereinbarung eine lose Zusammenarbeit mit den Regierungsfraktionen vereinbart.

Die Minderheitsregierung sowie die CDU einigten sich zudem auf vorgezogene Neuwahlen im Frühjahr 2021. Wegen der Corona-Pandemie wurde der Termin verschoben und die Wahl sollte zeitgleich mit der Interner Link: Bundestagswahl 2021 stattfinden. Die dafür notwendige Auflösung des Landtags und damit anschließende Neuwahlen scheiterten jedoch im Sommer 2021.

In der laufenden Legislaturperiode setzten die Oppositionsparteien CDU und FDP Gesetzesentwürfe im Bereich der Windenergie und der Grunderwerbsteuer auch mit Stimmen der AfD durch. Kritikerinnen und Kritiker sahen darin ein Aufweichen der sogenannten „Brandmauer“ gegenüber der AfD. Auf dem 31. Parteitag der CDU im Dezember 2018 hatte die Partei beschlossen, weder mit der AfD noch mit der Partei DIE LINKE zusammenzuarbeiten.

Wahlkampfthemen

Eines der zentralen Themen des Wahlkampfs ist die Flüchtlings- und Migrationspolitik. Während manche Parteien etwa mehr Abschiebungen oder beschleunigte Asylverfahren fordern, wollen andere unter anderem den Zuzug ausländischer Fachkräfte nach Thüringen erleichtern. Auch die Bildungspolitik spielt eine große Rolle – diskutiert werden beispielsweise eine Abschaffung von Kita-Gebühren, bessere Betreuungsschlüssel sowie eine Kita-Pflicht. Weitere Themen sind der Erhalt der öffentlichen Infrastruktur wie Krankenhäuser und ÖPNV, Wirtschaftsförderung, Digitalisierung, Bürokratieabbau und Altersarmut.

Diese Parteien treten zur Wahl an

Zur Wahl des Thüringer Landtages am 1. September 2024 treten Interner Link: 15 Parteien und sonstige politische Vereinigungen an.

Stärkste Partei wurde 2019 mit 31 Prozent der Zweitstimmen Interner Link: DIE LINKE. Zur Landtagswahl tritt die Partei erneut mit Bodo Ramelow als Spitzenkandidat an. DIE LINKE setzt auf eine Stärkung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Partei will den öffentlichen Personennahverkehr ausbauen, den sozialen Wohnungsbau vorantreiben und die Kindergartengebühren abschaffen. In Umfragen lag die Partei zuletzt bei 13 bis 16 Prozent.

Zweitstärkste Partei wurde 2019 mit 23,4 Prozent die Interner Link: Alternative für Deutschland (AfD), deren Landesverband der Thüringer Verfassungsschutz als eine „erwiesen rechtsextremistische Bestrebung“ einstuft. Spitzenkandidat ist Björn Höcke, der auch Landesvorsitzender der Partei ist. Schwerpunkte des Wahlprogramms sind eine restriktive Migrationspolitik und die Kürzungen von Sozialleistungen für Asylsuchende. Die AfD will unter anderem die traditionelle Familie aus Mutter, Vater und Kindern fördern. In Umfragen kam die Partei zuletzt auf rund 30 Prozent.

Mit 21,7 Prozent wurde die Interner Link: Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) vor fünf Jahren die drittstärkste Partei. Ihr Spitzenkandidat ist der Thüringer CDU-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete Mario Voigt. Die CDU will laut Parteiprogramm Bürokratie abbauen sowie Innovationen durch die Förderung von Technologiezentren und Forschungseinrichtungen vorantreiben. Verfahren von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen mit geringer Bleibeperspektive will die CDU beschleunigen. In Umfragen lag die Partei zuletzt zwischen 21 und 23 Prozent.

Die Interner Link: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) kam 2019 auf 8,2 Prozent der Stimmen. SPD-Spitzenkandidat ist der Landesvorsitzende und derzeitige Innenminister Georg Maier. Die Sozialdemokraten wollen unter anderem den kommunalen und sozialen Wohnungsbau fördern und setzen sich für einen verbesserten Betreuungsschlüssel in Kitas sowie für eine beitragsfreie Kinderbetreuung ein. In Umfragen steht die Partei bei 6 bis 7 Prozent.

Mit 5,2 Prozent zogen vor fünf Jahren Interner Link: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (GRÜNE) in den Thüringer Landtag ein. Spitzenkandidatin und -kandidat sind die derzeitige Vizepräsidentin des Landtags Madeleine Henfling und der Thüringer Umweltminister Bernhard Stengele. Die GRÜNEN sprechen sich unter anderem für verstärkte Investitionen in den Umwelt- und Klimaschutz aus. Sie wollen die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse erleichtern. Mit zuletzt 3 bis 4 Prozent in den Umfragen muss die Partei befürchten, den Wiedereinzug in das Parlament zu verpassen.

Die Interner Link: Freie Demokratische Partei (FDP) war 2019 mit 5 Prozent knapp in den Landtag eingezogen. Der Landesvorsitzende Thomas Kemmerich tritt wieder als Spitzenkandidat an. Der thematische Schwerpunkt der Thüringer FDP liegt unter anderem in der Digitalisierungspolitik und dem damit verbundenen Versprechen des Bürokratieabbaus. In aktuellen Umfragen liegt die FDP bei 2 bis 3 Prozent und könnte damit ebenfalls an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

Auch die im Januar 2024 gegründete Partei Interner Link: Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) erreichte in Umfragen zuletzt 18 bis 20 Prozent. Die Partei hat sich in der Wirtschafts- und Sozialpolitik links positioniert, in gesellschaftlichen Konflikten, wie etwa in der Migrationspolitik, eher rechts. Das BSW fordert unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohns, möchte Abschiebungen straffälliger Asylsuchender strikter durchsetzen und fordert Verhandlungen zur Beendigung des Ukrainekriegs. BSW-Spitzenkandidatin ist die Landesvorsitzende Katja Wolf.

Außerdem treten die Parteien Interner Link: TIERSCHUTZ hier!, Interner Link: ÖDP / Familie .., Interner Link: PIRATEN, Interner Link: MLDP, Interner Link: BÜNDNIS DEUTSCHLAND, Interner Link: FAMILIE, Interner Link: FREIE WÄHLER und die Interner Link: WU zur Landtagswahl an.

Wie geht es nach der Wahl weiter?

Nach derzeitigem Stand der Umfragen ist mit einer schwierigen Mehrheitsfindung zu rechnen. Zweierbündnisse mit einer eigenen Mehrheit sind nahezu ausgeschlossen. Da alle anderen Parteien eine Koalition mit der AfD und die CDU auch ein Bündnis mit der Partei DIE LINKE ausschließen, dürfte eine Mehrheit ohne BSW schwierig werden. Nicht ausgeschlossen ist auch die erneute Bildung einer Minderheitsregierung. Die AfD könnte erstmals stärkste Kraft in einem Landesparlament werden.

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