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Rentenpaket II: Das soll die Reform bringen | Hintergrund aktuell | bpb.de

Rentenpaket II: Das soll die Reform bringen

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Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellen das neue Rentenkonzept der Bundesregierung am 05.03.2024 vor. (© picture-alliance, Geisler-Fotopress | Bernd Elmenthaler)

Das Interner Link: Bundeskabinett hat Ende Mai das sogenannte Rentenpaket II beschlossen. Die Bundesregierung will damit nach eigener Aussage langfristig das Rentenniveau stabilisieren und angesichts des demografischen Wandels für die künftige Finanzierbarkeit der Rente sorgen. Die Reform sieht unter anderem vor, die gesetzliche Rentenversicherung um Einnahmen aus Investitionen am Interner Link: Kapitalmarkt zu ergänzen. Der Entwurf muss noch in den Interner Link: Bundestag eingebracht werden. Ursprünglich war geplant, dass die Reform im Juli im Bundestag verhandelt werden soll.

Wie funktioniert das deutsche Rentensystem bisher?

Kern des deutschen Rentensystems ist die gesetzliche Rentenversicherung, die 1889 im Zuge der Interner Link: Bismarck‘schen Sozialversicherungspolitik eingeführt wurde. Die Versicherung wurde seitdem Interner Link: mehrfach reformiert und die damit einhergehenden Leistungen deutlich ausgeweitet. 2019 bezogen 92 Prozent der Seniorinnen und 88 Prozent der Senioren die gesetzliche Rente. Zugleich ist die Interner Link: Rente das Haupteinkommen im Alter: neben Einkünften aus Arbeit oder aus der privaten Altersvorsorge bestanden die Alterseinkommen bei Ehepaaren 2019 zu drei Vierteln aus Rentenzahlungen, bei alleinstehenden Männern und Frauen war dieser Anteil noch höher.

Finanziert wird die Interner Link: gesetzliche Rentenversicherung heute durch das Interner Link: Umlagesystem. Das bedeutet: Die Beitragspflichtigen zahlen einen Teil ihres Einkommens in die Rentenversicherung ein. Diese Beiträge finanzieren die Rente der aktuellen Rentnerinnen und Rentner. Derzeit liegt der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung bei 18,6 Prozent des Interner Link: Bruttolohns und wird zu gleichen Teilen vom Arbeitgeber und den Beschäftigten bezahlt. Im Umlageverfahren erwerben die, die heute Beiträge zahlen, zugleich einen Anspruch auf eine spätere eigene Rente. Dieses Modell wird auch Interner Link: Generationenvertrag genannt. Trotzdem wird die gesetzliche Rentenversicherung nicht zu 100 Prozent umlagefinanziert. So werden diverse Ausgaben, etwa ein allgemeiner Zuschuss zur Finanzierung der Rentenbeiträge, bereits heute aus Steuermitteln bezahlt.

Welche Altersvorsorgen neben der gesetzlichen gibt es noch in Deutschland?

Der Großteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlt in die gesetzliche Rentenversicherung ein, ebenso wie ein Teil der Selbstständigen. Manche Berufsgruppen, wie etwa Anwältinnen und Anwälte oder Ärztinnen und Ärzte, führen Beiträge in eigenständige berufsständische Versorgungswerke ab, die das Geld auf dem Interner Link: Finanzmarkt anlegen. Beamtinnen und Beamte zahlen nicht in die Rentenversicherung ein, denn ihre staatliche Altersversorgung („Interner Link: Ruhegehalt“) ist steuerfinanziert.

Das gesetzliche Rentensystem ist die wichtigste Säule der Altersvorsorge, aber nicht die einzige. Ein Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlt etwa in eine Interner Link: betriebliche Altersvorsorge ein. 2023 hatten über 19 Millionen Personen in Deutschland Anspruch auf eine Betriebsrente.

Zudem fördert der Staat die private Altersvorsorge. Seit 2002 wird der Aufbau einer privaten kapitalgedeckten Altersvorsorge mit der sogenannten Interner Link: Riester-Zulage gefördert.

Warum wurde eine Rentenreform notwendig?

Der Interner Link: demografische Wandel stellt die Rentenkasse vor große Herausforderungen: Die Menschen hierzulande werden deutlich älter als noch vor einigen Jahrzehnten. Gab es in Deutschland 2018 noch knapp 18 Millionen Menschen ab 65 Jahren, so wird deren Zahl laut Statistischem Bundesamt bis 2040 auf mindestens 22,7 Millionen steigen. Da zugleich die Geburtenrate seit vielen Jahren gering ist, stehen immer mehr Rentnerinnen und Rentner immer weniger Menschen gegenüber, die Beiträge einzahlen. 1962 war das Verhältnis zwischen diesen beiden Gruppen eins zu sechs, im Jahr 1988 waren es nur noch eins zu drei. Mittlerweile liegt das Verhältnis nur noch bei gut eins zu zwei – und das, obwohl auch die Zahl der Beitragszahlenden stetig gestiegen ist, zuletzt auf gut 40 Millionen.

Da in den kommenden Jahren die sogenannte Babyboomer-Generation, also die besonders geburtenstarken Jahrgänge von 1957 bis 1968, in Rente gehen, wächst außerdem der Kostendruck. Um den Staatshaushalt nicht zu überlasten, können die Steuermittel, die in die Rentenkasse fließen, nicht beliebig gesteigert werden. Denn zuletzt machten die staatlichen Zuschüsse mit rund 100 Milliarden bereits mehr als 30 Prozent der Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung aus. Schon heute ist der Rentenzuschuss mit Abstand der größte Posten im Interner Link: Bundeshaushalt.

Rentenbeiträge: Mögliche Auswirkungen von Migration und Erhöhung des Rentenalters

Die verstärkte Zuwanderung von Arbeitskräften könnte für mehr Einnahmen in die Rentenkasse sorgen. In welchem Umfang aus dem Ausland eingewanderte Menschen das Rentensystem entlasten, hängt von deren Ausbildung und vor allem davon ab, wie lange es dauert, sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Zur Stabilisierung der Rentenkasse wird auch die weitere Erhöhung des Interner Link: Renteneintrittsalters diskutiert. Dieses wird bereits bis 2031 schrittweise auf 67 Jahre erhöht. Dabei müssen Menschen, die nicht bis 67 arbeiten können, etwa weil sie in körperlich anstrengenden Berufen arbeiten, Rentenabschläge hinnehmen. Das höhere Renteneintrittsalter könnte also zu höherer Altersarmut und Altersarbeitslosigkeit führen.

Ziel der Bundesregierung ist es, Interner Link: Altersarmut entgegenzuwirken. Bereits 2022 lag dieInterner Link: Armutsrisikoquote der über 65-Jährigen bei 18,1 Prozent und damit über der Quote der Gesamtbevölkerung von 16,7 Prozent. Expertinnen und Experten warnen mit Blick auf teils unstetige Erwerbsbiografien, etwa durch längere Schul- und Ausbildungszeiten, Interner Link: Care-Arbeit oder vorübergehender Interner Link: Arbeitslosigkeit, vor einem deutlichen Anstieg der Altersarmut, wenn Menschen im Alter durch ein belastetes Rentensystem weniger Rente beziehen.

Welche Reformen brachte das Rentenpaket I mit sich?

Mit dem Rentenpaket I wurde die Interner Link: Erwerbsminderungsrente für Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, erhöht. Der Bund hat außerdem den Nachholfaktor, der eigentlich bis 2025 ausgesetzt wurde, wieder in die Berechnung der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt. Grund waren die negativen Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf die Lohnentwicklung im Jahr 2021 und das gleichzeitige Ausbleiben einer Anpassung der Rente. Dazu muss man wissen: Die Höhe der Rente wird jährlich zum 1. Juli an die Lohnsteigerungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angepasst. Für diese Berechnung gibt es eine Interner Link: Rentenanpassungsformel. Durch eine Schutzklausel wird verhindert, dass bei einer negativen Lohnentwicklung die Renten nominal sinken. Die rechnerisch nötigen Dämpfungen werden allerdings in späteren Jahren entsprechend dem Nachholfaktor, auch Ausgleichsfaktor genannt, gegengerechnet. Vergangene unterbliebene Rentenkürzungen werden somit bei späteren Berechnungen nachgeholt.

2022 wurde die Höhe der Renten um 5,35 Prozent in den alten und um 6,12 Prozent in den neuen Bundesländern erhöht.

Rentenerhöhung 2023 & 2024

2023 wurde die Rente in den neuen Bundesländern um 4,39 Prozent und in den alten Bundesländern um 5,68 Prozent erhöht. Mit dieser Erhöhung wurde das Interner Link: Niveau der Renten in Ost und West angeglichen. Das bedeutet, der Rentenwert in den neuen Bundesländern erreichte den Wert für die Berechnung der Rente in den alten Bundesländern. Diese Angleichung wurde 2017 mit dem Gesetz zum Abschluss der Rentenüberleitung beschlossen und seit 2018 schrittweise umgesetzt. Am 1. Juli 2024 steigen die Renten erstmals bundeseinheitlich um 4,57 Prozent.

Wie soll die Rente durch das Rentenpaket II reformiert werden?

Kernelement der neuen Reformvorschläge ist eine dauerhafte Festschreibung des aktuellen Interner Link: Rentenniveaus in Höhe von 48 Prozent: Das Rentenniveau beschreibt das Verhältnis zwischen einer Interner Link: Standardrente und dem durchschnittlichen Einkommen. Ein Rentner, der 45 Jahre lang genau das Durchschnittsgehalt verdient hat, erhält demnach 48 Prozent seines Lohns als Rente. Ohne diese sogenannte Haltelinie, die bis 2039 gelten soll, würde das Niveau nach Angaben der Bundesregierung ab 2027 unter 48 Prozent und längerfristig sogar unter 45 Prozent sinken. Die Festlegung des Rentenniveaus bedeutet auch, dass Renten künftig weiter im Einklang mit Lohnerhöhungen steigen werden.

Zur Finanzierung der Haltelinie sollen die Rentenbeiträge schrittweise bis 2035 für die Versicherten und Arbeitgeber von derzeit 18,6 Prozent auf 22,3 Prozent steigen. Um einen weiteren Anstieg zu verhindern, ist die Einführung des sogenannten Generationenkapitals geplant. Das Generationenkapital soll als weitere Finanzierungsquelle neben dem existierenden Umlagesystem eingerichtet werden. Das bedeutet, dass der Bund Geld in Aktien auf dem Kapitalmarkt anlegt. Die Ausschüttungen gehen dann als Zuschüsse an die Rentenkasse. Eine unabhängige öffentlich-rechtliche Stiftung soll das auf Dauer angelegte Generationenkapital verwalten und bis Mitte der 2030er-Jahre mindestens 200 Milliarden Euro anlegen.

Welche Kritik gibt es an den Reformvorschlägen?

Aufgrund von Uneinigkeit in der Ampel-Regierung verzögerte sich Kabinettsbeschluss. Die Grünen standen zunächst der Aktienfinanzierung der Rente kritisch gegenüber; die FDP kritisierte die in ihren Augen zu hohe Beitragsbelastung. Die Oppositionsparteien äußerten sich nach dem Kabinettsbeschluss besonders gegenüber der Finanzierung der Rente aus Aktien kritisch.

Mehrere Interner Link: Sozialverbände bemängelten, dass das angestrebte Rentenniveau von 48 Prozent zu niedrig sei, um Altersarmut zu vermeiden. Kritik wird auch am Generationenkapital geäußert. Diese Finanzierungsart der Rente sei zu risikoreich. Der Bundesverband der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) kritisierte, aufgrund der geplanten Reform sei in den nächsten 20 Jahren mit Mehrkosten in Höhe von rund 500 Milliarden Euro zu rechnen – zu Lasten der jüngeren Generation. Der Verband fürchtet einen starken Anstieg der Beiträge für Versicherte und Arbeitgeber und letztlich eine Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Es würden Leistungen versprochen, die nicht finanzierbar seien. Der BDA fordert, das Renteneintrittsalter über 67 Jahre hinaus anzuheben und die abschlagsfreie „Interner Link: Rente ab 63“ für besonders langjährig Versicherte abzuschaffen.

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