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Europawahl 2024 | Hintergrund aktuell | bpb.de

Europawahl 2024

Redaktion

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Vom 6. bis zum 9. Juni 2024 wurde das Europäische Parlament gewählt. Ein kurzer Überblick über die Wahlergebnisse in Deutschland und Europa, das Wahlrecht und Wahlsystem.

Transparent mit der Aufschrift „NUTZE DEINE STIMME. Europawahl 6. bis 9. Juni 2024“ an der Außenfassade des Europaparlaments in Straßburg vor der Europawahl. (© picture-alliance, Winfried Rothermel | Winfried Rothermel)

Vom 6. bis 9. Juni 2024 wurden etwa 373 Millionen Bürgerinnen und Bürger in den 27 EU-Mitgliedstaaten zur Wahl eines neuen Interner Link: Europaparlaments aufgerufen. Die Niederlande eröffneten die Wahl am 6. Juni. Der Großteil der EU-Mitgliedstaaten bestimmte seine Volksvertreterinnen und -vertreter in Brüssel und Straßburg allerdings erst am 9. Juni – so auch Deutschland. Das Interner Link: Europäische Parlament (EP) wird Interner Link: seit 1979 direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Aktuell gehören ihm 705 Abgeordnete an.

Gewinner und Verlierer

Die CDU/CSU bleibt mit 30 Prozent der Stimmen stärkste Kraft (vorläufiges Ergebnis, Stand: 10.06.2024 - 10:30 Uhr). Die SPD belegt nur noch den dritten Platz mit 13,9 Prozent (-1,9 Prozent). Zu den Verlierern der Wahl gehören vor allem die Grünen, die mit 11,9 Prozent (-8,6 Prozent) an Zustimmung verloren haben sowie die Linke, die mit 2,7 Prozent (-2,8 Prozent) ebenfalls einen Stimmenrückgang zu verzeichnen haben. Stimmenanteile dazu gewinnen konnten die AfD mit 15,9 Prozent (+4,9 Prozent) und das BSW mit 6,2 Prozent (+6,2 Prozent). Die FDP hat mit 5,2 Prozent (-0,2 Prozent) ein ähnliches Ergebnis wie 2019 erzielt. In Deutschland gibt es zur Europawahl keine Sperrklausel. Davon profitierten insgesamt neun Parteien, die genug Stimmenanteile für einen Sitz im Parlament erreichen konnten: Die Linke, die PARTEI, Freie Wähler, Tierschutzpartei, ÖDP, PdF, Familien-Partei, Volt und die Piratenpartei.

Hinweis: Die vorläufigen Ergebnisse werden auf der Externer Link: Webseite des Europäischen Parlaments fortlaufend aktualisiert.

Vorläufige Sitzverteilung im Europäischen Parlament

Auf europäischer Ebene (vorläufiges Ergebnis, Stand: 10.06.2024 - 10:30 Uhr) haben vor allem die Fraktionen der Liberalen (Renew Europe, ehemals ALDE) mit 80 Sitzen (-28) und der Grünen (Grüne/EFA) mit 52 Sitzen (-22) Mandate im Europäischen Parlament verloren. Die Europäische Volkspartei (EVP) mit 184 Sitzen (+2) und die Sozialdemokraten (S&D) mit 139 Sitzen (-15) bleiben die stärksten Fraktionen. Die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) mit 73 Sitzen (+11) haben Sitze hinzugewonnen, die Fraktion Identität und Demokratie (ID) mit 58 Sitzen (-15) hat Sitze verloren. 45 gewählte Abgeordnete sind derzeit fraktionslos (darunter die Abgeordneten der AfD, die im Mai aus der ID-Fraktion ausgeschlossen wurden), 53 neue Mitglieder des Parlaments (darunter BSW und PdF) gehören noch keiner Fraktion an.

EU-Parlament entscheidet über Gesetzesvorlagen

Das Europäische Parlament ist das einzige direkt gewählte und damit unmittelbar Externer Link: von den Bürgerinnen und Bürgern legitimierte Organ der Europäischen Union. Plenarsitzungen finden in Straßburg statt, während die Ausschüsse in Brüssel tagen, wo auch kurze Sitzungen abgehalten werden. Als Teil des „institutionellen Dreiecks“ entscheidet das Interner Link: Europäische Parlament gemeinsam mit dem Interner Link: Rat der Europäischen Union (Ministerrat) Interner Link: über Gesetzesvorlagen der Europäischen Kommission. Anders als der Bundestag hat das EP kein Gesetzesinitiativrecht. Die EU-Kommission und in begrenztem Umfang der Europäische Rat schlagen Gesetze vor, über die das Parlament dann berät, bei Bedarf Änderungen einbringt und schließlich darüber entscheidet.

Im Interner Link: Vertrag von Lissabon von 2009 hat das Parlament wesentliche Kontroll-, Mitentscheidungs- und Zustimmungsrechte zugesprochen bekommen, etwa in der Sicherheits- und Justiz- sowie Agrar- und Handelspolitik oder beim Abschluss internationaler Übereinkommen. In anderen Bereichen der Außen- und Sicherheitspolitik sind die Parlamentskompetenzen dagegen nach wie vor auf ein Anhörungsrecht begrenzt – genau wie in Teilen der Innenpolitik. Das Parlament ist auch an der Besetzung der Spitze der Europäischen Kommission beteiligt. Der Europäische Rat muss bei seinem Vorschlag für das Amt des Kommissionspräsidenten oder der Kommissionspräsidentin das Ergebnis der Europawahl berücksichtigen (Art. 17 Abs. 7 EUV). Das EP wählt diese Kandidatin oder diesen Kandidaten mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder.

Seit der Europawahl 2014 gibt es nicht nur die jeweiligen nationalen, sondern auch europaweite Spitzenkandidaten. Die Europäische Volkspartei zieht beispielsweise mit der amtierenden EU-Kommissionspräsidentin Interner Link: Ursula von der Leyen in den Wahlkampf, Europas Sozialdemokraten mit dem Luxemburger Nicolas Schmit.

Abstimmung gemäß Verhältniswahl

Das Interner Link: Wahlsystem für die Europawahl ist in den EU-Mitgliedstaaten nicht einheitlich geregelt. Einzelne zentrale Regularien wurden jedoch in mehreren EU-Verträgen festgeschrieben. In Artikel 14 des Interner Link: Vertrags über die Europäische Union (EUV, auch: Interner Link: Vertrag von Maastricht) wird bestimmt, dass das Interner Link: Europäische Parlament alle fünf Jahre in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl gewählt wird.

Die Stimmabgabe erfolgt EU-weit nach dem Interner Link: Verhältniswahlsystem. In einem Teil der Länder, darunter Deutschland, können nur Parteien oder ihnen gleichgestellte Vereinigungen gewählt werden. In Irland und Malta kann die Reihenfolge der Kandidatinnen und Kandidaten per Nummerierung auf dem Stimmzettel angegeben werden. Im Großteil der Mitgliedstaaten können die Wählerinnen und Wähler die Reihenfolge der Namen auf der Liste – anders als in Deutschland, Spanien, Frankreich, Portugal, Ungarn und Rumänien – durch Vorzugsstimmen verändern. Hierzulande können sich die Parteien entscheiden, ob sie mit Länder- oder Bundeslisten antreten.

Die Anzahl der Parlamentarierinnen und Parlamentarier darf 750 nicht überschreiten, zuzüglich des Präsidenten oder der Präsidentin. Die Abgeordnetenzahl der einzelnen Mitgliedstaaten orientiert sich an der jeweiligen Bevölkerungsgröße, wobei auch die angemessene Repräsentation kleinerer Mitgliedstaaten gewährleistet werden soll. Kein Staat erhält weniger als sechs und mehr als 96 Sitze. Kleinere Länder sind daher im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungsgröße überrepräsentiert. In diesem Jahr werden 720 Mandate und damit 15 mehr als bei der letzten Wahl vergeben, weil die Bevölkerungszahlen in einigen EU-Ländern angestiegen sind. Deutschland stehen davon nach wie vor 96 Sitze zu.

Keine einheitliche Sperrklausel

In rund der Hälfte der EU-Mitgliedstaaten gibt es derzeit eine Sperrklausel für den Einzug einer Partei ins EU-Parlament. In Polen und Frankreich beispielsweise liegt diese bei fünf Prozent, in Schweden bei vier Prozent. In den kleinsten Mitgliedstaaten wie Malta bildet jedoch die geringe Anzahl der zu vergebenden Mandate eine hohe natürliche Sperrklausel, die deutlich über dem europarechtlich zulässigen Maximum von fünf Prozent liegt.

In Deutschland gilt bei dieser Europawahl keine Interner Link: Sperrklausel. In der Vergangenheit hatte das Bundesverfassungsgericht eine Fünf- sowie später eine Interner Link: Dreiprozenthürde gekippt. Eine Reform des Interner Link: Direktwahlakts sieht künftig eine Hürde von mindestens zwei Prozent für alle Mitgliedstaaten mit mehr als 35 Mandaten vor. Voraussetzung ist, dass sämtliche EU-Mitgliedstaaten einen entsprechenden Beschluss des Rats der Europäischen Union ratifizieren. Bundestag und Bundesrat haben der Einführung bereits zugestimmt.

Erstmals Wahlrecht für 16-Jährige

Bei der Europawahl sind alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat wahlberechtigt. Menschen mit zwei EU-Staatsangehörigkeiten haben nur eine Stimme. Im Großteil der EU-Staaten dürfen die Bürgerinnen und Bürger erst mit 18 Jahren wählen. In Griechenland sind bereits 17-Jährige berechtigt, über die Zusammensetzung des Parlaments abzustimmen. In Österreich, Belgien und Malta liegt das aktive Wahlrecht bei 16 Jahren – ebenso in Deutschland. Im Jahr 2022 beschloss der Bundestag eine Absenkung des Wahlalters für die EU-Wahl.

Das passive Wahlalter liegt in gut der Hälfte der EU-Staaten bei 18 Jahren, in zehn Ländern, darunter Polen und Irland, bei 21. In drei Staaten müssen die Kandidaten noch älter sein – in Italien und Griechenland ist diese Schwelle mit 25 Jahren besonders hoch. In der Bundesrepublik sind Bürgerinnen und Bürger mit Erreichen der Volljährigkeit für einen Sitz in Brüssel und Straßburg wählbar. In Bulgarien, Belgien, Griechenland, Zypern und Luxemburg besteht Wahlpflicht.

Europawahl in Deutschland

(© bpb)

Zur Europawahl treten in Deutschland 35 Parteien und sonstige politische Vereinigungen an. Hierzulande nehmen die CDU und die CSU mit Landeslisten an der Wahl teil, alle anderen Parteien mit einer Bundesliste. Kurzprofile zu allen Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen sind über die Auflistung Interner Link: "Wer steht zur Wahl" zu finden.

Hier geht es zum Externer Link: Wahl-O-Mat für die Europawahl 2024.

Fraktionen von zentraler Bedeutung

Der Großteil der Abgeordneten schließt sich im Parlament je nach Parteizugehörigkeit und politischer Überzeugung einer der sieben länderübergreifenden Fraktionen an. Ähnlich wie im Bundestag kommt den Interner Link: Fraktionen eine zentrale Bedeutung bei der Mehrheitsfindung zu. Zur Bildung einer Fraktion werden mindestens 23 Abgeordnete benötigt, die in mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten gewählt wurden. Die meisten nationalen Parteien ab einer gewissen Größe sind Mitglied einer europäischen Fraktion.

Die größte Fraktion ist mit zuletzt fast 180 Abgeordneten die Interner Link: Europäische Volkspartei (EVP). Ihr haben sich auch CDU und CSU angeschlossen. Sie vereint vor allem die christdemokratischen und konservativen Parteien. Die zweitstärkste Fraktion, die Progressive Allianz der Sozialdemokraten (S&D), zählte zuletzt 141 Abgeordnete. Dem Mitte-Links-Bündnis gehört die SPD an. Drittstärkste Kraft ist Renew Europe. Die europäischen Liberalen, die auch die FDP in ihren Reihen haben, zählen rund 100 Mandatsträger. Der Fraktion Die Interner Link: Grünen/Freie Europäische Allianz (EFA) gehören 72 Abgeordnete an – darunter Bündnis 90/Die Grünen. Die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) hatte zuletzt 67 Sitze – zu ihr zählt u.a. die polnische Interner Link: Partei Prawo i Sprawiedliwość (PiS). Der rechtspopulistischen bis rechtsextremen Fraktion Identität und Demokratie (ID) gehört u.a. Marine Le Pens Interner Link: Rassemblement National (RN) an. Lange war auch die AfD Teil dieses Bündnisses. Der Fraktion gehörten 59 Abgeordnete an – im Mai wurden die AfD-Abgeordneten jedoch ausgeschlossen. Zuvor hatte sich ihr Spitzenkandidat Maximilian Krah verharmlosend Interner Link: über die nationalsozialistische SS geäußert, zudem war einer seiner Mitarbeiter wegen eines Spionageverdachts festgenommen worden. Die siebte Fraktion ist Die Linke im Europäischen Parlament (GUE/NGL) mit rund drei Dutzend Abgeordneten.

Auch um sich gegenüber den anderen Institutionen der Europäischen Union Gehör zu verschaffen, ist das Parlament auf die Kooperation der verschiedenen Gruppierungen angewiesen. In der vergangenen Legislaturperiode arbeiteten insbesondere die EVP, die Sozialdemokraten und die Liberalen Kompromisse aus.

Das waren die Wahlkampfthemen

Ein wichtiges Interner Link: Wahlkampfthema war die Interner Link: Migrationspolitik und die nach wie vor hohe Zahl an Schutzsuchenden, die nach Europa kommen. Immer wieder wurden zuletzt Forderungen nach einem stärkeren Schutz der EU-Außengrenzen sowie einer weiteren Externalisierung des Asylsystems laut, daneben war die bessere Verteilung der Asylbewerbenden und Kriegsgeflüchteten ein maßgebliches Thema. Auch der Interner Link: Klimaschutz spielte eine zentrale Rolle, ebenso die Bereiche Interner Link: Wirtschaft und Soziales. Manche Länder Südeuropas leiden noch immer unter einer hohen Interner Link: Jugendarbeitslosigkeit, in anderen hat die Inflation Teile der Bevölkerung Interner Link: Wohlstand gekostet. Auch die Sicherheitspolitik der EU, insbesondere der Umgang mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sowie das künftige Verhältnis zu Russland, wurden von den Parteien in vielen Ländern thematisiert. Diverse rechtspopulistische und euroskeptische Parteien forderten eine Stärkung des Nationalstaats zu Lasten Brüsseler Kompetenzen.

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