Am 23. Mai 1949 wurde das
Sechsmächte-Konferenz ebnet Weg zum westdeutschen Staat
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beschlossen die vier Siegermächte USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich, Deutschland in vier Besatzungszonen aufzuteilen. In den folgenden Jahren verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Ost und West zusehends. Durch den Externer Link: Kalten Krieg wurde eine langfristige Teilung Deutschlands immer wahrscheinlicher. Im Frühjahr 1948 stellten die westlichen Alliierten auf der
Ab dem 10. August 1948 trafen sich im Schloss Herrenchiemsee im bayerischen Chiemsee Politiker und juristische Experten, um über einen Verfassungsentwurf zu beraten. Der dadurch verfasste Externer Link: „Bericht über den Verfassungskonvent“ diente als Grundlage für den späteren Parlamentarischen Rat in Bonn.
Parlamentarischer Rat zunächst uneinig über föderale Strukturen
Der Parlamentarische Rat nahm am 1. September 1948 in Bonn seine Arbeit auf. 54 der 65 Mitglieder stellten allein die Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU), die Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD). Die übrigen elf Abgeordneten gehörten der Freien Demokratischen Partei (FDP), dem katholischen Zentrum, der nationalkonservativen Deutschen Partei (DP) und der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an. Über eine Reihe von zentralen Punkten, wie der generellen Form der demokratischen Grundordnung und dem Schutzcharakter der Grundrechte, gab es unter den 65 Mitgliedern des Parlamentarischen Rats (von denen lediglich vier Frauen waren) rasch weitgehende Einigkeit.
In der Schlussabstimmung stimmte der Parlamentarische Rat schließlich mit großer Mehrheit (53 Ja- gegen 12 Nein-Stimmen) für das Grundgesetz. Die Gegenstimmen kamen von sechs der acht CSU-Vertreter, sowie von DP, Zentrum und KPD. Von den damals 11 Bundesländern der westlichen Besatzungszonen stimmte nur Bayern gegen den Entwurf – doch auch im Freistaat trat das Grundgesetz schließlich in Kraft, da eine Zweidrittelmehrheit der Bundesländer ausreichte, damit das Grundgesetz gültig werden konnte.
Lehren aus der Weimarer Republik
Den
Starkes Parlament statt eines Präsidenten als „Ersatzkaiser“
Der Bundespräsident hat laut Grundgesetz im Wesentlichen repräsentative Aufgaben. In der
Als Lehre aus Weimar ist die Bundesrepublik eine repräsentative Demokratie mit parlamentarischem Regierungssystem, in der Volksentscheide auf Bundesebene de facto nicht vorgesehen sind. Gestärkt wurde auch die Rolle des Bundestags, wobei eine vorzeitige Auflösung des Parlaments durch das Grundgesetz deutlich erschwert wurde: im Grundgesetz gibt es weder eine automatische Auflösung noch ein Selbstauflösungsrecht des Parlaments. Außerdem hat der Bundestag mehr Kompetenzen: er wählt die Kanzlerin oder den Kanzler und kontrolliert die Bundesregierung. Der Bundestag hat überdies weitgehende Informationsrechte gegenüber der Regierung, etwa durch Große Anfragen.
Stärkung des Föderalismus
Im Vergleich zur Weimarer Verfassung spielt der Föderalismus im Grundgesetz eine weit größere Rolle. In zahlreichen Bereichen liegt die Entscheidungsgewalt bei den Ländern und nicht beim Bund. Zudem ist der Bundesrat als Ländervertretung weit mächtiger als der Reichsrat der Weimarer Republik. Letzterer konnte, anders als der heutige Bundesrat, keine Gesetze verhindern – selbst, wenn diese Länderinteressen stark betrafen. Überdies gewährt das Grundgesetz auch den Kommunen ein Selbstverwaltungsrecht. In der Bundesrepublik gilt das sogenannte Subsidiaritätsprinzip: Der Bund ist erst für eine Aufgabe zuständig, wenn die Länder nicht zu deren Erfüllung in der Lage sind. So liegt etwa die Kompetenz für die Verteidigung weitgehend beim Bund, die für Bildung im Wesentlichen bei den Ländern.
"Das Bundesverfassungsgericht als „Hüter der Verfassung“
Das
Das Grundgesetz und die Wiedervereinigung
Für eine Wiedervereinigung waren im Grundgesetz zwei Möglichkeiten vorgesehen. Nach Artikel 23 war ein Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes möglich, die westdeutsche Verfassung würde in diesem Fall also für ganz Deutschland gelten. Eine Alternative war die in Artikel 146 genannte Regelung, welche die Ausarbeitung einer neuen Verfassung vorsah. Als 1990 in der DDR die erste freie Volkskammer gewählt wurde, wurde kontrovers über die verschiedenen Wege zur deutschen Einheit diskutiert. Befürworterinnen und Befürworter eines Beitritts verwiesen auf den Erfolg des Grundgesetzes und die einfachere und schnellere Umsetzung durch einen Beitritt. Diejenigen, die sich für eine neue Verfassung einsetzen, argumentierten hingegen, dass mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung ein gemeinsamer Neubeginn mit den Ostdeutschen als gleichberechtige Akteure möglich sei. Letztlich wurde die Option des Beitritts zum Grundgesetz gewählt – wohl auch, weil zu diesem Zeitpunkt bereits viele DDR-Bürgerinnen und -Bürger ihr Land in Richtung Bundesrepublik verließen und dadurch enorme negative wirtschaftliche Folgen für das Gebiet der damaligen DDR befürchtet wurden.
Grundgesetz betont Bedeutung der Grundrechte
Das Grundgesetz legt einen besonderen Fokus auf den Schutz der
Die Verfassung hat Vorrang vor allen anderen Gesetzen und alle anderen Regelungen müssen mit ihm in Übereinstimmung stehen. Das Grundgesetz kann generell - mit Ausnahme der unten beschriebenen Ewigkeitsklausel - nur durch ein Bundesgesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Als Lehre aus dem Scheitern der Weimarer Republik haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes jedoch hohe Hürden für Änderungsversuche festgelegt. In Artikel 79 Absatz 2 ist geregelt, dass Verfassungsänderungen nicht mit einfacher Mehrheit, sondern nur mit einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden können.
Demokratie-, Sozialstaats- und Rechtsstaatsprinzip bindend
Zudem enthält Artikel 79 Absatz 3 des Grundgesetzes eine sogenannte
„Wehrhafte Demokratie“
Um es Verfassungsfeinden zu erschweren, Demokratie und Rechtsstaat zu beseitigen, haben die Mütter und Väter der Verfassung einige Schutzmechanismen im Grundgesetz verankert: Neben den hohen Hürden für Grundgesetzänderungen und der Ewigkeitsklausel gibt es etwa die Möglichkeit, Verfassungsfeinden Grundrechte zu entziehen. Gemäß Artikel 18 kann das Bundesverfassungsgericht als Wächter des Grundgesetzes jemandem, der bestimmte Grundrechte wie beispielsweise Presse-, Vereinigungs- oder Versammlungsfreiheit „zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht“, diese auf Antrag des Bundestages, der Bundes- oder einer Landesregierung ganz oder teilweise entziehen. Zudem kann
Änderungen des Grundgesetzes
Immer wieder wurde das Grundgesetz in den vergangenen Jahrzehnten geändert. Bis März 2024 gab es nach einer Auflistung des Bundestags 67 Änderungsgesetze, mit denen insgesamt 122 Grundgesetzartikel geändert wurden. Dabei sind insgesamt 237 Einzeländerungen zu verzeichnen, 16 davon betrafen Grundrechte. Eine Grundrechtsänderung war beispielsweise die Einschränkung des Asylrechts im Jahr 1993. Seitdem haben Geflüchtete aus „sicheren Herkunftsstaaten“ kein Recht auf Asyl. Ausgeschlossen sind auch Menschen, die über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland einreisen.
Die „Notstandsgesetze“ haben 1968 die meisten Grundgesetzartikel geändert (28). Damit wurden Sonderregelungen für Krisensituationen wie den Verteidigungsfall eingeführt. So wurde beispielsweise die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in solchen Notlagen erweitert und die Möglichkeit geschaffen, das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis in Krisensituationen einzuschränken.
25 Artikel wurden 2006 durch die Föderalismusreform I geändert. Die Reform hatte das Ziel, die Zahl der Gesetze zu reduzieren, die eine Zustimmung des Bundesrats benötigen. Im Zuge dessen wurden die Zuständigkeiten von Bund und Ländern neu geregelt. Mit der Reform wurden Strafvollzug und Ladenschluss Ländersache. Gleichzeitig wurde die Kooperation von Bund und Ländern im Hochschulbereich vereinfacht. Eine weitere Föderalismusreform folgte 2009. Mit ihr wurde eine Schuldenbremse auf Bundes- und Landesebene eingeführt.