Die Interner Link: Entwicklung der Löhne ist ein wesentliches Merkmal der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes. Steigt die Inflation stärker als die Löhne, dann sinkt die Kaufkraft der Betroffenen. Steigen die Löhne zu stark, schwächen sie unter Umständen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Branchen, da sich so die Produktion von Gütern verteuert. In den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten stiegen die Reallöhne hierzulande lange kontinuierlich an. Aufgrund der Corona-Pandemie und des Anstiegs der Energiepreise in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine gab es ab 2020 jedoch Interner Link: Reallohnverluste – das heißt, viele Menschen wurden faktisch ärmer.
BegriffserklärungNominallohn und Reallohn
Der Nominallohn ist das Arbeitsentgelt, das Beschäftigte verdienen. Der Nominallohnindex bildet die Entwicklung der Bruttomonatsverdienste von Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmern einschließlich von Sonderzahlungen ab. Dabei wird jedoch noch nicht berücksichtigt, was sich die Beschäftigten tatsächlich mit dem Lohn kaufen können (Kaufkraft).
Dem gegenüber steht der Reallohn. Er spiegelt die reale Kaufkraft des Nominallohns wider. Hier wird auch einberechnet, wie stark die Preise gestiegen sind (Preisniveausteigerung). Der Reallohnindex berücksichtigt sowohl die Entwicklung der Löhne als auch der Preise.
Entwicklung von Nominallohn und Reallohn
Nominallohn deutlich gestiegen
Das durchschnittliche monatliche Brutto-Monatsgehalt stieg in Deutschland von 2.282 Euro im Jahr 2007 um mehr als 50 Prozent auf 3.538 Euro im vergangenen Jahr. Pro Jahr stiegen die Löhne also um ca. 3 Prozent. Im Durchschnitt verdiente ein Arbeitnehmer 2007 in Deutschland nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben 1.539 Euro pro Monat. 2023 lag dieser Netto-Monatslohn bereits bei 2.425 Euro – ein Plus von 58 Prozent in 16 Jahren oder etwa 3,6 Prozent pro Jahr. Auch der Netto-Stundenlohn stieg von 2007 bis 2022 in eineinhalb Jahrzehnten um gut 54 Prozent.
Reallohn zuletzt gesunken
Doch dem Zuwachs der Interner Link: Nominallöhne stand zuletzt eine hohe Interner Link: Inflation gegenüber. 2022 lag diese bei 6,9 Prozent, und im Jahr darauf mit 6 Prozent nur leicht darunter. Grund hierfür waren vor allem die gestiegenen Energiepreise durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sowie deutlich teurere Lebensmittel. Dies führte zu sinkenden Reallöhnen. 2020 hatten vor allem Kurzarbeit und Verdienstausfälle während der Corona-Pandemie zu sinkenden Reallöhnen geführt. 2021 und vor allem 2022 sorgte die gestiegene Inflation dafür, dass die Reallöhne sanken.
Der Corona-Pandemie war eine Zeit steigender Reallöhne vorausgegangen. Der Reallohnindex stieg von 2007 bis 2019 stetig von 93,3 auf 105,5 Indexpunkte. Demnach hatten die Beschäftigten vor Beginn der Corona-Pandemie inflationsbereinigt gut 13 Prozent mehr Geld zur Verfügung als noch zwölf Jahre zuvor – was einem jährlichen, realen Lohnzuwachs von gut 1,1% entspricht.
Im Jahr 2023 ist der Reallohn erstmals wieder leicht gestiegen. Es gelang den Gewerkschaften, hohe Tarifabschlüsse zu erstreiten. Diese wurden mit der hohen Inflation begründet – und auch der Fachkräftemangel stärkt die Position der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Nominallöhne stiegen im vergangenen Jahr um 6 Prozent – wegen der hohen Inflation blieb aber nur ein realer Zuwachs von 0,1 Prozent.
Für das laufende Jahr gehen Experten davon aus, dass der Reallohn weiter steigt. Nach Angaben des WSI könnte die Kaufkraft wieder das Niveau von vor der Corona-Pandemie erreichen.
Einfluss des Mindestlohns
Mindestlohn überdurchschnittlich gestiegen
Die Entwicklung der Löhne unterscheidet sich je nach Branche und Gehaltsklasse. In den vergangenen Jahren sind die Löhne der Beschäftigten im Niedriglohnsektor überdurchschnittlich stark gestiegen. Ursache ist laut dem zur Bundesagentur für Arbeit gehörenden Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015. Damals lag dieser bei 8,50 Euro brutto pro Stunde, seit Januar 2024 werden 12,41 Euro pro Stunde gezahlt. Der gesetzliche Mindestlohn stieg laut IAB zwischen Januar 2015 und September 2023 um 41,2 Prozent und damit im Durchschnitt deutlich stärker als die Tariflöhne.
Die deutliche Erhöhung war eine politische Entscheidung. Die Bundesregierung hatte die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro zum 1. Oktober 2022 ohne Einbeziehung der Mindestlohnkommission beschlossen. Dieser Schritt sollte die soziale Ungleichheit verringern und Armut reduzieren.
Die Erhöhung des Mindestlohns steigerte seit seiner Einführung die Kaufkraft der Mindestlohnempfänger um etwa 11 Prozent. Das IAB weist jedoch darauf hin, dass Menschen mit geringem Einkommen besonders von der Inflation der vergangenen Jahre betroffen waren. Sie geben einen größeren Anteil ihres Einkommens für Güter aus, deren Preise besonders stark gestiegen waren, wie etwa Erdgas und Nahrungsmittel. Daher falle die tatsächliche Steigerung der Kaufkraft geringer aus.
Mindestlohn wirkt sich auf Niedriglohnsektor aus
Auch Geringverdienende, deren Stundenlohn über dem Mindestlohn liegt, profitieren von ihm, da seine Höhe nach Angabe des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) eine Signalwirkung habe. Insbesondere die Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro habe auch die Tarifentwicklung in einigen Niedriglohnbranchen beschleunigt, erläutert Malte Lübker, Leiter des Referats Tarif- und Einkommensanalysen beim gewerkschaftsnahen WSI.
Im April 2023 arbeitete noch knapp Interner Link: jeder sechste Beschäftigte (16 Prozent) im Niedriglohnsektor. Zwischen 2013 und 2017 hatte diese Quote bei 23 Prozent gelegen – in den Folgejahren sank sie immer weiter. Zum Niedriglohnsektor werden alle Beschäftigten gezählt, die weniger als zwei Drittel des mittleren Bruttoverdienstes erhalten.
Mehr Geld mit Tarifvertrag
In Firmen, in denen ein Interner Link: Tarifvertrag existiert, bekommen Mitarbeitende höhere Löhne als in solchen ohne Tarifbindung. Vollzeitbeschäftigte in tariflosen Betrieben verdienen laut einer im vergangenen Jahr veröffentlichen WSI-Studie im Mittel 11 Prozent weniger als Angestellte in vergleichbaren Unternehmen mit Tarifbindung. Allerdings gelten Tarifverträge für immer weniger Beschäftigte: Arbeiteten 2000 noch mehr als zwei von drei Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben, war es zuletzt nur noch etwa jeder zweite.
Geringere Wochenarbeitszeit und mehr Teilzeit
Neben höheren Löhnen geht es vielen Gewerkschaften auch um eine allgemeine Verringerung der Arbeitszeit. Laut einer Externer Link: Studie des WSI würden über 80 Prozent der Beschäftigten in Vollzeit ihre Arbeitszeit reduzieren und gerne nur noch vier Tage die Woche arbeiten. Dieser Trend bildet sich bereits seit einigen Jahren in der Statistik ab.
Nach Angaben des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat) sinkt die Arbeitszeit aller Beschäftigten in Deutschland im Durchschnitt kontinuierlich seit 2011. Einzige Ausnahme ist die Gruppe der 35- bis 50-Jährigen, die seit 2020 wieder etwas länger arbeiten. Grundsätzlich arbeiten jüngere und ältere Beschäftigte weniger als Menschen der mittleren Altersgruppe.
Die allgemeine Verringerung der Arbeitszeit liegt auch an der Zunahme von Teilzeitarbeit. Fast zwölf Millionen Menschen oder über 30 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiteten 2022 in einem Teilzeitjob. Die Teilzeitquote war damit so hoch wie noch nie. Insbesondere Frauen arbeiten oft nicht Vollzeit. Ein wesentlicher Grund ist die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit einem Teilzeitjob. Es arbeiten jedoch auch immer mehr Männer in Teilzeit.
Im Jahr 2024 laufen nach Angabe des WSI Tarifverträge von knapp zwölf Millionen Beschäftigten aus und müssen neu verhandelt werden. Dazu gehören auch die zwei großen Branchen der Metall- und Elektroindustrie mit 3,6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie der öffentliche Dienst Bund und Gemeinden mit 2,4 Millionen Beschäftigten.
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