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EU-Ratspräsidentschaft Belgiens | Hintergrund aktuell | bpb.de

EU-Ratspräsidentschaft Belgiens

Redaktion

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Am 1. Januar 2024 hat Belgien zum 13. Mal die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Die Regierung in Brüssel steht wegen der im Juni anstehenden Europa-Wahlen unter Zeitdruck.

Am EU-Ratssitz in Brüssel wird am 3. Januar 2024 ein Banner der belgischen EU-Ratspräsidentschaft angebracht. Belgien hat zum Jahresbeginn die Präsidentschaft turnusgemäß für ein halbes Jahr übernommen. (© picture-alliance, EPA | Oliver Hoslet)

Belgien übernahm am 1. Januar 2024 für sechs Monate den Vorsitz im Interner Link: Rat der Europäischen Union. Das auch „Ministerrat“ genannte Gremium ist eines der wichtigsten Organe der Europäischen Union (EU). In ihm kommen je nach Fachgebiet die jeweils zuständigen Ministerinnen und Minister der Mitgliedstaaten zusammen.

Aufgaben und Struktur des EU-Ministerrats

Der Rat der Europäischen Union ist neben dem Interner Link: Europäischen Parlament der Gesetzgeber der EU. Eine seiner zentralen Aufgaben ist, die Politik der Mitgliedstaaten zu koordinieren. Der Rat der Europäischen Union vertritt die EU gemeinsam mit dem Interner Link: Hohen Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik nach außen und verhandelt internationale Abkommen . Das meistens in Brüssel tagende Gremium genehmigt gemeinsam mit dem EU-Parlament den Haushaltsplan der EU.

Der Rat der Europäischen Union fällt Beschlüsse in den meisten Bereichen mit einer qualifizierten Mehrheit, das heißt mit den Stimmen von mindestens 55 Prozent, also 15 der 27 Mitgliedstaaten. Diese müssen zugleich mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Die EU-Mitgliedstaaten wechseln sich mit dem Vorsitz halbjährlich ab. Die Ratsmitglieder beschließen die Reihenfolge des Vorsitzes einstimmig . Derzeit ist sie bis ins Jahr 2030 festgelegt.

Europäischer Rat und Europarat

Der Rat der Europäischen Union ist nicht das Gleiche wie der Europäische Rat oder der Europarat:

  • Vier Mal im Jahr kommen die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der EU-Mitgliedsländer im Interner Link: Europäischen Rat zusammen, um die allgemeine Ausrichtung der EU-Politik festzulegen.

  • Der Interner Link: Europarat ist keine Einrichtung der EU, sondern ein eigenständiger Zusammenschluss europäischer Staaten mit derzeit 46 Mitgliedstaaten und mit Sitz in Straßburg. Er soll Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit fördern.

Rolle der Ratspräsidentschaft

Die Ratspräsidentschaft koordiniert die Arbeit des Rates und leitet dessen Treffen. Zu ihren Aufgaben gehören die Vorbereitung, Koordination und Leitung der Ausschüsse und Arbeitsgruppen, die die Ministersitzungen vorbereiten. Die Ratspräsidentschaft schlägt die Tagesordnung des Gremiums vor und soll im Streitfall Kompromisse aushandeln. Zudem vertritt sie den Rat gegenüber den anderen EU-Institutionen.

Um zu gewährleisten, dass längerfristige Projekte umgesetzt werden können, hat die EU mit dem Interner Link: Vertrag von Lissabon 2009 die sogenannte Interner Link: Triopräsidentschaft eingeführt. Das bedeutet, dass diejenigen drei Staaten, die die Präsidentschaft nacheinander ausüben, ihre Programme aufeinander abstimmen und Prioritäten festlegen. Vom 1. Juli 2023 bis zum 31. Dezember 2024 tragen Spanien, Belgien und Ungarn die Triopräsidentschaft. Spanien stellte von Juli bis Dezember 2023 den EU-Ratspräsidenten. Nach Belgien übernimmt Ungarn die Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2024.

EU-Ratspräsidentschaft Ungarns 2024

Ungarn übernimmt turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft im Juli 2024 für sechs Monate. Wegen rechtsstaatlicher Defizite und der EU-kritischen Einstellungen der ungarischen Regierung äußerte das EU-Parlament angesichts der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft ernsthafte Bedenken. Das Parlament bezweifelt, ob die Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán die Aufgabe „glaubwürdig wahrnehmen kann“, da das Land die Werte der EU nicht einhalte. Die verabschiedete Resolution des EU-Parlaments ist rechtlich nicht bindend. Um Ungarn die Ratspräsidentschaft zu entziehen, wäre eine Zustimmung aller EU-Mitgliedstaaten nach dem Einstimmigkeitsprinzip notwendig.

Ziele der belgischen Ratspräsidentschaft

Belgien hat seine 13. Ratspräsidentschaft unter das Motto „Schützen. Stärken. Vorausschauen“ gestellt. Rund 530 informelle und 2.000 formelle Tagungen sollen bis Ende Juni unter belgischem Vorsitz stattfinden. Eine Priorität liegt auf der Unterstützung derInterner Link: Ukraine. Ein Hilfsprogramm in Höhe von 50 Milliarden Euro wurde im Dezember durch ein ungarisches Veto blockiert. Die Verhandlungen wurden nun zu Beginn 2024 unter der belgischen Ratspräsidentschaft wiederaufgenommen und werden auch auf dem EU-Sondergipfel am 1. Februar 2024 thematisiert. Das weitere Programm konzentriert sich u.a. auf folgende Themenschwerpunkte:

  • Die Verteidigung von Interner Link: Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Einheit soll wesentlicher Teil der belgischen Ratspräsidentschaft werden. Interner Link: Pluralismus und gesellschaftliche Partizipation sollen gefördert werden. Unter anderem gelte es, die Beteiligung der 16- und 17-Jährigen, die etwa in Deutschland und Belgien erstmals bei der Europawahl mitwählen dürfen, zu fördern. Zu diesem Schwerpunkt zählt auch die Vorbereitung der Beitrittsverhandlungen mit Moldau und der Interner Link: Ukraine, die im Dezember 2023 beschlossen wurden.

  • Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in sich verändernden geopolitischen und technologischen Gegebenheiten wird eine weitere Priorität eingeräumt. Besonders die Bereiche Forschung und Bildung sollen vorangetrieben werden. Unter dem belgischen Vorsitz sollen außerdem die Banken- und Kapitalmarktunion, die EU-weit gleiche Regeln für die Finanzmärkte anstrebt, vertieft, und die durch Steuerbetrug entstehende sogenannte Mehrwertsteuerlücke verringert werden. Zudem will Belgien die Halbzeitüberprüfung des Interner Link: mehrjährigen Finanzrahmens auf die politische Agenda setzen, der alle sieben Jahre die Eckpunkte der EU-Finanzplanung festlegt.

  • Angesichts des Klimawandels sieht die belgische Ratspräsidentschaft die Grüne Transformation als zentrales Arbeitsfeld. Bereits am 16. Januar 2024 kam es unter belgischem Vorsitz zu einem ersten informellen Treffen des Rats der europäischen Umweltministerinnen und -minister, um dieInterner Link: EU-Klimaziele bis zum Jahr 2040 zu diskutieren. Mitte Januar wurde außerdem eine vorläufige politische Einigung über die CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge erzielt, die finale Zustimmung von Ministerrat und EU-Parlament steht noch aus. Hinzu kommt die Bewältigung der Energiekrise, mit der sich die EU-Staaten seit dem russischen Angriff auf die Ukraine konfrontiert sehen.

  • Der belgische EU-Vorsitz will die Sozial- und Gesundheitsagenda stärken. Verhandlungen u.a. zu Sozialinvestitionen zwischen dem Rat „Wirtschaft und Finanzen“ und dem Rat „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ sind für März 2024 eingeplant. Es soll außerdem eine Strategie zur Förderung von Arbeitskräften im Gesundheits- und Pflegebereich entwickelt werden.

  • Mit dem Schwerpunkt Schutz von Menschen und Grenzen wird an den Europäischen Pakt zu Migration und Asyl, auf den sich die Mitgliedstaaten im Dezember 2023 geeinigt haben, angeknüpft. Dieser muss noch formal bestätigt werden. Im Hinblick auf weitere Themen der EU-Sicherheitspolitik möchte sich der belgische Vorsitz bei der Erstellung einer Strategie für die europäische Verteidigungsindustrie und dem Kampf gegen das organisierte Verbrechen engagieren.

Enger Zeitplan wegen Wahlen

Weil zwischen dem 6. Juni und dem 9. Juni 2024 ein neues EU-Parlament gewählt wird, steht Belgiens Ratspräsidentschaft unter Zeitdruck. Die für neue Regelungen notwendigen Verhandlungen zwischen EU-Ländern und EU-Parlament müssen zügig abgeschlossen werden, um Gesetzesentwürfe noch vor der letzten Parlamentssitzung im April verabschiedet zu können. Zudem wird am 9. Juni 2024 auch das belgische Parlament gewählt.

Ergebnisse unter der spanischen EU-Ratspräsidentschaft

Während der spanischen EU-Ratspräsidentschaft von Anfang Juli 2023 bis Ende Dezember 2023 wurden zwischen den EU-Staaten Kompromisse beim Migrations- und Asylpaket erreicht. Zudem hat sich die EU u.a. auf Regeln für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, die Neuregelung des Strommarktes und die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine und Moldau geeinigt.

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