Die Interner Link: BRICS-Staaten sind ein Zusammenschluss von Schwellen- und Industrieländern. Auf dem diesjährigen Gipfel im südafrikanischen Johannesburg hat die Gruppe beschlossen, sechs neue Staaten aufzunehmen. Politisch und wirtschaftlich existieren zwischen den Mitgliedern teils starke Unterschiede. Gemein ist ihnen das Interesse, sich gegen die aus ihrer Sicht bestehende Dominanz des Westens zu positionieren.
Entstehung des BRICS-Bündnisses
Der Begriff „BRIC“ ist ein Akronym aus den Anfangsbuchstaben der Staaten Brasilien, Russland, Indien und China. Er wurde erstmals 2001 von dem Investmentbanking-Unternehmen Goldman Sachs verwendet. Damals war das Wachstum in den Schwellenländern weitaus größer als in den etablierten Industrieländern. Goldman Sachs sah in den BRIC-Staaten „Schlüsseltreiber im zukünftigen weltweiten Wirtschaftswachstum“. In einem 2003 veröffentlichten Externer Link: Bericht prognostizierte Goldman Sachs , dass die Wirtschaftskraft der BRIC-Staaten im Jahr 2039 die der größten westlichen Länder überholen würde.
Die BRICS-Staaten sind ein informelles Forum ohne institutionelle Organisation oder einen Verwaltungsapparat. Im Jahr 2006 gab es erstmals ein Treffen der vier Staats- und Regierungschefs, das erste reguläre Gipfeltreffen fand 2009 in der russischen Stadt Jekaterinburg statt. Im Dezember 2010 lud China die südafrikanische Regierung dazu ein, Mitglied der Staatengruppe zu werden. Seitdem tritt diese als „BRICS“ auf, mit dem „S“ am Ende des Akronyms für Südafrika. Zentral sind die jährlichen Gipfeltreffen. Der Vorsitz der Gruppe rotiert unter den Mitgliedsländern. Die jeweils amtierende Regierung kann in Rücksprache mit den anderen Ländern die Themenschwerpunkte bestimmen. Auf dem 15. Gipfeltreffen legte das Gastgeberland Südafrika unter anderem einen Schwerpunkt auf den Handel mit afrikanischen Ländern.
BRICS als heterogene Gruppe
Die Staaten der BRICS-Gruppe unterscheiden sich sowohl in ihrer Wirtschaftsleistung als auch in ihrer geopolitischen Ausrichtung. Südafrika, Indien und Brasilien sind Demokratien, China hingegen eine Diktatur und Russland wird autokratisch regiert. Auf China entfallen derzeit 70 Prozent der in den BRICS-Staaten erbrachten Wirtschaftsleistung, während in Südafrika nur 1,6 Prozent erwirtschaftet werden. Auch das Pro-Kopf-Einkommen ist in den Staaten äußerst ungleich.
Seit Jahrzehnten Interner Link: streiten China und Indien um Grenzverläufe im Himalaya. Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine und die Folgen dieses Krieges sind eine weitere Herausforderung. Die Sanktionen des Westens trägt keines der Länder mit. China, Brasilien und Indien gehören stattdessen zu den größten Abnehmern russischen Öls. Jedoch forderte Südafrika Russland auf, das Getreideabkommen zu erneuern, da afrikanische Staaten große Mengen Getreide von der Ukraine beziehen. Brasilien befürwortete als einziges BRICS-Mitglied im März 2022 unter Präsident Jair Bolsonaro die Resolution der UN-Generalversammlung gegen den russischen Angriff auf die Ukraine.
Gegenpol zum Westen als Gemeinsamkeit
Am ehesten können sich die BRICS-Staaten wohl auf die Idee verständigen, als Gegenpol zu den Industriestaaten des Westens zu wirken. Als Gemeinschaft von entwicklungsfähigen Volkswirtschaften außerhalb desInterner Link: G7-Raums wollen sie die aus ihrer Sicht vorhandene Dominanz des Westens infrage stellen. So schrieben die Staaten in einem Externer Link: Statement nach ihrem ersten Treffen im Jahr 2009, dass sie für eine Reform der internationalen Finanzorganisationen eintreten. Damit sollen Schwellen- und Entwicklungsländer mehr Einfluss erhalten. Außerdem unterstrichen sie das Ziel einer multipolaren Weltordnung. Allerdings soll China laut der Interner Link: Vision des „Chinesischen Traums“ von Xi Jinping bis zum Jahr 2049 die weltweit führende Militär- und Wirtschaftsmacht werden. Dieses Interesse steht im Gegensatz zur Idee der Multipolarität.
Ein weiteres Ziel der BRICS-Gruppe ist die Dominanz des Dollars als globale Leitwährung zu verringern. Bisher wurden jedoch keine konkreten Schritte unternommen, um die Idee einer eigenen Währung umzusetzen. Stattdessen wollen die Mitgliedsländer ihre jeweiligen Lokalwährungen stärker nutzen, wie Südafrikas Präsident in der Externer Link: Abschlusserklärung des diesjährigen Gipfels erklärte.
Umgesetzt wurde jedoch die Gründung einer gemeinsamen Entwicklungsbank. Die „New Development Bank“ mit Sitz in Shanghai fördert seit 2015 vor allem Infrastrukturprojekte. Sie soll eine Alternative darstellen zu dem von westlichen Staaten dominierten Interner Link: Internationalen Währungsfonds und zur Interner Link: Weltbank.
BRICS-Erweiterung und ihre Folgen
Auf dem BRICS-Gipfel in Johannesburg luden die bisherigen Mitglieder im August 2023 sechs neue Staaten zur Mitgliedschaft ein: die Vereinigten Arabischen Emirate, Äthiopien, Argentinien, Iran, Ägypten und Saudi-Arabien. Sie sollen zum 1. Januar 2024 Mitglied werden und künftig an den Gipfeltreffen teilnehmen. Nach welchen Kriterien die sechs Länder ausgewählt wurden, ist nicht bekannt.
Mit Saudi-Arabien, dem Iran, Ägypten, Äthiopien und den Vereinigten Arabischen Emiraten würden fünf Staaten beitreten, dieInterner Link: nach dem Demokratieindex der Universität zu Göteborg autoritär regiert werden. Wie Indien und China stehen sich auch Saudi-Arabien und Iran in einem Konflikt um regionale Vorherrschaft gegenüber. Ägypten und Äthiopien streiten seit der Fertigstellung der äthiopischen Grand-Ethiopian-Renaissance-Talsperre um die Nutzung des Nilwassers.
Die Aufnahme des Iran würde die anti-westliche Ausrichtung der Gruppe verstärken, wie sie Russland und China befürworten. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate unterhalten hingegen enge Beziehungen zu den USA. Wie Indien schlossen sie sich im September einer globalen Infrastrukturpartnerschaft an, der auch die USA und die EU angehören. Finanziert über das EU-Projekt „Global Gateway“ wird das Projekt als Konkurrenzvorhaben zuInterner Link: Chinas „Neuer Seidenstraße“ gesehen.
Andererseits gewinnt die BRICS-Gruppe durch die Aufnahme der sechs Staaten nicht nur an globaler Präsenz, sondern auch an wirtschaftlicher Bedeutung. Sechs der zehn wichtigsten Ölförderländer der Welt werden künftig Teil der BRICS-Gruppe sein. Mit China, Iran und Äthiopien sitzen nun drei der wichtigsten Unterstützer Russlands an einem Tisch. Bei der Erweiterung soll sich vor allem China als wirtschaftlich stärkstes Mitglied durchgesetzt haben. Vier der eingeladenen Länder liegen im Nahen und Mittleren Osten, zwei Regionen, zu denen China in den letzten Jahren seine wirtschaftlichen und politischen Beziehungen verstärkt hat. Auch Russland nütze die Erweiterung, um Alternativen zur westlichen Isolation zu schaffen, so unter anderem eine Einschätzung des brasilianischen Politikwissenschaftlers Oliver Stuenkel. Indien und Brasilien fürchteten jedoch durch die Erweiterung an Einfluss im Bündnis zu verlieren.
Bedeutung der BRICS-Gruppe
Seit ihrer Gründung ist die Wirtschaftskraft der BRICS-Staaten im globalen Vergleich gewachsen. So erwirtschafteten sie nach Angabe des Internationalen Währungsfonds im Jahr 2022 26 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts, im Jahr 2010 waren es 18 Prozent. Ein Großteil des Wachstums entfällt jedoch auf China, während die Wirtschaft in Russland, Brasilien und Südafrika stagnierte. Damit verliere die Gemeinsamkeit aufstrebende Wirtschaftsmächte zu sein an Bedeutung, wie die Stiftung Wissenschaft und Politik analysiert. Wichtiger sei daher der Wunsch nach einer neuen globalen Ordnung geworden.
In den nächsten Jahren könnte das Bündnis weiterwachsen. Neben den sechs nun eingeladenen Ländern sollen viele weitere Staaten Interesse an einer Mitgliedschaft geäußert haben.
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