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11. September 1973: Militärputsch in Chile | Hintergrund aktuell | bpb.de

11. September 1973: Militärputsch in Chile

Redaktion

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Vor 50 Jahren putschte das chilenische Militär unter Führung von General Augusto Pinochet gegen die Regierung des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende. Es war der Beginn einer brutalen Militärdiktatur.

Soldaten und Feuerwehrleute tragen den Leichnam des chilenischen Präsidenten Salvador Allende aus dem zerstörten Präsidentenpalast La Moneda, nachdem der von General Augusto Pinochet angeführte Staatsstreich die dreijährige Regierung Allendes beendet hatte. (© picture-alliance, ASSOCIATED PRESS | Anonymous)

Am 4. September 1970 gewann Interner Link: Salvador Allende die Präsidentschaftswahl in Chile. Er kandidierte für das Linksbündnis Unidad Popular (UP) und setzte sich knapp mit einer relativen Stimmenmehrheit von 36,6 Prozent gegen den konservativen Politiker Jorge Alessandri durch. Sieben Wochen später wurde die Wahl vom chilenischen Kongress bestätigt. Salvador Allende war damit der erste demokratisch gewählte sozialistische Staatspräsident der Welt. Am 3. November 1970 wurde er vereidigt.

Chile befand sich vor dem Amtsantritt Allendes bereits seit langer Zeit in einer politischen und gesellschaftlichen Krise. Besonders drängend war das Problem der Ungleichheit: Obwohl Chile reich an Bodenschätzen, wie beispielsweise Kupfer, ist, profitierten nur sehr wenige im Land von den Einnahmen. Arbeiterinnen und Arbeiter litten an Hunger, anderthalb Millionen Kinder waren unterernährt.

Viele Gewinne aus der Rohstoffförderung wurden zudem von ausländischen Unternehmen erwirtschaftet, die über entsprechende Konzessionen (Genehmigungen) verfügten. Auch die ungleiche Besitzverteilung von Agrarflächen führte zu Konflikten. Bereits Allendes Vorgänger, der Christdemokrat Eduardo Frei Montalva, hatte im Jahr 1967 eine Agrarreform auf den Weg gebracht, mit der die teilweise Enteignung von Großgrundbesitzenden möglich wurde. Diese zeigte in der Realität allerdings kaum Wirkung. Unter der Regierung Allende wurden hingegen schon innerhalb des ersten halben Jahres um die 750.000 Hektar enteignet.

Allendes demokratischer Sozialismus

Allende selbst war 1970 mit einem Programm angetreten, das den Aufbau eines demokratischen Sozialismus vorsah. Der Marxist versprach eine "echte Demokratie", an der statt einer Minderheit das gesamte Volk beteiligt sein würde. Bereits in seinem ersten Amtsjahr leitete er Interner Link: die Verstaatlichung von Schlüsselindustrien ein – wie beispielsweise die Kupferförderung. Allende warf dem US-Konzern Kennecott vor, er habe das Land "wie eine Zitrone ausgepresst". Die jährliche Rendite des von dem US-Konzern geführten Kupfergeschäfts habe bei fast 53 Prozent gelegen. Außerdem ließ Allende die Mieten und die Preise für Lebensmittel einfrieren.

Die Reformen zeigten vor allem zu Beginn seiner Regierungszeit Wirkung, insgesamt war die Wirtschaftspolitik Allendes jedoch auch von Misserfolgen geprägt: So gelang es der neuen Regierung beispielsweise nicht, die Inflation einzudämmen. Die Enteignung der Großgrundbesitzenden führte zu Ernteeinbußen. Hinzu kam, dass westliche Länder ihre Märkte für chilenische Waren schlossen.

Im Westen stieß Allendes sozialistische Politik auf Widerstand – insbesondere in den USA. Die Regierung des damaligen US-Präsidenten Richard Nixon befürchtete, dass sich der Sozialismus mit Blick auf Interner Link: die kubanische Revolution 1953-1959 in Lateinamerika ausbreiten könne. Externer Link: Die CIA investierte Millionensummen – erst, um die Wahl Allendes zu verhindern, später dann, um die sozialistische Regierung zu destabilisieren. Allein für eine Manipulation der Präsidentschaftswahl von 1964 intervenierte die CIA mit drei Millionen US-Dollar zugunsten der Christdemokraten (PDC, Partido Demócrata Cristiano de Chile). Zwischen 1970 und dem Militärputsch wurden in Chile acht Millionen US-Dollar von der CIA zur Beeinflussung zugunsten amerikanischer Interessen ausgegeben.

Konservativer Sieg bei Parlamentswahl 1973

Hinzu kamen langfristige innenpolitische Probleme. Allende regierte zuerst auf Basis einer brüchigen Koalition von sechs Parteien – zu der in den Jahren 1970 und 1971 auch die Christdemokraten zählten. Im Zuge der Reformpolitik veränderte sich die Parteienlandschaft in Chile – Externer Link: es kam zu Parteiabspaltungen und Neugründungen. Die Christdemokraten schlossen sich einem Bündnis rechts-konservativer Kräfte an.

Bei den Externer Link: Parlamentswahlen im März 1973 erreichte die Unidad Popular (UP) nur 63 der 150 Sitze im Abgeordnetenhaus und hatte damit keine eigene Regierungsmehrheit. Der rechts-konservativen Confederación de la Democracia (CODE) gelang es, 87 Sitze auf sich zu vereinen. Stärkster Teil des CODE-Blocks waren mit allein 50 Sitzen im Parlament die Christdemokraten. Damit war die politische Handlungsfähigkeit der Regierung Allende stark eingeschränkt. Bereits am 29. Juni kam es zu einem ersten Putschversuch. Bei dem als "Tanquetazo" (Spanisch: Panzer-Putsch) bekannt gewordenen Vorfall hatten Angehörige eines Panzerregiments versucht, den Präsidentenpalast zu stürmen.

Ende Juli 1973 rief die katholische Kirche die Parteien dazu auf, die Krise einzudämmen. Allende traf sich mit den Christdemokraten zu einem Dialog – ohne Erfolg. Am 22. August 1973 sprach das Parlament dem Präsidenten das Misstrauen aus und warf Allende Verfassungsbruch vor. Die damals verfasste Erklärung der rechtskonservativen Parlamentsmehrheit ist bis heute ein Politikum in Chile. Als das Dokument Ende August 2023 im chilenischen Parlament noch einmal verlesen wurde, kam es zu Tumulten – denn die Erklärung hatte dem seinerzeit neu ernannten chilenischen Heereschef Augusto Pinochet als Legitimation für seinen Militärputsch gedient.

Militärputsch am 11. September 1973

Am 11. September 1973 bombardierte die chilenische Luftwaffe den Präsidentenpalast La Moneda. Allende wandte sich ein letztes Mal Interner Link: mit einer Rede an das Volk. Als die Armee den Palast stürmte, beging er Selbstmord. Dies bestätigte ein Obduktionsbericht, der nach der Exhumierung der Leiche im Jahr 2011 erstellt wurde.

Augusto Pinochet errichtete eine brutale Militärdiktatur, die 17 Jahre dauerte. Bereits am 8. Oktober 1973 verbot das Regime alle linken Parteien in Chile. Der Christdemokrat Eduardo Frei, Allendes Amtsvorgänger, stellte sich zuerst auf die Seite der Putschisten, galt später aber als Gegner Pinochets. Er starb 1982 unter nicht vollständig geklärten Umständen.

Tausende Morde während der Militärdiktatur

Unter Pinochet wurde eine Geheimpolizei etabliert, die Dirección de Inteligencia Nacional (DINA), die im ganzen Land Folterlager errichtete. Politische Gegner Pinochets wurden verhaftet oder "verschwanden". Über die Zahl der Opfer in den ersten Jahren der Diktatur gibt es nur Schätzungen. Die 1990 eingesetzte Externer Link: Rettig-Kommission zur Aufklärung der Verbrechen während der Militärdiktatur dokumentierte über Externer Link: 3.000 politische Morde. Die Zahl der Folteropfer dürfte um ein Vielfaches höher sein: Über 40.000 politische Häftlinge wurden verzeichnet. Medien wurden während der Pinochet-Diktatur streng zensiert. Knapp eine Viertelmillion der Chileninnen und Chilenen mussten ins Ausland fliehen. Zahlreiche Opfer wurden in der Colonia Dignidad gefoltert. 1961 gründete der aus Deutschland geflohene Paul Schäfer südlich von Santiago de Chile die Siedlung. Auf dem Gelände errichtete er einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb. Doch hinter der Fassade kam es zu schlimmsten Verletzungen der Menschenrechte.

Wirtschaftspolitisch orientierte sich das Pinochet-Regime ab Mitte der 1970er-Jahre an neoliberalen Grundsätzen. Führend dabei waren Ökonomen, die zuvor in den USA studiert hatten – sie wurden als "Chicago-Boys" bekannt. Der Staat zog sich aus der Wirtschaft zurück. Unternehmen wurden privatisiert, Zölle abgebaut. Mit den Maßnahmen gelang es, Interner Link: die Inflation einzudämmen und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Die Kindersterblichkeit sank. Allerdings herrschte unter Pinochet hohe Arbeitslosigkeit, die soziale Ungleichheit wuchs.

Politische Wende ab 1988

Im Jahr 1980 erließ das Regime eine neue Verfassung. Darin war nach acht Jahren ein Referendum über eine weitere Amtszeit von Pinochet vorgesehen. Obwohl die Massenmedien immer noch unter strenger Kontrolle standen, hatte die "Nein"-Kampagne ("Concertación de partidos para el No") bei dem Referendum im Jahr 1988 Erfolg: Eine Mehrheit der Chileninnen und Chilenen stimmte dagegen, dem Diktator eine weitere Amtszeit zu gewähren. Ende 1989 kam es zu freien Präsidentschaftswahlen, bei denen der Christdemokrat Patricio Aylwin zum neuen Staatschef gewählt wurde.

Pinochet schied 1990 aus dem Amt und wurde zum Senator auf Lebenszeit ernannt. Im Jahr 1998 reiste er nach London, womöglich weil er sich in ärztliche Behandlung begeben wollte. Die britischen Behörden verhafteten ihn auf Basis einer 1996 in Spanien gestellten Anzeige wegen Völkermords und anderer Verbrechen, für die das so genannte Externer Link: "Weltrechtsprinzip" galt. Pinochet wurde 16 Monate unter Hausarrest gestellt. Zu einer Auslieferung kam es wegen des Gesundheitszustandes des mittlerweile 84-Jährigen jedoch nicht. Im März 2000 reiste er nach Chile zurück.

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