2022 ist die Zahl der Menschen auf der Flucht vor Kriegen, Konflikten, Gewalt, Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen und Katastrophen um 21 Prozent gestiegen. Laut Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) sind es derzeit über 108 Millionen Menschen weltweit. Umgerechnet auf die Weltbevölkerung ist das mehr als jeder 74. Mensch, wie aus dem aktuellen UNHCR-Bericht Externer Link: "Global Trends" hervorgeht.
Zahl der Geflüchteten steigt
In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Geflüchteten stetig gestiegen und hat sich in diesem Zeitraum von 45 Millionen auf 108 Millionen Menschen mehr als verdoppelt. Dieser Trend hält auch in den ersten Monaten von 2023 weiter an. Bis Mai lag sie laut UNHCR bei schätzungsweise 110 Millionen Menschen. Einer der genannten Gründe für den Anstieg der Geflüchteten in 2023 sind die jüngsten Gefechte zwischen der Armeeeinheiten des Militärmachthabers Abdel Fattah al-Burhan und den von General Mohamed Hamdan Daglo angeführten Rapid Support Forces-Milizen (RSF) im Interner Link: Sudan. Seit dem 15. April 2023 sind mehr als 1,43 Millionen Menschen innerhalb des Landes und mehr als 404.000 über die Grenze nach Ägypten, Tschad, Südsudan, Zentralafrikanische Republik und Äthiopien geflohen.
Die Mehrzahl aller Geflüchteten (52 Prozent), die ihr Heimatland verließen, kamen 2022 aus drei Ländern – Syrien, Ukraine und Afghanistan. In Interner Link: Syrien flohen die Menschen infolge des seit 2011 anhaltenden Bürgerkriegs. In der Interner Link: Ukraine stieg die Zahl der Geflüchteten seit der Invasion russischer Truppen im Februar 2022 stark an. In Interner Link: Afghanistan wurde die Zahl aufgrund aktueller Schätzungen von der UNHCR nach oben korrigiert.
Dabei sind es neben den oben genannten Ländern Interner Link: Venezuela, Interner Link: Südsudan, Myanmar, dieInterner Link: Demokratischen Republik Kongo, der Interner Link: Sudan, Interner Link: Somalia und die Interner Link: Zentralafrikanischen Republik aus denen fast 90 Prozent der Geflüchteten stammen. Die meisten von ihnen blieben in der Nähe ihrer Heimatländer. Etwa 70 Prozent der Menschen, die ihr Heimatland verlassen, suchen Schutz in Nachbarstaaten.
Tödlicher Fluchtweg Mittelmeer
Von Januar bis April 2023 sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bei der Flucht übers Mittelmeer Interner Link: 441 Menschen ums Leben gekommen. Damit sind so viele Migrantinnen und Migranten bei der Überfahrt ertrunken, wie seit dem ersten Quartal 2017 nicht mehr.
Schnellste Fluchtbewegung durch Ukraine-Konflikt
Von den 11,6 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer auf der Flucht (Stand: Ende 2022) haben nach Angaben des UNHCR 5,7 Millionen das Land verlassen. 5,9 Millionen sind innerhalb der Interner Link: Ukraine auf der Flucht. Die Invasion der Ukraine durch die Russische Föderation im Februar 2022 löste die schnellste und eine der größten Vertreibungskrisen seit dem Zweiten Weltkrieg aus.
Ein Großteil wurde von Polen und Deutschland aufgenommen. Laut Bundesinnenministerium wurden in Deutschland bis zum Jahresende 2022 über eine Millionen Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Das entspricht etwa 80 Prozent aller nach Deutschland geflüchteten Menschen im letzten Jahr. Den ukrainischen Geflüchteten wurde EU-weit ein vorübergehender Schutz gewährt, ein Asylverfahren muss mit dieser Regelung nicht durchlaufen werden .
Binnenvertriebene als größte schutzsuchende Gruppe
Binnenvertriebene sind mit 58 Prozent aller geflüchteten Menschen die weltweit größte Gruppe der Schutzsuchenden. Die Zahl jener, die innerhalb ihres Heimatlandes auf der Flucht sind, stieg laut UNHCR von Ende 2021 bis Ende 2022 von 53,2 Millionen auf 62,5 Millionen Menschen. Die Länder mit den meisten Binnenvertriebenen (Stand: Ende 2022) sind Interner Link: Kolumbien und Syrien mit jeweils 6,8 Millionen Menschen, gefolgt von der Ukraine (5,9 Millionen), der Demokratischen Republik Kongo (5,5 Millionen) und dem Jemen (4,5 Millionen). Die Organisationen Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) und die Norwegische Flüchtlingshilfe (NRC) zählen in ihrem Jahresbericht bis Ende 2022 sogar rund 71,1 Millionen Binnenvertriebene weltweit. Damit verzeichnen sie einen Anstieg von über 10 Millionen Menschen innerhalb eines Jahres.
Weiterhin hoch ist die Binnenvertreibung in den afrikanischen Ländern Äthiopien, Somalia, Südsudan, Sudan, Burkina Faso und der Demokratischen Republik Kongo aufgrund von anhaltenden Konflikten. Allein in der Demokratischen Republik Kongo etwa kamen etwa 2 Millionen neue Binnenvertriebene im Jahr 2022 hinzu.
Zusammenhänge von Flucht und Ernährung
Der Großteil aller Geflüchteten lebt in Regionen, in denen Lebensmittel knapp sind und Unterernährung herrscht. Der Konflikt in der Ukraine, mit Russland und der Ukraine als weltweit größten Produzenten von Dünger und Getreide, beeinflusst die globalen Lieferketten. Lebensmittelpreise steigen. Nahrungsmittelunsicherheiten, vor allem auch in Ländern mit hohen Binnenfluchtbewegungen, nehmen zu.
Auswirkungen von Natur- und Klimakatastrophen
Neben Konflikten und Gewalt gehören auch Katastrophen wie Erdbeben oder Extremwetterereignisse zu den wichtigsten Fluchtgründen. Sie waren dem IDMC- und NRC-Bericht zufolge für die Flucht von 53 Prozent der Binnenvertriebenen im Jahr 2022 verantwortlich. Beispielsweise hatte der Monsunregen starke Auswirkungen auf Fluchtbewegungen in Pakistan. In Somalia wurde die schlimmste Dürre in 40 Jahren neben dem anhaltenden Konflikt und Überschwemmungen zum Grund für die Flucht von über eine Millionen Menschen.
Globale Flüchtlingsforum 2023
Im Dezember 2023 findet das zweite Globale Flüchtlingsforum in Genf statt. Hier wird die Umsetzung des Globalen Pakets für Flüchtlinge von UN-Mitgliedsstaaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren diskutiert. Ziel des Paktes, das im Dezember 2018 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde, ist die nachhaltigere Unterstützung von Geflüchteten und Aufnahmegesellschaften. Der vereinbarte Aktionsplan soll die internationale Zusammenarbeit beim Flüchtlingsschutz fördern und eine gerechtere Verantwortungsteilung innerhalb der Staatengemeinschaft erreichen. Das erste Globale Flüchtlingsforum fand im Dezember 2019 mit etwa 3.000 Teilnehmenden statt. Schwerpunkt des diesjährigen Forums ist die Evaluierung der Fortschritte in den letzten vier Jahren, der Austausch über Best Practices und das Präsentieren neuer Programme.
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