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1. Mai: Tag der Arbeit

Redaktion

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Der Deutsche Gewerkschaftsbund ruft auch in diesem Jahr zu politischen Kundgebungen zum Tag der Arbeit auf. Der diesjährige 1. Mai steht unter dem Motto "Ungebrochen solidarisch".

Ein Demonstrationszug marschiert im Rahmen der Hauptkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum 1. Mai 2022 am Humboldt-Forum vorbei. (© picture-alliance/dpa, Jörg Carstensen)

Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, stehen traditionell die Forderungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Mittelpunkt politischer Demonstrationen. Themen sind seit vielen Jahren branchenübergreifend etwa die Forderungen nach bindenden Tarifverträgen, geringeren Arbeitszeiten, mehr Urlaub sowie höheren Löhnen.

Große Herausforderungen für Arbeitnehmervertretungen

Der Interner Link: Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahrzehnten in zahlreichen Branchen stark verändert, unter anderem durch die Effekte von Globalisierung, Klimawandel, Energie- und Verkehrswende sowie die fortschreitende Digitalisierung. Neben Forderungen nach fairer Vergütung, angemessener Arbeitszeit und -belastung sowie sicheren Arbeitsverträgen beschäftigt Arbeitnehmervertretungen in Deutschland auch, wie gute Interner Link: Arbeitsbedingungen im Spannungsfeld neuer Technologien wie etwa Interner Link: Künstlicher Intelligenz (KI) aussehen sollten. Wichtige Themen in der öffentlichen Debatte um die "Arbeitsplätze von morgen" sind auch der Klimawandel und die Energiesicherheit. Diskutiert wird etwa, wie energieintensive Teile der deutschen Industrie trotz stark steigender Energiepreise und dem Wandel hin zu einer emissionsärmeren Gesellschaft wettbewerbsfähig bleiben können.

Folgten 1960 in West-Berlin noch 750.000 Menschen dem Demonstrationsaufruf zur Maikundgebung, so nahmen 2019 an der offiziellen Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) vor dem Brandenburger Tor 13.000 Menschen teil. Im Jahr 2020 fanden aufgrund der Corona-Pandemie erstmals seit der Gründung des Gewerkschaftsbundes im Jahr 1949 keine großen Maikundgebungen auf den Straßen statt. Stattdessen verlagerten die Gewerkschaften ihren Protest ins Netz. Im Pandemiejahr 2021 fand neben einem Livestream unter anderem eine kleine Kundgebung mit rund 250 angemeldeten Teilnehmenden vor dem Brandenburger Tor statt, sowie ein Demonstrationszug in Berlin-Kreuzberg mit rund 14.000 Teilnehmenden. Im vergangenen Jahr wurde wieder bundesweit demonstriert – an den laut DGB über 400 Versammlungen und Veranstaltungen nahmen nach Gewerkschaftsangaben über 200.000 Menschen teil. Insbesondere in Berlin und Hamburg kam es bei Demonstrationen zu Auseinandersetzungen zwischen gewaltbereiten Protestierenden und Polizei, die ein großes mediales Echo erzeugten.

Was ist eine Gewerkschaft?

Gewerkschaften sind freiwillige Vereinigungen von Arbeitnehmern zur Vertretung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Interessen. Im Rahmen der durch das Grundgesetz garantierten Interner Interner Link: Tarifautonomie haben die Gewerkschaften zusammen mit den Arbeitgeberverbänden das Recht, die Arbeitsbedingungen (z. B. Lohnhöhe, Arbeitszeit oder Urlaub) selbstständig festzulegen. Einzelne Aufgaben der Gewerkschaften sind z. B. die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die Sicherung von Arbeitsplätzen, die Vertretung von Arbeitnehmern vor Arbeitsgerichten oder das Führen von Tarifverhandlungen und der Abschluss von Interner Link: Tarifverträgen. Die wichtigste Dachorganisation ist der Interner Link: Deutsche Gewerkschaftsbund.

Interner Link: Duden Wirtschaft von A bis Z: Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag. 6. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut 2016. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2016.

Ursprung: Der "Moving Day" in den USA

Seinen Ursprung hat der "Tag der Arbeit" in den USA. Dort war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts der 1. Mai der Stichtag, zu dem viele Arbeitsverträge endeten oder neu abgeschlossen wurden. An diesem so genannten "Moving Day" mussten viele Menschen ihre Arbeitsstelle und ihren Wohnort wechseln.

Am 1. Mai 1886 gingen in mehreren Städten in den USA rund 400.000 Arbeiterinnen und Arbeiter auf die Straße und forderten einen Achtstundentag. In den folgenden Tagen kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen: Die Polizei erschoss mehrere Interner Link: Streikposten. Aus Protest versammelten sich 1.000 Arbeiterinnen und Arbeiter auf dem Haymarket von Chicago, wobei sieben Polizisten und vermutlich vier Demonstranten durch eine Explosion und Schüsse starben.

Die erste internationale Arbeitervereinigung, genannt "Interner Link: Internationale", hatte sich bereits 1864 in London gegründet, sich jedoch wegen Meinungsverschiedenheiten bereits zwölf Jahre später wieder aufgelöst. 1889 kamen in Paris schließlich sozialistische Gewerkschaften und Parteien aus der ganzen Welt zum zweiten Internationalen Arbeiterkongress zusammen. Hier wurde beschlossen, sich den Plänen des Amerikanischen Arbeiterbundes für eine weltweite Demonstration am 1. Mai 1890 anzuschließen. Damit institutionalisierte sich der 1. Mai als ein zentraler Aktions- und Feiertag der Arbeiterinnen und Arbeiter weltweit.

Umkämpfter 1. Mai in Deutschland

In Deutschland fasste die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP, später SPD) im Oktober 1889 den Beschluss, den 1. Mai als Tag der Arbeiterbewegung zu begehen. Obwohl sie nicht zu einem allgemeinen Streik aufrief, legten am 1. Mai 1890 etwa 100.000 Menschen in Deutschland aus Protest ihre Arbeit nieder. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber reagierten unter anderem mit Entlassungen.

Der 1. Mai etablierte sich in der Folgezeit als Festtag der Arbeiterbewegung, wurde jedoch nur 1919 einmalig als gesetzlicher Feiertag begangen. Die Arbeiterbewegung war in der Weimarer Republik gespalten: Während die SPD den 1. Mai als Festtag begehen wollte, unterstrich die Kommunistische Partei (KPD) den Kampfcharakter des Tages. 1929 war die Zahl der Arbeitslosen aufgrund des weltweiten Konjunkturrückgangs erstmals auf über drei Millionen gestiegen. Trotz eines Demonstrationsverbots organisierte die KPD Mai-Demos in Berlin, wobei es zu gewaltsamen Ausschreitungen mit über 30 Toten, hunderten Verletzten und vielen Verhaftungen kam. Dieser Tag ging als sogenannter Blutmai in die Geschichte ein.

1933 wurde die Interner Link: Arbeiterbewegung von den Nationalsozialisten vereinnahmt. Sie machten den 1. Mai zum "Feiertag der nationalen Arbeit", instrumentalisierten ihn für ihre Propaganda und zerschlugen im gleichen Zug die Gewerkschaften. Am 2. Mai 1933 besetzten Mitglieder der Sturmabteilung (SA) Gewerkschaftshäuser, Arbeiterbanken und Redaktionen von Gewerkschaftsblättern. Viele leitende Funktionäre wurden verfolgt und in Konzentrationslagern und Gefängnissen inhaftiert und ermordet. Die Einheitsmitgliedschaft von Arbeitgebern und -nehmern in der neu gegründeten Deutschen Arbeitsfront (DAF) sollte den "Klassenkampfgedanken" durch das nationalsozialistische Ideal der "Volks- und Leistungsgemeinschaft" ersetzen.

Neue Soziale Bewegungen

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der 1. Mai 1946 durch den Interner Link: Alliierten Kontrollrat als Feiertag bestätigt. In der Interner Link: Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR wurden am 1. Mai lange Zeit staatlich inszenierte Militärparaden veranstaltet. Bürgerinnen und Bürger waren verpflichtet daran teilzunehmen.

In der Bundesrepublik nutzten vor allem Gewerkschaften den Tag für Massenkundgebungen mit wechselnden arbeits- und friedenspolitischen Schwerpunkten. Doch es erwies sich als zunehmend schwieriger, neue soziale Bewegungen – etwa die Umweltbewegung oder die Studentenbewegung – und die klassische Arbeiterbewegung zu versöhnen. In den achtziger Jahren etablierten sich zudem in mehreren Städten, teils gewaltsame Maidemonstrationen der radikalisierten autonomen Szene. Am 1. Mai 1990 riefen ost- und westdeutsche Gewerkschaften erstmals zu gemeinsamen Demonstrationen auf.

Hohe Inflation führt zu hohen Tarifforderungen

Der Arbeitsmarkt in Deutschland gilt laut Bundesagentur für Arbeit mit einer saisonbereinigten Arbeitslosenquote von 2,9 Prozent (Februar 2023) als vergleichsweise stabil und Externer Link: deutlich unter dem Durchschnittswert im europäischen Vergleich. Im vergangenen Jahr stiegen jedoch vor allem infolge des Kriegs in der Ukraine die Energiepreise in Deutschland stark an. So lagen die Energiepreise im Februar 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat (Februar 2021) bei +129,5 Prozent für importierte Energie. Auch in anderen Bereichen legten die Verbraucherpreise hierzulande 2022 deutlich zu. Interner Link: Nahrungsmittel etwa verteuerten sich 2022 durchschnittlich um 20,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Inflationsrate in Deutschland lag im Jahresdurchschnitt im vergangenen Jahr bei 7,9 Prozent; bestimmte Gruppen wie Familien mit geringem Einkommen sind besonders von den Folgen betroffen.

In Deutschland galten 2021 rund Interner Link: 16,9 Prozent der Bevölkerung als armutsgefährdet. Um zu verhindern, dass noch mehr Menschen in die Interner Link: Armut abrutschen, setzten sich die Gewerkschaften zuletzt in der politischen Debatte für Entlastungen der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und andere besonders betroffene Gruppen wie die der Studierenden ein. Mit deutlich höheren Gehaltsforderungen gingen mehrere DGB-Gewerkschaften zuletzt in die jeweiligen Tarifverhandlungen. Die staatlichen Entlastungspakete etwa in Form einer Energiepreisbremse sowie die Erhöhung des Interner Link: Mindestlohns und die Einführung des Interner Link: Bürgergelds sieht der DGB nicht zuletzt auch als seinen Verdienst an.

Tarifkonflikte und Warnstreiks

Für öffentliche Aufmerksamkeit sorgten in den vergangenen Monaten zahlreiche Warnstreiks in Kitas, dem öffentlichen Nahverkehr, der Verwaltung oder dem Gesundheitswesen. Am 27. März und am 21. April etwa waren jeweils Millionen Pendelnde und Reisende deutschlandweit im Bahnverkehr und an Flughäfen von Arbeitsniederlegungen durch Streikaufrufe der Eisenbahnergewerkschaft EVG und Verdi betroffen.

Bund, Kommunen und Gewerkschaften einigten sich in der vierten Verhandlungsrunde und nach erfolgreichem Schlichtungsverfahren am 22. April 2023 auf steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 3000 Euro in mehreren Stufen und eine Erhöhung der Tabellenentgelte zum 1. März 2024 für rund 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Die Abstimmung der Gewerkschaftsmitglieder über den Kompromiss steht noch aus. Auf den Schienen und an Flughäfen sind weiterhin Warnstreiks möglich. Hier ist der Tarifkonflikt anhaltend.

Im März hatte Verdi auch Beschäftigte aus Krankenhäusern, psychiatrischen Kliniken und Pflegeeinrichtungen zum Warnstreik aufgerufen und forderte 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens jedoch 500 Euro mehr im Monat. Mit einigen Kliniken wurden seitdem neue Tarifverträge beschlossen. Bereits im letzten Jahr hatten in zahlreichen Kliniken wochenlang Beschäftigte gestreikt, um vor allem eine zeitliche Entlastung des Personals zu erzielen und den Personalschlüssel zu verbessern.

Tag der Arbeit 2023: "Ungebrochen solidarisch"

Für den 1. Mai 2023 planen der DGB und seine acht Mitgliedsgewerkschaften unter dem Motto "Ungebrochen Solidarisch" Kundgebungen in zahlreichen deutschen Städten – darunter Berlin, München, Frankfurt am Main, Stuttgart oder Bremerhaven. In diesem Jahr stehen laut DGB die vielen Krisen im Fokus: "Energiekrise, Klimakrise, der Krieg in der Ukraine, hohe Inflation und die Auswirkungen der Corona-Pandemie erzeugen Unsicherheit und stürzen viele Menschen in existentielle Sorgen", heißt es im Externer Link: Demonstrationsaufruf des DGB.

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