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Wahlwiederholung in Berlin

Redaktion

/ 4 Minuten zu lesen

Am 16. November hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin entschieden, dass die Abgeordnetenhauswahl vom 26. September 2021 vollständig wiederholt werden muss. Der Bundestag beschloss bereits zuvor eine Teilwiederholung der damals parallel stattfindenden Bundestagswahl.

Ein Mann markiert auf seiner amtlichen Wahlbenachrichtigung für die Wahlen zum Deutschen Bundestag, zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen, sowie für den Volksentscheid 2021 das Wahldatum. (© picture-alliance/dpa, dpa-Zentralbild | Monika Skolimowska)

Das Berliner Verfassungsgericht hat entschieden, dass die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den zwölf Bezirksverordnetenversammlungen wiederholt werden müssen. Damit bestätigten die Richterinnen und Richter die vorläufige Rechtseinschätzung aus dem September 2022. Als Grund nannten sie die Häufigkeit und Schwere der bei den Wahlen im September 2021 aufgetretenen Wahlfehler. Bereits am 10. November beschloss der Bundestag eine Teilwiederholung der Bundestagswahl in zahlreichen Berliner Wahlbezirken.

Bereits die Bürgerschaftswahl 1991 in Hamburg wurde wegen Verstößen gegen die Wahlrechtsgrundsätze bei der Kandidatenaufstellung der CDU vom Hamburgischen Verfassungsgericht für ungültig erklärt. *

Wahlfehler

Bei den gleichzeitig abgehaltenen Interner Link: Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus, zur Bezirksverordnetenversammlung und zum Interner Link: Bundestag kam es am 26. September 2021 in Berlin zu schweren Pannen. In zahlreichen Wahllokalen waren nicht genügend Stimmzettel vorrätig, mancherorts wurden falsche Stimmzettel verteilt. Besonders dort, wo im Laufe des Wahltags neue Stimmzettel besorgt werden mussten, kam es zu langen Schlangen vor den Wahllokalen. Einige Bürgerinnen und Bürger, die deswegen warten mussten, gaben ihre Stimme erst nach 18 Uhr ab. Auch bei der Zustellung von Briefwahlunterlagen kam es zu Verspätungen und organisatorischen Problemen.

Für die Pannen gab es eine Vielzahl von Gründen. Einerseits fanden an jenem Tag in Berlin vier verschiedene Wahlgänge parallel statt. Zur Bundestags- und Abgeordnetenhauswahl kam der Volksentscheid zur Initiative "Deutsche Wohnen & Co. Enteignen" und die Wahl für die Berliner Bezirksverordnetenversammlungen. Während die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen traditionell auf ein Datum fallen, entschied sich der Senat dafür, auch die anderen beiden Wahlgänge auf dieses Datum zu legen.

Organisatorische Mängel

Wegen der Corona-Pandemie galten am Wahltag besondere Bestimmungen: Pro Wahllokal waren in der Regel nur zwei Wahlkabinen gleichzeitig verfügbar, um die Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu minimieren. Dadurch erhöhten sich die Wartezeiten zusätzlich – und das bei einer höheren Wahlbeteiligung als bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 und der Bundestagswahl 2017.

Darüber hinaus gab es eine Vielzahl an organisatorischen Mängeln: Kartons mit Stimmzetteln wurden laut dem Abschlussbericht der Expertenkommission Wahlen in Berlin falsch beschriftet und nicht in die richtigen Wahllokale geliefert. Vereinzelt soll es vorgekommen sein, dass sich in den Kartons Stimmzettel für unterschiedliche Wahllokale befanden. Als klar wurde, dass die hohe Beteiligung zu einem Mangel an Wahlunterlagen führt, mussten am Wahltag Nachlieferungen veranlasst werden. Diese Lieferungen verzögerten sich jedoch zum Teil, weil am 26. September auch der Berlin-Marathon stattfand, für den weite Teile der Innenstadt gesperrt waren. Teilweise waren laut dem Abschlussbericht der Expertenkommission Wahlen in Berlin auch die Wahllokale falsch ausgeschildert worden.

Hinzu kamen strukturelle Probleme. Es gab keine einheitlichen, in ganz Berlin gültigen Bestimmungen darüber, was zu tun wäre, wenn Probleme bei der Wahl auftreten. Bei den Schulungen für die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer lag der Fokus überwiegend auf der Interner Link: Einhaltung der Pandemie-Bestimmungen. Außerdem wurden die Stimmzettel erst kurz vor der Wahl geliefert.

Wahlwiederholung

Eine Expertenkommission kam im Juli 2022 zu dem Ergebnis, dass die Pannen "nicht nur den konkreten Wahlvorgang unzuträglich behindert", sondern auch "das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den wichtigsten demokratischen Mitwirkungsakt in unserem Gemeinwesen nachhaltig gestört" hätten. Die mehr als 38.000 Wahlhelfer träfe für die Pannen keine Schuld. Auch die Verantwortung der Druckerei sei eher gering zu bewerten, heißt es in dem Bericht der Expertenkommission. Verantwortlich für die Mängel bei den Wahlen von 2021 seien der Expertenkommission zufolge die Politik und Verwaltung sowie die Wahlorgane in Berlin. Die Kommission empfahl unter anderem, die bisher von den Bezirken sehr unterschiedlich ausgelegten Standards für die Wahlen zu vereinheitlichen und eine Reform der Landeswahlleitung.

Entscheidung von Verfassungsgerichtshof und Bundestag

Der Berliner Verfassungsgerichtshof entschied am 16. November 2022, dass die Wahlen für das Abgeordnetenhaus und alle zwölf Bezirke vollständig wiederholt werden müssen. Im Hinblick auf die Bundestagswahl kam die Bundeswahlleitung zu der Einschätzung, dass es in etwa 340 der 2.256 Berliner Wahlbezirken zu gravierenden Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Am 7. November empfahl der Wahlprüfungsausschuss die Wiederholung der Wahl in 431 Berliner Wahlbezirken, jeweils für die Erst- und die Zweitstimme. Am 10. November beschloss der Deutsche Bundestag schließlich, dass die Bundestagswahl in den 431 Berliner Wahlbezirken wiederholt werden soll.

Laut Medienberichten soll die Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl im Februar 2023 stattfinden. Die Wiederholung der Bundestagswahl in den Berliner Wahlbezirken soll voraussichtlich jedoch nicht gleichzeitig mit der Wiederholung zur Abgeordnetenhauswahl abgehalten werden.

Mehr zum Thema:

Interner Link: Bundestagswahl 2021

Interner Link: Berliner Abgeordnetenhauswahl (Hintergrund aktuell, September 2021)

Interner Link: Heike Merten: Wählen in Zeiten der Pandemie (APuZ, November 2021)

* Korrekturhinweis (18.11.2022): Wir haben den Hinweis auf die für ungültig erklärte Bürgerschaftswahl 1991 in Hamburg ergänzt.

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