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Parlamentswahl in Dänemark 2022 | Hintergrund aktuell | bpb.de

Parlamentswahl in Dänemark 2022

Redaktion

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Am 1. November hat Dänemark ein neues Parlament gewählt. Die Ministerpräsidentin Frederiksen hat trotz eines knappen Wahlsieges ihren Rücktritt angekündigt und will nun eine neue Regierung bilden.

Jakob Ellemann-Jensen, Vorsitzender der Liberalen Partei Dänemarks, Mette Frederiksen, Vorsitzende der Sozialdemokraten, und Soren Pape Poulasen, Vorsitzender der Konservativen Volkspartei, während einer Debatte zwischen den Kandidaten für das Amt des dänischen Ministerpräsidenten im Dänischen Rundfunk in Kopenhagen am 16. Oktober 2022. (© picture-alliance, EPA | MADS CLAUS RASMUSSEN)

Am 1. November waren mehr als vier Millionen Wahlberechtigte in Interner Link: Dänemark dazu aufgerufen, ein neues Parlament (Folketing) zu wählen. Das Mitte-links-Bündnis um die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat die Wahl knapp gewonnen. Nach Auszählung aller im Land abgegebenen Stimmen kam das linksgerichtete Lager auf 90 von 179 Sitze im Parlament.

Der sogenannte "blaue Block" aus Liberalen, Konservativen und Rechtspopulisten kam auf 73 Sitze. Die Partei Moderaterne von Ex-Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen zieht mit 16 Abgeordneten erstmals in den Folketing ein. Die dänische Ministerpräsidentin Frederiksen will vorerst zurücktreten, um eine neue Regierung zu bilden.

Turnusgemäß hätte die Wahl erst im Juni 2023 stattfinden sollen. Doch Ministerpräsidentin Mette Frederiksen rief Anfang Oktober 2022 vorgezogene Neuwahlen aus. Die sozialdemokratische Regierungschefin war massiv unter Druck geraten, weil sie 2020 die Tötung von mehr als 15 Millionen Interner Link: Zuchtnerzen angeordnet hatte. Das hatte schon damals für Kritik gesorgt und zum Rücktritt des zuständigen Ministers Mogens Jensen geführt. Allerdings bestätigte eine Untersuchungskommission erst im Sommer 2022, dass die Anordnung seinerzeit ohne hinreichende Rechtsgrundlage erfolgte und die damaligen Aussagen der Regierungschefin in dieser Sache "grob irreführend" gewesen seien.

Sozialdemokratische Minderheitsregierung seit 2019

Frederiksen ist seit Juni 2019 Regierungschefin einer mit ausschließlich sozialdemokratischen Ministerinnen und Ministern besetzten Minderheitsregierung. Ihre Partei, die Socialdemokraterne (SD), war bei den Wahlen 2019 zwar stärkste Kraft geworden, hatte aber die absolute Mehrheit deutlich verfehlt. Die SD schloss deshalb nach der Wahl mit weiteren linken und Mitte-Links stehenden Parteien eine Regierungsvereinbarung ab. So einigte sich die SD mit der Sozialistischen Volkspartei (SF), der Einheitsliste (Enhedslisten – De Rød-Grønne) und der sozialliberalen Radikale Venstre (RV) unter anderem darauf, den Kohlendioxidausstoß Dänemarks schneller als vorgesehen abzusenken und den Sozialstaat wieder auszubauen.

Bei einzelnen Themen, etwa im Bereich der Migrationspolitik, wo die Positionen des sogenannten roten Blocks teils stark divergieren, setzte die SD allerdings auf die Unterstützung bürgerlicher oder rechter Oppositionsparteien. Differenzen innerhalb des linken Parteienspektrums gab es auch wegen der Nerz-Tötung: Radikale Venstre hatte Frederiksen mit einem Misstrauensvotum gedroht, falls die 44-Jährige keine Neuwahlen ausrufen sollte.

Parteiensystem

Das Parlament in Kopenhagen wird alle vier Jahre in Interner Link: personalisierter Verhältniswahl gewählt. Es besteht aus insgesamt 179 Mitgliedern, von denen jeweils zwei von der Bevölkerung der Faröer-Inseln und zwei in Grönland gewählt werden.

Interner Link: Seit 1909 hat in Dänemark in Folge der Parteienvielfalt keine Partei allein die Mehrheit im Parlament gehabt. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Sperrklausel für den Einzug in die Abgeordnetenkammer mit 2 Prozent niedrig ist, was bislang zu einer großen Zahl an Fraktionen im Folketing geführt hat.

2019 löste Frederiksen mit 41 Jahren als jüngste dänische Interner Link: Ministerpräsidentin Lars Løkke Rasmussen von der liberal-konservativen Partei Venstre im Amt ab.

Die Sozialdemokraten wollen sozialpolitisch breite Schichten entlasten. Im Bereich Klimaschutz soll unter anderem Dänemarks Landwirtschaft ökologischer und das Fliegen verteuert werden.

Die liberal-konservative Venstre – Danmarks Liberale Parti (V) war 2019 zweitstärkste Partei geworden. Die Partei stellte in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach den Ministerpräsidenten, ebenfalls in einer Minderheitsregierung.

Die größte Oppositionspartei Venstre steht für eine striktere Ausgabenpolitik und weniger Ausgaben für sozialpolitische Maßnahmen. Die Partei unterstützte die Regierung bei der Verschärfung der Flüchtlingspolitik. Einem 2021 beschlossenen Gesetz zufolge sollen Asylbewerber künftig in Drittländern auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge warten und auch zwangsweise dorthin ausgeflogen werden können. Dänemark unterzeichnete im September ein Abkommen mit Ruanda über die Schaffung von Asylzentren.

Spitzenkandidat der Venstre war Jakob Ellemann-Jensen. Ein Angebot der Sozialdemokraten nach der Wahl eine lagerübergreifende Regierung zu bilden, lehnte er mit Verweis auf die unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Konzepte ab. Dem Mitte-Rechts-Block zugerechnet wird auch die Konservative Volkspartei (Konservative Folkeparti). Die von Søren Pape Poulsen geführte Partei hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, die staatliche Verwaltung zu verschlanken und effektiver zu machen.

Dem Mitte-Rechts-Block, dem sogenannten blauen Lager, werden auch mehrere rechte Parteien zugerechnet, so etwa die rechtspopulistische Dänische Volkspartei (Dansk Folkeparti, DF). Eine Konkurrenz für die DF könnte die Danmarksdemokraterne werden. Die ehemalige Integrationsministerin Inger Støjberg hatte die rechte Partei 2022 neu gegründet. 2021 war Støjberg zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, weil sie Asylbewerberpaare unrechtmäßig getrennt hatte. Sie ist aufgrund ihrer besonders harten Haltung in der Einwanderungspolitik vor allem auf dem Land populär. Die Dänemarkdemokraten fordern eine bessere Gesundheitsversorgung und bessere Rahmenbedingungen für die dänische Wirtschaft.

Ebenfalls dem blauen Block zugeordnet werden die als rechts bis rechtspopulistisch geltenden "Neuen Bürgerlichen" (Nye Borgerlige, NB).

Die Partei Moderaterne will sich zwar keinem der beiden Lager zuordnen lassen – sie gilt jedoch als bürgerlich. Geführt wird die Partei vom ehemaligen dänischen Ministerpräsidenten und früheren Venstre-Chef Lars Løkke Rasmussen.

Klar dem sogenannten roten Block zuzuordnen ist dagegen die linke Sozialistische Volkspartei (Socialistisk Folkeparti, SF). Sie setzt sich für eine strikte Klimaschutzpolitik und einen Ausbau des Sozialstaats ein. Unter ihrer Spitzenkandidatin Pia Olsen Dyhr vollzog die Partei zuletzt eine außen- und verteidigungspolitische Wende. Die SF bekennt sich fortan klar zur Nato und steht auch zu den im Frühjahr 2022 beschlossenen höheren Verteidigungsausgaben.

Auch im Mitte-Links-Lager zu verorten ist Radikal Venstre (RV). Die Einheitsliste (Enhedslisten – De Rød-Grønne, RG) setzt sich unter anderem für eine massive Verbilligung des Öffentlichen Nahverkehrs ein.

Wichtige Wahlkampfthemen

Zentrale Themen des Wahlkampfs waren die Energiekrise sowie die Inflation. Diverse Parteien forderten Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger. Auch die Steuer- und Verkehrspolitik sowie der Interner Link: Klimaschutz spielten eine wichtige Rolle. Während etwa die Sozialdemokraten eine CO2-Steuer fordern, setzen Teile des bürgerlichen Lagers auf eine Senkung des Spitzensteuersatzes. Im Fokus der Debatten standen zudem die Migrations- und Asylpolitik, insbesondere das Interner Link: Drittstaatenabkommen mit Ruanda, sowie ein mögliches Hijab-Verbot an Schulen.

Dänemark im Fokus der Weltöffentlichkeit

Interner Link: Dänemark zählt mit knapp sechs Millionen Einwohnern zwar zu den einwohnerärmsten EU- und NATO-Staaten. In den Fokus der Weltöffentlichkeit rückte das skandinavische Land zuletzt durch die Sabotageakte an den beiden Nord-Stream-Pipelines: Die Ende September durch Explosionen entstandenen Lecks befinden sich nahe der Ostsee-Insel Bornholm. Als Reaktion hat die NATO ihre Präsenz in Nord- und Ostsee mittlerweile verstärkt, um kritische Infrastruktur wie Pipelines oder Unterwasserkabel zu schützen.

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