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Münchner Olympia-Attentat von 1972 | Hintergrund aktuell | bpb.de

Münchner Olympia-Attentat von 1972

Redaktion

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Am 5. September 1972 drang die palästinensische Terrorgruppe „Schwarzer September“ während der Olympischen Spiele in München in die Mannschaftsquartiere ein, ermordete zwei israelische Sportler und nahm neun Menschen als Geiseln. Alle Geiseln wurden bei der Befreiungsaktion getötet. Nach jahrzehntelangem Streit haben sich die Bundesrepublik Deutschland und Hinterbliebene nun über Entschädigungen geeinigt.

Der ausgebrannte Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes markiert das Ende der fehlgeschlagenen Befreiungsaktion in der Nacht zum 06.09.1972 auf dem Militärflughafen in Fürstenfeldbruck. Im Hintergrund startet eine US-Transportmaschine mit dem ums Leben gekommenen israelischen Ringer David Berger. (© picture-alliance/dpa)

Ende August 1972 starteten in München die 20. Olympischen Sommerspiele. Als "Fest des Friedens" sollten sie Offenheit und eine friedliche Atmosphäre transportieren, um die Erinnerung an die Spiele im nationalsozialistischen Deutschland 1936 positiv zu überlagern. Es kam anders: Am 5. September stürmten Mitglieder der palästinensischen Terrorgruppe "Schwarzer September" das Quartier der israelischen Olympiamannschaft im Olympischen Dorf. Zwei israelische Sportler konnten flüchten. Der Ringer und Trainer Mosche Weinberg und der Gewichtheber Josef Romano wurden an Ort und Stelle erschossen.

Forderungen der Geiselnehmer

Die Geiselnehmer forderten die Freilassung von über 200 in Interner Link: Israel inhaftierten Interner Link: Palästinensern sowie der beiden Interner Link: RAF-Terroristen Andreas Baader und Ulrike Meinhof, die zu dem Zeitpunkt in Stuttgart-Stammheim in Haft saßen. Israel lehnte es strikt ab, den Forderungen der Terroristen nachzukommen: "Wenn wir nachgeben, wird sich kein Israeli irgendwo auf der Welt noch seines Lebens sicher fühlen", erklärte Premierministerin Golda Meir die Haltung der Interner Link: israelischen Regierung. Deutsche Medien berichteten live aus dem Olympischen Dorf, wodurch die Geiselnehmer die Aktionen der Sicherheitskräfte im Fernsehen mitverfolgen konnten. Die Terroristen änderten ihre Strategie und forderten, ungehindert mit den Geiseln in die ägyptische Hauptstadt Kairo auszufliegen.

Die Interner Link: Olympischen Spiele liefen derweil weiter. Erst am Nachmittag des 5. September unterbrach IOC-Präsident Avery Brundage die Sportveranstaltung. Am Abend eskalierten die Ereignisse. Gegen 21 Uhr verließen die Terroristen mit den Geiseln das Olympische Dorf. In zwei Helikoptern flogen sie zum Münchner Militärflughafen Fürstenfeldbruck, wo die geforderte Maschine zum Abflug nach Kairo bereit stand. Kurz vor Eintreffen der Geiselnehmer flüchteten mehrere als Besatzungsmitglieder getarnte Polizisten aus dem Flugzeug. Eigentlich sollten sie die Attentäter nach dem Betreten des Flugzeugs überwältigen. Doch ihr Einsatz wurde abgebrochen, weil die Situation zu gefährlich erschien. Fünf Scharfschützen waren in Stellung. Sie galten jedoch als schlecht ausgerüstet und hielten keinen Kontakt über den Sprechfunk. Es kam zum Schusswechsel. Ein Terrorist warf eine Handgranate in einen Hubschrauber, ein weiterer Terrorist schoss in den zweiten Hubschrauber hinein. Alle neun israelischen Geiseln wurden dabei getötet. Auch fünf der acht palästinensischen Terroristen und ein Polizist starben. Die Polizei nahm die verbleibenden drei Geiselnehmer fest. Sie kamen wenige Wochen später durch die Interner Link: Entführung der Lufthansa-Maschine "Kiel" frei.

Nach der eintägigen Unterbrechung und einer Trauerfeier ließ der damalige IOC-Präsident Avery Brundage die Olympischen Spiele mit dem Satz "The games must go on!" fortführen.

Versagen der deutschen Sicherheitsbehörden

Nach der gescheiterten Befreiungsaktion wurden Vorwürfe laut, dass der Polizeieinsatz schlecht organisiert gewesen sei. In einem internen Bericht hielt die Polizeiführung der bayerischen Landeshauptstadt fest, dass sie selbst nichts falsch gemacht habe. Ferner hätte die Polizei „auch mit ihren Mitteln (personell und materiell) unter den gegebenen Umständen nichts besser machen können.“

In dem Bericht heißt es weiter: "Der israelisch-arabische Krieg konnte von einer abgerüsteten deutschen Polizei bei den heiteren Spielen nicht gewonnen werden". Aus Sicht von Kritikern trugen die deutschen Sicherheitsbehörden jedoch eine erhebliche Mitschuld. So sollen der Münchner Polizeipräsident Schreiber und das Münchner Polizeipräsidium zahlreiche Hinweise auf ein bevorstehendes Attentat ignoriert haben. Als einer der Helfer der Terrorgruppe gilt beispielsweise der Neonazi Willi P., der unter anderem Autos und Pässe organisiert haben soll. Dessen früherer Arbeitgeber zeigte ihn bei der Polizei wegen des Autodiebstahls an und berichtete von dessen Kontakten zur palästinensischen Untergrundorganisation “El Fatah” und in den Libanon. Die Polizei in München wurde daher im Vorfeld der Olympischen Spiele wegen „vermutlich konspirativer Tätigkeit palästinensischer Terroristen” gewarnt, ohne Ergebnis. Zudem waren die Polizeikräfte bei der Veranstaltung aus ihrer Sicht unzureichend ausgerüstet.

Politische Reaktionen

Als Konsequenz der gescheiterten Befreiungsaktion von München wurde am 26. September 1972 die "Grenzschutzgruppe 9" ins Leben gerufen. Die Spezialeinheit der Bundespolizei kommt unter anderem bei der Bekämpfung von Interner Link: Terrorismus sowie bei Schwerst- und Gewaltkriminalität zum Einsatz.

Auch Israel reagierte auf das Attentat. Der Interner Link: israelische Geheimdienst Mossad ging mit gezielten Tötungsaktionen im Rahmen der "Operation Zorn Gottes" gegen die Mitglieder der Terrorgruppe "Schwarzer September" vor. Es starben auch zahlreiche Zivilistinnen und Zivilisten.

Das Internationalen Olympischen Komitee (IOC) verschärfte die Sicherheitsvorkehrungen nach dem Münchener Olympia-Attentat sowie nach einem weiteren Attentat bei den Olympischen Sommerspielen 1996 in Atlanta.

Gedenken an das Attentat

Die Angehörigen der Ermordeten forderten vom IOC ein angemessenes Gedenken, etwa in Form einer Schweigeminute. Das IOC kam dieser Forderung erstmals 44 Jahre später, bei den Olympischen Spielen 2016 in Brasilien nach.

Weltweit wird den Opfern des Münchener Olympia-Attentats mit Erinnerungsorten und Denkmälern gedacht. Die Bedeutung des Attentats für Israel und die Verankerung im kulturellen Gedächtnis des Landes werden durch die Vielzahl der Erinnerungsorte sichtbar. Neben Denkmälern und Mahnmalen sind in Israel mehrere Straßen nach verstorbenen Spielern benannt. Außer in Israel finden sich Erinnerungsorte an das Attentat von 1972 auch in den USA, Australien und Großbritannien. 2017, 45 Jahre nach dem Attentat, wurde in München ein neues Mahnmal im Olympiapark eingeweiht.

Schleppende Aufarbeitung

Die Hinterbliebenen der Opfer erfuhren lange Zeit nicht, wie ihre Angehörigen ums Leben kamen. Bei ihren Versuchen, die Hintergründe zu erfahren, wurden sie laut eigenen Angaben hingehalten oder ignoriert. Bei der Aufarbeitung, etwa zu den Fehlern deutscher Sicherheitsbehörden, fehlte es an Transparenz, aber auch an der Übernahme von Verantwortung. Jahrzehnte lang wurde den Familien der Opfer etwa die Einsicht in Akten verwehrt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat nun eine internationale Kommission eingesetzt, um das Attentat umfassend aufzuarbeiten. Die Kommission soll insbesondere den Umgang mit den Angehörigen in den Fokus nehmen.

Streit mit Hinterbliebenen um Entschädigungen

Die Angehörigen der Opfer und die Bundesrepublik Deutschland stritten jahrzehntelang über die Höhe der Entschädigungszahlungen. 1972 und 2002 hatte die Bundesrepublik Deutschland etwa 4,6 Millionen Euro für die Hinterbliebenen gezahlt. Die Bundesregierung kündigte im Juli 2022 an, man wolle die "gravierenden Folgen für die Hinterbliebenen der Opfer in immaterieller und in materieller Hinsicht" neu bewerten und bot ihnen, zusätzlich zu den bereits gezahlten Entschädigungen, weitere 5,4 Millionen Euro an. Ankie Spitzer, Sprecherin der Opferfamilien, nannte das Angebot der Bundesregierung eine "völlig unakzeptable und beleidigende Summe". Eine Klage der Hinterbliebenen unter Verweis auf massive Fehler beim Polizeieinsatz auf Schadenersatz in Höhe von rund 20,45 Millionen Euro war bisher erfolglos geblieben.

Ende August 2022 zeichnete sich zwischen den Angehörigen der ermordeten Olympiateilnehmer und der Bundesregierung dann eine Einigung ab. Laut der Nachrichtenagentur AFP sollen nun 28 Millionen Euro fließen, davon stammen 22,5 Millionen Euro von der Bundesrepublik Deutschland, fünf Millionen vom Bundesland Bayern und 500.000 Euro von der bayerischen Landeshauptstadt München.

Teil des Angebots der Bundesregierung ist auch die Einsetzung einer Kommission, die die Ereignisse von 1972 aufarbeiten soll. Zudem sollen die Behördenakten zum Attentat öffentlich gemacht werden. Noch immer sind manche Aspekte des Attentats nicht abschließend erforscht. In der Debatte ist etwa die Frage, ob neben deutschen Rechtsextremisten auch deutsche Linksradikale, die den Staat Israel ablehnten, den Olympia-Attentätern geholfen haben. Beweise gibt es dafür nicht.

Gedenkfeiern

2022 soll angesichts des 50. Jahrestags des Terrorakts in Deutschland mit zahlreichen Veranstaltungen an die Opfer erinnert werden. Für den 5. September 2022 plant die Stadt München, zusammen mit Angehörigen an der Gedenkstätte im Olympiapark der Opfer zu gedenken.

Dies ist eine aktualisierte Fassung des Texts aus dem Jahr 2017. Der Absatz "Schleppende Aufarbeitung" wurde am 10.05.2023 um 16 Uhr von der Redaktion hinzugefügt.

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