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Der Bundestag hat das Werbeverbot für Abtreibungen aufgehoben. Nach jahrelangen Debatten stimmte eine Mehrheit für die Streichung des §219a StGB. CDU/CSU sowie AfD lehnten die Entscheidung ab.
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Am 24. Juni 2022 hat der Bundestag die ersatzlose Streichung des sogenannten Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche (§219a StGB) beschlossen. SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE Externer Link: votierten für die Abschaffung – CDU/CSU und AfD dagegen. Außerdem stimmte der Bundestag einer Reihe von damit verbundenen Gesetzesänderungen zu.
Bislang machten sich Ärztinnen und Ärzte strafbar, wenn sie öffentlich Informationen über den Ablauf und die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen bereitstellten. Mit der Aufhebung des §219a ist es ihnen künftig erlaubt, etwa auf Websites sachlich über die Möglichkeit und Methode von Schwangerschaftsabbrüchen zu informieren. Ergänzend soll mit einer Änderung des Heilmittelwerbegesetztes (HWG) unsachliche oder anpreisende Werbung verboten werden. Im Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) wird im §13a ergänzt, dass Krankenhäuser sowie Ärztinnen und Ärzte "sachlich und berufsbezogen über die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs" informieren dürfen.
Eine neue Regelung im Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch sieht die Aufhebung aller Urteile und Einstellung laufender Verfahren von Ärztinnen und Ärzten vor, die nach dem 3. Oktober 1990 aufgrund des Paragrafens 219a strafgerichtlich verurteilt worden sind.
Im Vorfeld wurden mehrere Oppositionsanträge zurückgewiesen. Darunter ein Externer Link: Antrag der CDU/CSU-Fraktion, in dem die Antragssteller sich unter anderem auf den "Schutz des ungeborenen Kindes" zur Beibehaltung des §219a berufen hatten und ein Externer Link: Antrag der AfD-Fraktion, der unter anderem eine verfassungsrechtliche Prüfung des Paragrafen aufgrund des "Schutzanspruch des ungeborenen Lebens" gefordert hatte.
Bis zur ersatzlosen Streichung wurde der §219a stets von
Externer Link: 370 Abgeordnete stimmten für die Reform, 277 dagegen – vier enthielten sich. Dabei wurden die Differenzen zwischen der reformbejahenden damaligen Großen Koalition, die den Gesetzentwurf vorlegten, und der Opposition deutlich: CDU/CSU stimmte nahezu geschlossen für die Externer Link: "Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch". Die SPD sprach sich langfristig für die Aufhebung des Strafrechtsparagrafen aus, sah in der Reform aber Kompromiss und Fortschritt. FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stimmten gegen die Reform und forderten die Streichung des sogenannten Werbeverbots. Die AfD lehnte jegliche Reform ab.
Der Paragraf 219a war 1933 von den Nationalsozialisten in das damalige Reichsstrafgesetzbuch aufgenommen worden. Als Hintergrund gelten die propagierte
Angestoßen wurde die Reform unter anderem durch die Strafverfolgung der Ärztin Kristina Hänel. Auf ihrer Website informierte Hänel über Methoden zum Schwangerschaftsabbruch. 2017 wurde die Ärztin erstmals verurteilt und ging in Berufung. Der Fall ging 2021 bis vor das Bundesverfassungsgericht und wurde stets mit großem öffentlichem Interesse begleitet.
Offizielle Zahlen darüber, wie viele Ärztinnen und Ärzte aufgrund des §219a insgesamt verurteilt wurden gibt es nicht, da diese statistisch nicht erfasst werden. Aus der polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts geht jedoch hervor, dass zwischen 2010 und 2015 insgesamt 69 Verstöße gegen §219a erfasst wurden.
Die
Für viele Befürwortende der Gesetzesänderung reicht die Streichung des §219a nicht aus. So sieht Gynäkologin Nicklaus in der Aufhebung des §219a ein Zwischenziel. "Ich halte die Abschaffung des Werbungsverbots für eine sehr wichtige Entscheidung. Aber das große Ziel ist, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr im Strafgesetzbuch geregelt werden – dort steht der Paragraf 218 ja im Rahmen der Tötungsdelikte", so Nicklaus Externer Link: in einem Interview.
Konservative Stimmen sowie Abtreibungsgegnerinnen und -gegner lehnen eine solche Aufhebung ab. Vertreter und Vertreterinnen der Katholischen Kirche etwa bedauerten die Entscheidung für die Streichung des §219a und sprachen sich für seinen Erhalt sowie eine verbesserte Informationslage aus. "Diese Lösung hätte aus Sicht der Kirche sowohl den Interessen der Frauen als auch dem verfassungsrechtlich geforderten Schutz des ungeborenen Lebens gedient", so Externer Link: Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz.
Auch in anderen europäischen Ländern wie den Niederlanden und Irland wurden zuletzt Abtreibungsrechte liberalisiert. Hingegen kippte in den USA im Juni 2022 der Supreme Court nach fast 50 Jahren das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, bevor ein Fötus lebensfähig ist, also etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche.
Anna Schulze ist Volontärin in der Online-Redaktion der bpb. Sie studierte Soziologie und Geschichtswissenschaft in Bielefeld, Potsdam und Athen. Zudem arbeitete sie u. a. für verschiedene Online-Magazine und Zeitungen.
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