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Vor 75 Jahren: Der "Marshallplan" wird präsentiert

Redaktion

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Am 5. Juni 1947 schlug US-Außenminister George C. Marshall das European Recovery Program vor. Der "Marshallplan" gilt als Wiederaufbauprogramm für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Über den wirtschaftlichen Effekt des Programms besteht bis heute Uneinigkeit.

Lieferung von Eisenbahnwaggons an die Deutsche Reichsbahn, geschmückter Waggon. Foto, November 1948. (© picture-alliance, akg-images | akg-images)

Das European Recovery Program (ERP, vor allem als "Marshallplan" bekannt) war ein US-amerikanisches Wiederaufbauprogramm, das am 5. Juni 1947 in einer Rede vor Studierenden von dem damaligen Außenminister George C. Marshall präsentiert wurde. Am 3. April 1948 hatte der US-Kongress es verabschiedet. Anlass für das Programm waren die Folgen des Interner Link: Zweiten Weltkriegs: die wirtschaftliche Not und politische Instabilität Europas.

Zwischen 1948 und 1952 wurden Hilfsleistungen in Höhe von etwa 12,4 Milliarden Dollar (nach heutigem Wert: etwa 157 Milliarden Euro) nach Europa transferiert. Westdeutschland erhielt insgesamt rund zehn Prozent der Leistungen (1,4 Milliarden Dollar, nach heutigem Wert: etwa 17,9 Milliarden Euro). Größte Empfängerländer des Europäischen Wiederaufbauplans waren Großbritannien und Frankreich.

Die am ERP teilnehmenden europäischen Länder mussten sich auf eine gemeinsame wettbewerbsorientierte Wirtschaftsordnung einigen, um die Hilfsgelder der USA zu erhalten.

Ziele des Marshallplans

Der Marshallplan fällt historisch in die Frühphase des Interner Link: Kalten Krieges: Das Programm sollte aus US-Perspektive auch der Eindämmung des Kommunismus dienen. Durch die wirtschaftliche Schwächung sämtlicher Industriestaaten in West- und Mitteleuropa drohte aus Sicht der USA ein Machtvakuum zu entstehen, das durch kommunistische Kräfte im Osten des Kontinents für eigene Interessen genutzt werden könnte. Die Sowjetunion wiederum beabsichtigte, in Gebieten Ost- und Mitteleuropas, die unter ihrer Kontrolle standen, ein System der Interner Link: Zentralverwaltungswirtschaft ("Planwirtschaft") einzuführen. Die Sowjetführung verbot diesen Staaten die Teilnahme am Marshallplan und stellte im Juli 1947 ihrerseits ein Hilfsprogramm vor (Interner Link: Molotow-Plan).

Nicht zuletzt diente der Wiederaufbauplan auch den eigenen Handelsbeziehungen der USA. Die wiedererstarkenden europäischen Märkte boten in den 1950er-Jahren einen Absatzmarkt für die Überproduktion der US-amerikanischen Wirtschaft.

Bereits am 12. März 1947 hatte US-Präsident Harry S. Truman in einer Rede vor dem Kongress die nach ihm benannte "Interner Link: Truman-Doktrin" verkündet, in der die ideologische Zweiteilung der Welt in einen westlich-demokratischen und einen östlich-kommunistischen Einflussbereich skizziert wurde. Ziel der US-Außenpolitik sollte es fortan sein, die Ausdehnung des sowjetischen Einflussbereiches einzudämmen und andere Regierungen im Kampf gegen den Kommunismus zu stärken.

Not durch den Hungerwinter 1946/47

Ausgangspunkt für die Überlegungen zum Marshallplan war der ungewöhnlich harte Winter Ende 1946 und Anfang 1947. Nahrungs- und Heizmittel waren extrem knapp in Deutschland, nach Schätzungen von Historikerinnen und Historikern starben mehrere Hunderttausend Menschen bei extremer Kälte und minimalen Lebensmittelzuweisungen.

Die Notlage resultierte auch aus den hohen Kriegsverlusten und damit fehlenden Arbeitskräften in der Landwirtschaft sowie in der zerstörten Infrastruktur. Zwar wurde im Ruhrgebiet wieder mehr Kohle gefördert als noch zu Kriegsende. Sie konnte wegen des bis zu 40 Prozent zerstörten Bahnnetzes aber nur stark eingeschränkt an Zielorte transportiert werden. Zudem wurden sowohl in der sowjetischen Besatzungszone wie auch in Westdeutschland Industrieanlagen von den Besatzungsmächten demontiert: Die Vereinbarungen aus dem Interner Link: Potsdamer Abkommen Interner Link: sahen zu dieser Zeit noch vor, die industrielle Produktionskapazität Deutschlands auf dem Stand von 1932 einzufrieren.

Auch in anderen europäischen Ländern war die Situation durch die Folgen des Zweiten Weltkrieges prekär. In Großbritannien etwa wurde die Ernährung der Bevölkerung über Lebensmittelkarten reguliert.

Sachlieferungen und Gegenwertfonds

Die Verteilung der Marshallplan-Hilfen war nach einem komplexen System strukturiert. Primär bestanden sie aus Sachleistungen, die von den USA geliefert wurden – zum Beispiel Weizen und Kraftstoffe. Diese Sachlieferungen waren US-Industrieprodukte, die von der amerikanischen Regierung für den Export bezuschusst wurden. Die Empfängerländer sollten den Gegenwert dieses Zuschusses in Fonds einzahlen, die jeweils in der Landeswährung geführt wurden. Daraus entstand ein zweiter Wirkungskreis des Marshallplans.

Um die Hilfsleistungen mit den europäischen Ländern zu koordinieren, gründeten die USA die Economic Cooporation Administration (ECA). Diese entschied auch gemeinsam mit den jeweiligen Staaten darüber, wie die Gelder aus den Gegenwertfonds ausgegeben wurden. Wichtigster Zweck sollte die Förderung des Wiederaufbaus sein.

Gründung der KfW

In Westdeutschland war der Gegenwertfonds zunächst unter Kontrolle der USA. Ende 1949 wurde er im Zuge des deutsch-amerikanischen Außenhandelsabkommens in ein Sondervermögen überführt. Im November 1948 wurde die Interner Link: Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gegründet. Das öffentlich-rechtliche Kreditinstitut organisierte die Verteilung der Gelder aus dem Fonds und verwaltet bis heute Mittel, die aus dem Gegenwertfonds entstanden sind. Daraus werden mittlerweile beispielsweise Kredite zur Wirtschaftsförderung finanziert.

Für Westdeutschland galt im Marshallplan zusätzlich eine Sonderregelung: Die US-amerikanischen Zuschüsse zu den gelieferten Sachleistungen wurden nur als Kredit gewährt und sollten später zurückgezahlt werden. Durch einen Beschluss der Londoner Schuldenkonferenz von 1953 wurde jedoch geregelt, dass die Bundesregierung nur eine der insgesamt 1,4 Milliarden Dollar bis 1966 abzahlen musste.

Wirkung des Marshallplans

Der Marschallplan war ein wichtiger Beitrag zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft. Über die tatsächliche Wirksamkeit der Hilfen besteht jedoch bis heute Uneinigkeit. Nach Meinung von Wirtschaftshistorikern waren die Hilfsgelder aus dem Plan mit 1,4 Milliarden Dollar zu gering, um einen tragenden Effekt für die deutsche Wirtschaft zu erzielen. Manche sehen in ihm gar eine Interner Link: "grandiose Übung in Public Relations". Der Marshallplan sei vor allem erfolgreich gewesen, weil er auf eine wirtschaftliche Substanz stieß und potenziell starken Volkswirtschaften "Hilfe zur Selbsthilfe" gewährte. In Westdeutschland war nicht zuletzt die Währungsreform von 1948 eine wichtige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Wiederaufstieg.

Der Beitritt zum Marshallplan trug dazu bei, Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zu stabilisieren und die Weichen für die Einführung der Interner Link: Marktwirtschaft in Westdeutschland zu stellen. Durch die Sekundäreffekte des Plans aus dem Gegenwertfonds wurden alte Industrieanlagen modernisiert. Die ERP-Gelder flossen unter der Regie der KfW nach der Deutschen Einheit im Jahr 1990 auch in die Förderung der ostdeutschen Wirtschaft.

Auch für die beginnende europäische Integration hatte der Marshallplan positive Wirkungen. Im Jahr 1950 schlossen sich seine Mitgliedsländer zur Europäischen Zahlungsunion (EZU) zusammen. Diese sollte aushelfen, wenn einzelne Staaten über unzureichende nationale Devisenreserven verfügten. Vor allem in den ersten Nachkriegsjahren war dies wichtig, da die einzelnen europäischen Währungen noch nicht frei wechselbar waren.

Neue "Marshallpläne"

Aktuell wird erneut über Hilfspläne diskutiert, die sich am Vorbild des Marshallplans orientieren. Die G20-Länder beschlossen 2017 auf Vorschlag des deutschen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit einen "Marshallplan für Interner Link: Afrika". Afrikanische Ökonominnen und Ökonomen kritisieren jedoch die Universalperspektive des Plans. Demnach gebe es keine speziellen Vorschläge für einzelne Länder, die die jeweiligen Probleme und Herausforderungen aufgriffen.

In Folge des Interner Link: Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine wird ebenfalls ein Hilfs- und Wiederaufbauprogramm diskutiert. US-Finanzministerin Janet Yellen brachte im Mai 2022 ein Hilfspaket ins Spiel, welches mit dem Marshallplan "vergleichbar" sei. Auch auf dem diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos sprach sich eine Gruppe von Forschern für einen Wiederaufbau der Ukraine aus. Die Kosten für den Wiederaufbau des Landes werden derzeit auf Summen zwischen 500 Milliarden und einer Billion Dollar geschätzt.

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