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Zensus 2022: Volkszählung beginnt Mitte Mai | Hintergrund aktuell | bpb.de

Zensus 2022: Volkszählung beginnt Mitte Mai

Redaktion

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Vom 15. Mai an werden Teile der Bevölkerung stichprobenartig zu ihren Lebensverhältnissen befragt. 2022 werden erstmals auch die Nettokaltmieten sowie Daten zum Leerstand von Immobilien erfasst.

Der Zensus 2022 soll unter anderem Daten darüber liefern, wie Wohnraum in Deutschland verteilt ist. (© picture-alliance/dpa)

Ab Mitte Mai 2022 findet erstmals nach gut elf Jahren wieder ein deutschlandweiter Zensus statt. Der Zensus ist die größte statistische Erhebung des Landes. Über Befragungen und die Auswertung von Verwaltungsdaten wird ermittelt, wie viele Menschen in der Bundesrepublik leben und wie sie wohnen und arbeiten. Vorbereitet und durchgeführt wird der Zensus von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder.

Interner Link: Die EU verpflichtet ihre Mitgliedstaaten auf Grundlage der EU-Verordnung 763/2008 zur Erfassung amtlicher Bevölkerungszahlen. Den rechtlichen Rahmen für die vorbereitenden Arbeiten in Deutschland bildet das Zensusvorbereitungsgesetz. Es regelt etwa die Lieferung von Melderegisterdaten von Städten und Landkreisen an die Statistikbehörden. Grundlage für die konkrete Durchführung der massenhaften Datenerhebung ist das Ende 2019 in Kraft getretene Externer Link: Zensusgesetz. Es legt insbesondere fest, welche Daten erhoben werden dürfen, welche Vorgaben für den Datenschutz gelten und wie die Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern erfolgt.

Valide Statistiken wichtig für politische Entscheidungsfindung

Der Zensus ist für Bund, Länder und Interner Link: Kommunen von erheblicher Bedeutung, um ein demografisches Gesamtbild der hier lebenden Bevölkerung zu erhalten. Bei vielen Entscheidungen sind die verschiedenen Ebenen von Politik und Verwaltung auf genaue Bevölkerungs- und Wohnungszahlen angewiesen, um verlässlich planen zu können. Auf Basis der Zensus-Zahlen werden etwa die Interner Link: Wahlkreise eingeteilt oder die Steuereinnahmen verteilt.

Als das Bundesamt für Statistik 2013 die Ergebnisse der letzten Volkszählung bekannt gab, verlor etwa Berlin auf einen Schlag statistisch rund 180.000 Einwohner und bekam in der Folge deutlich weniger Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zugeteilt. Bayern gewann nach dem Zensus 2011 dagegen einen Wahlkreis hinzu, weil die Volkszählung ein Bevölkerungswachstum im südlichsten Bundesland ergeben hatte. Kommunen benutzen den Zensus für ihre Kita- oder Seniorenheimplanung. Für den sozialen Wohnungsbau sind die Zensus-Zahlen ebenfalls von Bedeutung.

Ursprünglich war der Zensus für 2021 geplant. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Erhebung der Daten jedoch um ein Jahr verschoben.

Registergestützte Bevölkerungszählung

Beim Zensus in Deutschland handelt es sich um eine registergestützte Bevölkerungszählung. Das heißt, es werden möglichst viele Daten aus Verwaltungsregistern genutzt. So werden beispielsweise von der Interner Link: Bundesagentur für Arbeit und anderen Behörden Daten übermittelt. Diese Daten werden durch eine Stichprobe innerhalb der Bevölkerung ergänzt und mit einer Gebäude- und Wohnungszählung kombiniert. Die Mehrheit der Menschen muss deshalb keine Auskünfte geben.

Der Zensus 2022 ist in mehrere Teile unterteilt: in eine Gebäude- und Wohnungszählung sowie eine Bevölkerungszählung. Bei letzterer wird eine zufällig ausgewählte Stichprobe an Bürgerinnen und Bürgern zu ihren Lebensverhältnissen befragt. Erfasst werden etwa Name, Geschlecht, Familienstand, Staatsangehörigkeit sowie Wohn- und Erwerbstatus. Rund drei Viertel der Interviewten werden laut Statistischem Bundesamt zudem Fragen aus einem erweiterten Fragebogen gestellt. Sie müssen auch ihre Bildungsabschlüsse und die Haushaltsgröße angeben. Die Daten werden in einem Online-Fragebogen sowie einem kurzen persönlichen Gespräch erhoben. 2011 wurden 9,1 Millionen Menschen befragt, diesmal rechnet das Statistische Bundesamt mit 9,9 bis 11,4 Millionen.

Auskunftsverweigerern drohen Geldstrafen. Offizieller Stichtag für den Zensus ist der 15. Mai. Da dies ein Sonntag ist, werden die Interviewer aber erst ab dem 16. Mai ausschwärmen. Bereits ab dem 1. Mai haben die sogenannten Begehungen begonnen, bei denen die bundesweit mehreren Zehntausend Interviewer vor Ort anhand des Klingelschilds überprüfen, ob die aus den Melderegistern ausgewählten Adressen stimmen. Die Befragungen dauern voraussichtlich bis August an.

Erstmals werden Kaltmiete und Leerstände abgefragt

Bei der Gebäude- und Wohnungszählung sollen alle deutschlandweit gut 23 Millionen Haus- und Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer oder Verwaltungen von Wohnraum befragt werden. Die Online-Zugangsdaten dafür werden ab dem 9. Mai versandt. Die Interner Link: Statistikämter des Bundes und der Länder wollen sämtliche zivile Wohngebäude und Wohnungen erfassen. Ausgenommen sind nur wenige Gebäude wie Kasernen. Die Gebäude- und Wohnungszählung soll dem Statistischem Bundesamt zufolge flächendeckende Zahlen zur Verteilung von Wohngebäuden und Wohnungen liefern.

Abgefragt werden unter anderem die Art des Gebäudes, Größe, Baujahr sowie die Zahl der Wohnungen und die Eigentumsverhältnisse. Erstmals werden beim Zensus 2022 auch die Nettokaltmieten sowie Daten zum Leerstand einer Immobilie erfasst. Neben der Dauer müssen Besitzer auch die Gründe für Leerstände mitteilen.

Durch die Ergebnisse des Zensus ist damit laut Statistikbehörden erstmals eine regionale Auswertung der Durchschnittsmiete für die unterschiedlichen Haushaltstypen und -größen möglich. "Die neuen Daten des Zensus 2022 kommen dem zunehmenden Bedarf nach bundesweit vergleichbaren kommunalen Mietspiegeln entgegen", teilt das Statistische Bundesamt mit. Zudem soll die Wohnsituation von Haushalten und Familien sowie die Verteilung von verfügbarem Wohnraum besser erfasst werden.

Darüber hinaus erfassen die Statistiker auch Heizungsart und Energieträger der Häuser. Dies kann die Politik bei künftigen Planungen zur erwarteten Altbausanierung und den dafür nötigen Förderumfängen unterstützen, so das Statistische Bundesamt. In einer weiteren Befragung werden Wohnheime und Gemeinschaftsunterkünfte über die Einrichtungsleitungen erfasst – so etwa Studierendenwohnheime oder Kinder-, Alten und Pflegeheime.

Statistikämter für Durchführung verantwortlich

Zur Durchführung des Zensus arbeiten die Statistischen Landesämter und das Statistische Bundesamt nach eigenen Angaben eng zusammen. Sie bereiteten die Befragung gemeinsam vor. Das Statistische Bundesamt kümmert sich unter anderem um die technische Umsetzung.

Die Statistischen Ämter der Länder sind in ihren Bundesländern für die Durchführung der Befragungen verantwortlich. Sie sollen die Daten für die Gebäude- und Wohnungszählung organisieren sowie die Einrichtung von Erhebungsstellen in den Städten und Landkreisen. Deren Hauptaufgabe besteht laut Mitteilung der Statistikbehörden darin, "Erhebungsbeauftragte anzuwerben und die Befragung vor Ort zu koordinieren". Letztere führen insbesondere die Stichprobenbefragungen durch. Sie erhalten eine Aufwandsentschädigung.

Vor allem in ländlichen Regionen etwa in Nord- und Ostdeutschland hatten die Kommunen bis zuletzt Probleme, ausreichend Helfer zu finden. 2011 waren insgesamt rund 80.000 Interviewerinnen und Interviewer unterwegs – diesmal werden allein in Bayern gut 20.000 benötigt. Bundesweit sollen 100.000 Erhebungsbeauftragte im Einsatz sein.

Volkszählung 1987 sorgte für massive Proteste

Die Ergebnisse des Zensus sollen den Planungen zufolge ab Ende 2023 vorliegen. Größeren Widerstand gegen die Volkszählung gab es bislang nicht. Auch die Debatte um den Interner Link: Zensus 2011 war relativ ruhig verlaufen. Der Interner Link: Volkszählung 1987 waren seinerzeit noch massive Proteste vorausgegangen. Gegner der Zählung riefen damals zum Boykott auf. Viele Bürgerinnen und Bürger zweifelten den Nutzen einer Volksbefragung an und befürchteten den Missbrauch der gesammelten Daten. In der Kritik stand vor allem die geplante Methode einer Totalerhebung. Auch dass die Daten mit denen der Melderegister abgeglichen und dabei erstmals mit Hilfe von Computern ausgewertet und gespeichert werden sollten, wurde bemängelt.

Viele fürchteten 1987, zum "gläsernen Bürger" zu werden. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger legten Verfassungsbeschwerde gegen die Volkszählung ein. Im Dezember 1983 fällte das Bundesverfassungsgericht sein abschließendes Urteil, das heute als Meilenstein in der Geschichte des Datenschutzes gilt. Im sogenannten Volkszählungsurteil etablierte das Gericht erstmals das "Recht auf informationelle Selbstbestimmung".

Falschinformationen zum Zensus

Beim Zensus 2022 bleibt der Datenschutz nach Behördenangaben durchgehend gewahrt. Allerdings werden über die Volkszählung auch Falschinformationen verbreitet. Betrüger versuchen, die Durchführung des Zensus auszunutzen. So weisen die Statistikbehörden darauf hin, dass sich die Interviewerinnen und Interviewer keine Daten wie Sozialversicherungsnummer, persönliche Passwörter oder Kontoinformationen vorlegen lassen. Mitunter wird im Internet auch fälschlicherweise behauptet, die Zensus-Daten würden an die Polizei weitergegeben. Externer Link: Detaillierte Informationen zu Falschinformationen können Bürgerinnen und Bürger online abrufen.

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