Digitalisierung und "Gute Arbeit"
Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, stehen traditionell die Forderungen der Arbeiterinnen und Arbeiter im Mittelpunkt politischer Demonstrationen, etwa nach geregelten Arbeitszeiten, nach Krankenversicherung, Lohnfortzahlung oder Urlaub.
Während auch heute in einigen Branchen prekäre Beschäftigungsverhältnisse bestehen, hat sich der
Trotz drängender und oft lebensentscheidender Fragen haben die Maikundgebungen heute nicht mehr die Anziehungskraft wie in der Vergangenheit, die Teilnehmerzahlen sinken seit Jahrzehnten. Folgten 1960 in Berlin noch 750.000 Menschen dem Demonstrationsaufruf, so nahmen 2019 an der offiziellen Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) vor dem Brandenburger Tor nur 13.000 Menschen teil. Im Jahr 2020 fanden aufgrund der Corona-Pandemie erstmals seit der Gründung des Gewerkschaftsbundes im Jahr 1949 keine großen Mai-Kundgebungen auf den Straßen statt. Stattdessen verlagerten die Gewerkschaften ihren Protest ins Netz. Auf der Internetseite des DGB sowie in sozialen Netzwerken wurde eine digitale Live-Show übertragen. Im Pandemiejahr 2021 fand neben einem Livestream auch unter anderem eine Kundgebung vor dem Brandenburger Tor mit rund 250 Teilnehmenden statt. Für 2022 sind erstmals wieder bundesweit Demonstrationen und Versammlungen geplant.
Ursprung: Der "Moving Day" in den USA
Seinen Ursprung hat der "Tag der Arbeit" in den USA. Dort war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts der 1. Mai der Stichtag, zu dem viele Arbeitsverträge endeten oder neu abgeschlossen wurden. An diesem so genannten "Moving Day" mussten viele Menschen ihre Arbeitsstelle und ihren Wohnort wechseln.
Am 1. Mai 1886 gingen in mehreren Städten in den USA rund 400.000 Arbeiterinnen und Arbeiter auf die Straße und forderten einen Achtstundentag. In den folgenden Tagen kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen: Die Polizei erschoss mehrere
Die erste internationale Arbeitervereinigung, genannt
Umkämpfter 1. Mai in Deutschland
In Deutschland fasste die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP, später SPD) im Oktober 1889 den Beschluss, den 1. Mai als Tag der Arbeiterbewegung zu begehen. Obwohl sie nicht zu einem allgemeinen Streik aufrief, legten am 1. Mai 1890 etwa 100.000 Menschen in Deutschland aus Protest ihre Arbeit nieder. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber reagierten unter anderem mit Entlassungen.
Der 1. Mai etablierte sich in der Folgezeit als Festtag der Arbeiterbewegung, wurde jedoch nur 1919 einmalig als gesetzlicher Feiertag begangen. Die Arbeiterbewegung war in der Weimarer Republik gespalten: Während die SPD den 1. Mai als Festtag begehen wollte, unterstrich die Kommunistische Partei (KPD) den Kampfcharakter des Tages. 1929 war die Zahl der Arbeitslosen aufgrund des weltweiten Konjunkturrückgangs erstmals auf über drei Millionen gestiegen. Trotz eines Demonstrationsverbots organisierte die KPD Mai-Demos in Berlin, wobei es zu gewaltsamen Ausschreitungen mit über 30 Toten, hunderten Verletzten und vielen Verhaftungen kam. Dieser Tag ging als sogenannter Blutmai in die Geschichte ein.
1933 wurde die
Neue Soziale Bewegungen
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der 1. Mai 1946 durch den
In der Bundesrepublik nutzten vor allem Gewerkschaften den Tag für Massenkundgebungen mit wechselnden arbeits- und friedenspolitischen Schwerpunkten. Doch es erwies sich als zunehmend schwieriger, neue soziale Bewegungen – etwa die Umweltbewegung oder die Studentenbewegung – und die klassische Arbeiterbewegung zu versöhnen. In den achtziger Jahren etablierten sich vor allem in Berlin und Hamburg gewaltsame Maidemonstrationen von einer radikalisierten autonomen Szene.
Am 1. Mai 1990 riefen ost- und westdeutsche Gewerkschaften erstmals zu gemeinsamen Demonstrationen auf.
Tag der Arbeit 2022: Maikundgebungen wieder vor Ort
Für den 1. Mai 2022 plant der DGB unter dem Motto Externer Link: „GeMAInsam Zukunft gestalten“ nach zwei Jahren digitalem Protest wieder Aktionen vor Ort. In Berlin, Leipzig, Kassel, Frankfurt am Main und weiteren Städten sind Kundgebungen geplant. In der Hauptstadt spricht der Bundesvorsitzende des DGB Reiner Hoffmann.
In diesem Jahr steht der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine im Mittelpunkt der Veranstaltungen. Einen weiteren Schwerpunkt setzen die Gewerkschaften mit der Auseinandersetzung über den digitalen und ökologischen Wandel der Arbeitswelt. Dieser solle nach Angaben des DGB unter Beteiligung der Beschäftigten sozial, ökologisch und demokratisch gestaltet werden.