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26. September: Berliner Abgeordnetenhauswahl

Redaktion

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Parallel zur Bundestagswahl waren in Berlin am 26. September ca. 2,4 Millionen Wahlberechtige dazu aufgerufen, ein neues Landesparlament zu wählen. 34 Parteien standen zur Wahl. Wichtige Themen des Wahlkampfes waren unter anderem steigende Mietpreise und die Verkehrspolitik.

Franziska Giffey wird mit der SPD Wahlsiegerin der Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin. (© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/POOL | Soeren Stache)

Zeitgleich zu den Bundestagswahlen fanden am 26. September auch in Berlin Wahlen statt. Wählerinnen und Wähler waren dazu aufgerufen, ein neues Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen in den zwölf Berliner Bezirken zu wählen. Außerdem stimmten die Wahlberechtigten in einem Volksentscheid über die geplante Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen mit über 3000 Wohnungen ab.

Wahlergebnisse der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2021

Mit 21,4% Prozent der Stimmen hat die SPD die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus laut den vorläufigen Wahlergebnissen der Externer Link: Landeswahlleiterin gewonnen. Damit erreichte die Partei in etwa das gleiche Wahlergebnis wie bereits 2016. SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey wird ihrem Parteikollegen Michael Müller somit als Regierende Bürgermeisterin nachfolgen. Sie ist damit die erste Frau, die dieses Amt in Berlin übernimmt. Zweitplatziert sind die Grünen mit 18,9 Prozent. Damit verbesserten sie sich gegenüber 2016 um fast 4 Prozentpunkte. Die CDU belegt hinter SPD und Grünen Platz drei mit insgesamt 18,1% der Zweitstimmen. Die Linke belegt Platz vier mit 14,0 Prozent. Hohe Verluste verzeichnet den vorläufigen Wahlergebnissen zufolge die AfD. Mit 8 % der Stimmen verzeichnet sie gegenüber 2016 ein Minus von 6,2% (zuvor 14,2%). Die FDP folgt der AfD mit 7,2% und erreicht damit in etwa ihr Wahlergebnis von 2016.

Für den von der Initiative „Deutsche Wohnungen & Co enteignen“ initiierten Volksentscheid über die Vergesellschaftung kommerziell orientierter Wohnungskonzerne mit über 3000 Wohnungen sprachen sich laut Externer Link: Wahlleitung 56,4% Prozent aus. 39% Prozent stimmten dagegen.

Noch ist offen, in welcher Konstellation die SPD unter Giffey in Berlin eine Regierungskoalition bilden möchte. Grundsätzlich möglich wäre eine "Kenia-Koalition" mit den Grünen und der CDU. Rechnerisch möglich wäre auch eine "Ampel-Koalition" aus SPD, Grünen und der FDP. Auch eine "Deutschland-Koalition" aus SPD, CDU und FDP wäre denkbar. Ob die SPD wie bereits zuvor mit der Linken und den Grünen koaliert, bleibt ebenso offen.

Am Wahltag des 26. September war es wiederholt zu organisatorischen Problemen gekommen. Wegen vertauschter Stimmzettel mussten Wahllokale Friedrichshain/ Kreuzberg und Charlottenburg/ Wilmersdorf zwischenzeitlich geschlossen werden. Auch wegen ausgegangener Stimmzettel mussten mehrere Wahllokale zeitweise die Abstimmung unterbrechen. An einigen Wahllokalen warteten die Wählerinnen und Wähler bis zu zwei Stunden, um ihre Stimme abzugeben.

Wie wird in Berlin gewählt?

Interner Link: Die Wahl zum Abgeordnetenhaus findet nach einem gemischten Wahlsystem, dem sogenannten personalisierten Verhältniswahlrecht statt. Jeder Wahlberechtigte hat zwei Stimmen. Die Erststimme gilt dem Wahlkreiskandidaten (bei insgesamt 78 Wahlkreisen), die Zweitstimme der Parteiliste. In den Wahlkreisen gilt die Kandidatin oder der Kandidat als gewählt, die oder der die relative oder absolute Mehrheit der Erststimmen auf sich vereint. Die Gesamtzahl aller Abgeordneten wird nach dem Verhältnis der Zweitstimmen bestimmt. Das Berliner Parlament besteht aus mindestens 130 Abgeordneten. Gewinnt eine Partei mehr Direktmandate als ihr nach dem Zweitstimmenverhältnis zustehen würde, bekommen die anderen Parteien Ausgleichsmandate. Deshalb sitzen derzeit 160 Mandatsträger im Abgeordnetenhaus.

Wahlberechtigt sind alle Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft im Alter von über 18 Jahren, die seit mindestens drei Monaten in Berlin gemeldet sind. Berlin hat derzeit rund 3,7 Millionen Einwohner, davon sind ca. 2,4 Millionen Wahlberechtigte – somit kann mehr als ein Drittel der Berliner Bevölkerung nicht wählen; den größten Teil hiervon machen die 789.000 Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft aus.

Gewählt wird alle fünf Jahre, die Sperrklausel liegt bei fünf Prozent der abgegebenen Stimmen. Bis zum 24. September konnten die Wählerinnen und Wähler Briefwahl beantragen. So konnte u.a.. sichergestellt werden, dass auch quarantänepflichtige Personen an der Wahl teilnehmen können.

Wer stand zur Wahl?

Zur Abgeordnetenhauswahl 2021 traten 34 Parteien an.

Vor dem Berliner Abgeordnetenhaus steht ein Plakat zur Wahlmobilisierungskampagne 2021 mit der Aufschrift "Reingehen. Ankreuzen. Rausgehen". (© picture-alliance/dpa, Christophe Gateau)

Der bis zur Wahl am 26. September Regierende Bürgermeister Müller erklärte im Januar 2020, dass er nicht noch einmal als Spitzenkandidat der SPD bei der Abgeordnetenhauswahl antreten wolle. Im Februar 2021 wurde er zum Kandidaten für den Bundestag im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf gewählt. Dabei setzte er sich gegen die derzeitige Staatssekretärin in der Senatskanzlei, Sawsan Chebli durch.

Die frühere Bundesfamilienministerin und jetzige Vorsitzende und Spitzenkandidatin der Berliner SPD, Franziska Giffey, führte Berliner Abgeordnetenhauswahl die SPD-Liste als Spitzenkandidatin an.

Spitzenkandidat der CDU war der Bundestagsabgeordnete Kai Wegner, welcher derzeit auch Vorsitzender des Landesverbandes der CDU ist. Für die Grünen trat Landesvorsitzende Bettina Jarasch an.

Die Liste der Linken wurde vom Kultursenator Klaus Lederer angeführt. Die FDP ging mit dem 38-jährigen Sebastian Czaja ins Rennen, die AfD mit Kristin Brinker.

Wahlkampfthemen 2021 in Berlin

Eines der wichtigsten Themen in Berlin sind die steigenden Mietpreise. Dies spiegelte sich auch im Wahlkampf wider. Die zuvor regierende Koalition aus SPD, Grünen und Linke hatte dazu im Sommer 2019 das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin ("Mietendeckel") verabschiedet, welches im Februar 2020 in Kraft trat. Es sah unter anderem einen Mietpreisstopp und einheitliche, landesweit geltende Obergrenzen für Kaltmieten bei Wiedervermietungen vor sowie ein gesetzliches Verbot überhöhter Mieten. Für viele Mieter und Mieterinnen besonders in den zentraleren Bezirken Berlins bedeutete das Gesetz eine deutliche Kostenentlastung.

Das Modell stand von Anfang an in der Kritik. Ein wichtiger Punkt war, dass Berlin nicht das Recht habe, ein Landesgesetz in einem Bereich zu beschließen, in dem der Bund bereits 2015 mit der Interner Link: Mietpreisbremse eine allgemein gültige Regulierung getroffen habe. So sah es im April 2021 auch das Externer Link: Bundesverfassungsgericht und erklärte den Mietendeckel für mit dem Grundgesetz unvereinbar und deshalb nichtig. So wurde am Tag der Abgeordnetenhauswahl ein Interner Link: Volksentscheid über die Interner Link: Vergesellschaftung des Immobilienbesitzes von großen Konzernen wie der Deutschen Wohnen stattfinden abgehalten.

Ein weiteres wichtiges Thema in Berlin ist die Interner Link: Verkehrspolitik. Der rot-rot-grüne Senat hatte ein umfangreiches Mobilitätsgesetz angekündigt, das 2018 beschlossen wurde. Es schreibt den Vorrang des Umweltverbundes aus öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV), Fuß- und Radverkehr fest. Eine geplante Erweiterung des Gesetzes – unter anderem sollte damit die Zahl der Autos in der Innenstadt reduziert werden – scheiterte im Sommer 2021. Auch der Ausbau der Autobahn A 100 durch die Stadt ist ein Streitpunkt zwischen den Parteien. Die Grüne-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sprach sich zuvor, genau wie die Linke, für einen Baustopp und eine Umnutzung der bisher fertiggestellten Strecke aus. CDU, FDP, AfD und auch SPD halten an dem Bauprojekt fest.

Wer regierte vorher?

Bei der Interner Link: Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September 2016 wurde die Interner Link: SPD mit 21,6 Prozent der Stimmen stärkste Kraft. Dahinter folgte die Interner Link: CDU (17,6 Prozent) sowie drei Parteien, die ähnlich hohe Wahlergebnisse erzielten: Interner Link: DIE LINKE (15,6 Prozent), die Interner Link: Grünen (15,2 Prozent) und die Interner Link: Alternative für Deutschland, AfD (14,2 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 67 Prozent. Am 16. November, knapp zwei Monate nach der Wahl, einigten sich SPD, Grüne und Linke auf einen Koalitionsvertrag. Der zur Wahl am 26. September Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), seit 2014 im Amt, wurde wiedergewählt und blieb bis zur Wahl am 26. September im Amt. Der Berliner Exekutive gehören außerdem vier Senatorinnen und Senatoren der SPD an, jeweils drei Senatsmitglieder entstammten zuvor der Linken und den Grünen.

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