Historischer Hintergrund
Am 20. Juli 1906 erhielten Frauen in Finnland das uneingeschränkte Wahlrecht. Erstmals in einem europäischen Land durften damit auch Frauen das Parlament wählen (aktives Wahlrecht) und sich selbst zur Wahl zu stellen (passives Wahlrecht).
Im schwedisch-russischen Krieg (1808-1809) hatte das russische Zarenreich Finnland erobert. Erst am 6. Dezember 1917 erlangte Finnland seine Unabhängigkeit. 1906 stand Finnland somit unter der Herrschaft des Russischen Reichs. Für die Reformierung des Wahlrechts war deshalb die Zustimmung des russischen Zaren und Großfürsten von Finnland, Nikolaus II, notwendig.
Trotz der Zugehörigkeit zum Russischen Reich besaß Finnland als autonomes Großfürstentum weitgehende Autonomie. Es hatte einen Vierständelandtag – in dem Adel, Kirche, Bürger und Freibauern vertreten waren – sowie ein eigenes Grundgesetz. Das Wahlrecht für diesen Landtag besaßen jedoch nur 15 Prozent der männlichen Bevölkerung.
Proteste und Generalstreik
Mit dem Februarmanifest hatte Zar Nikolaus II. im Jahr 1899 die finnische Autonomie im Russischen Reich aufgehoben. Das löste Proteste in Finnland aus. Die finnische Bevölkerung wollte ihre weitgehende Unabhängigkeit zurückgewinnen. Gleichzeitig forderte die Arbeiterbewegung, in der auch Frauen eine wichtige Rolle einnahmen, soziale Ungleichheit zu bekämpfen. Das Wahlrecht für alle war eines der zentralen Themen ihres Kampfes. Ende Oktober 1905 kam es zu einem Generalstreik.
Um die Lage zu beruhigen, entschied der russische Zar den Forderungen nachzugeben. Das Novembermanifest stellte nicht nur die finnische Autonomie wieder her, sondern sah auch eine Reform des Vierständelandtags vor. Am 20. Juli 1906 bestätigte der Zar die neue Landtagsverordnung. Das Ständesystem Finnlands wurde durch ein Einkammer-Parlament ersetzt, das in allgemeinen und gleichen Wahlen bestimmt wurde. Nun durften alle finnischen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen ab 24 Jahren wählen – unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrem gesellschaftlichen Stand.
Parlamentswahlen in Finnland 1907
Bei den Parlamentswahlen 1907 stellten sich 62 Kandidatinnen erstmals zur Wahl. Am 25. Mai 1907 zogen neben 181 Männern schließlich auch 19 Frauen in das finnische Parlament, die Eduskunta, ein. Die meisten Frauen gehörten der Sozialdemokratischen Partei (auf Finnisch: Suomen sosialidemokraattinen puolue) an, die auch die meisten Stimmen – 80 Sitze im Parlament – erhielt. Eine von ihnen war Miina Sillanpäa. Sie blieb rund 40 Jahre im finnischen Parlament und war 1926 als Sozialministerin die erste Frau in einem finnischen Ministeramt.
Kampf um das Frauenwahlrecht in anderen Ländern
In Neuseeland erhielten Frauen bereits 1893 das aktive Wahlrecht. In Australien wurde das aktive und passive Wahlrecht für Frauen im Jahr 1902 eingeführt. Allerdings war die indigene Bevölkerung bis 1962 von der Wahl ausgeschlossen.
Der Kampf um das Frauenwahlrecht wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch in vielen anderen Teilen Europas geführt. In Großbritannien kämpften die Suffragetten (suffrage, deutsch: Wahlrecht) – teilweise militant – für mehr Rechte. In Berlin gründete sich 1904 der Weltbund für das Frauenstimmrecht, an dem Frauenrechtlerinnen aus acht Ländern teilnahmen.
Nachdem Finnland das Frauenwahlrecht 1906 eingeführt hatte, folgten in Europa Norwegen (1913), Dänemark und Island (1915), Estland (1917) sowie Lettland (1918). In Deutschland führte der
Frauenwahlrecht heute
1953 sprachen die Vereinten Nationen in der Konvention über die politischen Rechte der Frau allen Frauen das aktive und passive Wahlrecht zu. Inzwischen wurde das Frauenwahlrecht in fast allen Ländern der Welt eingeführt. Seit 2005 haben Frauen auch in