Am 30. Mai wählt die Interner Link: Republik Zypern ein neues Parlament. Im griechischen Süden der geteilten Insel im östlichen Mittelmeer leben etwa 880.000 Menschen. Das Land ist eine präsidiale Demokratie. Daher hat das Parlament in Zypern weniger Macht als in Staaten mit einer parlamentarischen Demokratie wie beispielsweise Deutschland. Das Abgeordnetenhaus im griechischen Teil Zyperns ist ein Einkammerparlament und wird in allgemeinen Wahlen alle fünf Jahre auf Grundlage eines Verhältniswahlrechts gewählt.
Die Exekutivgewalt in der Republik Zypern wird vom Präsidenten ausgeübt, der Staatsoberhaupt und Regierungschef ist und alle fünf Jahre direkt vom Volk gewählt wird. Seit Februar 2013 hat Nikos Anastasiades, ehemaliger Vorsitzender der christdemokratisch-konservativen Partei Dimokratikos Synagermos (DISY), dieses Amt inne. Der Staatspräsident ernennt die Minister. Diese dürfen dem Parlament nicht angehören. Die Gesetzgebung liegt beim Abgeordnetenhaus der Republik.
Wie wird in der Republik Zypern gewählt
Die Mitglieder des Parlaments in Nikosia werden für eine Legislaturperiode von fünf Jahren nach dem Verhältniswahlrecht in sechs Wahlkreisen gewählt. Die Wählerinnen und Wähler müssen sich für die Liste einer Partei entscheiden. Innerhalb der Liste können einzelne Kandidatinnen und Kandidaten gewählt werden. Damit eine Partei ins Parlament einziehen kann, benötigt sie mindestens 1,8-Prozent der Stimmen. Wahlberechtigt sind alle zypriotischen Staatsbürgerinnen und -bürger ab 18 Jahren. Das passive Wahlalter liegt mit 25 Jahren deutlich höher als in den meisten anderen EU-Ländern. Gesetzlich besteht eine Wahlpflicht.
Eigentlich hat das Parlament in der Hauptstadt Nikosia 80 Abgeordnete. Derzeit gehören ihm allerdings nur 56 griechisch-zypriotische Vertreterinnen und Vertreter an. Die 24 Sitze für türkisch-zypriotische Abgeordnete sind seit den Unruhen zwischen den beiden Volksgruppen im Jahre 1963 vakant.
Geteiltes Zypern
Die Konflikte zwischen der griechisch-zypriotischen Mehrheit und der türkisch-zypriotischen Minderheit prägten die jüngere Geschichte der Insel. Bis zur Unabhängigkeit im August 1960 war Zypern eine britische Kolonie. Bereits Ende 1963 kam es zu den ersten blutigen Unruhen auf der Insel, nachdem die griechisch-zypriotische Führung die verfassungsmäßigen Rechte der türkischen Zyprioten grundlegend einzuschränken versuchte. Durch das Eingreifen der USA und der UNO wurde zwar eine Eskalation verhindert, dennoch führte diese Krise zur Bildung von türkisch-zypriotischen Enklaven und legte den Grundstein für den späteren Teilungsprozess. Die Hauptstadt Nikosia wurde von der UN-Friedensmission in einen griechischen Süd- und einen türkischen Nordteil gespalten.
Nachdem es 1974 zu einem von der griechischen Militärjunta durchgeführten Putsch auf der Insel kam, um diese mit Griechenland zu vereinen, besetzte die Türkei im Sommer 1974 fast 40 Prozent des Inselterritoriums. Seither ist Zypern de facto in einen griechisch-zypriotischen Teil im Süden und einen türkisch-zypriotischen Teil im Norden geteilt. 1983 rief der Norden der Insel die "Türkische Republik Nordzypern" aus, die international jedoch nur von der Türkei anerkannt wird.
Im April 2004 stimmten beide Volksgruppen in separaten Referenden über einen Wiedervereinigungsplan ab, der vom damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan vorgelegt worden war und die Gründung einer Konföderation aus zwei Teilstaaten mit weitreichender Autonomie und eigenen Substaatsbürgerschaften vorsah. Diese historische Chance wurde verpasst: Am 24. April 2004 stimmten 76 Prozent der griechischen Zyprioten gegen die Wiedervereinigung, während 65 Prozent der türkischen Zyprioten dafür stimmten. Am 1. Mai 2004 trat der griechisch-zypriotische Teil der Insel, die Republik Zypern, der EU bei.
Ungelöste Zypernfrage
Auch in der Folge blieb die
Im April 2021 unternahm UN-Generalsekretär António Guterres bei den Zypern-Gesprächen in Genf einen weiteren Vermittlungsversuch, doch die Fronten sind verhärtet. Die türkisch-zypriotische Seite fordert eine Zwei-Staatenlösung. Die Republik Zypern möchte dagegen weiter über einen vereinten Staat Zypern mit zwei Bundesstaaten verhandeln. Der im Oktober 2020 gewählte türkisch-zypriotische Präsident Ersin Tatar sprach sich klar gegen eine Wiedervereinigung der beiden Inselteile aus.
UN-Generalsekretär Guterres will im Sommer 2021 eine neue informelle Gesprächsrunde einberufen. In den vergangenen Jahren verschlechterte sich das Verhältnis zwischen der Republik Zypern samt dem verbündeten Griechenland und der Türkei zunehmend. Spannungen gibt es aktuell wegen der Öl- und Erdgasreserven vor der Küste Zyperns im östlichen Mittelmeer. Sowohl die Republik Zypern und Griechenland als auch die Türkei und Nordzypern erheben darauf Ansprüche. Der EU gelang es bis zuletzt nicht, in dem Erdgas-Streit zu vermitteln.
Zurzeit gibt es kaum Kontakte zwischen dem türkischen Norden und dem griechischen Süden. Die Übergänge in den Norden wurden von der zypriotischen Regierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie geschlossen.
Was sind die wichtigsten Wahlkampf-Themen?
Das wichtigste Thema des Wahlkampfes war neben möglichen Lösungen für den Zypernkonflikt und Korruptionsvorwürfen die Corona-Pandemie. Die Republik Zypern hatte zuletzt sehr hohe Infektionszahlen. So zählte der dortige 14-Tage-Inzidenzwert pro 100.000 Einwohner Mitte Mai laut Medienberichten zu den höchsten in der EU und betrug zuletzt über 500.
Für kontroverse Debatten in Medien und Öffentlichkeit sorgte die Einführung des sogenannten Safepasses. Dieser erlaubt es, öffentliche Orte aufzusuchen. Den Safepass erhalten Covid 19-Genesene sowie Menschen, die bereits mit mindestens einer Dosis Impfstoff geimpft wurden oder einen negativen Schnelltest vorweisen können, der nicht älter als 72 Stunden ist. Kritikerinnen und Kritiker sehen darin die Einführung einer indirekten Impfpflicht. Die Anwaltskammer des Landes bezeichnete die Einführung des Safepasses als verfassungswidrig.
Wer tritt an und wer liegt in den Umfragen vorn?
Bei den letzten Parlamentswahlen im Mai 2016 wurde die Regierung im Amt bestätigt: Die konservative DISY ist mit 30,7% stärkste Partei und verfügt über 18 von 56 Parlamentssitzen. Der 2018 wiedergewählte Präsident Nikos Anastasiades sowie ein Teil der vom Präsidenten ernannten Kabinettsmitglieder wie etwa der Außenminister gehören der DISY an. Im Parlament hat die konservative Demokratische-Sammelbewegung keine Mehrheit.
Die DISY rangierte in einer Umfrage im Mai bei etwa einem Viertel der Stimmen. Damit lag sie nur knapp vor der größten Oppositionspartei, der "Fortschrittspartei des werktätigen Volkes" (AKEL). Diese früher kommunistische und heute demokratisch-sozialistische Partei kam in einer Umfrage im Mai auf ein Fünftel der Stimmen. Vor fünf Jahren erhielt AKEL, die von 2008 bis 2013 den Staatspräsidenten gestellt hatte, 16 von 56 Sitzen.
Drittgrößte Partei in Zypern ist die zentristisch-nationalistische Demokratische Partei DIKO, die mit 14,5 Prozent bei der letzten Parlamentswahl neun Sitze im Abgeordnetenhaus gewann. Bei einer Umfrage aus dem Mai lag sie bei 12 Prozent. Die rechtsextreme Nationale Völkische Front (ELAM) könnte laut der Umfrage im Vergleich zur Wahl 2016 zulegen und demnach auf rund sieben Prozent der Stimmen hoffen. Mit ELAM hatten vor fünf Jahren erstmals zwei rechtsextreme Abgeordnete den Einzug in das zypriotische Parlament geschafft. Die Grünen (KOSP), die bislang zwei Abgeordnete stellen, könnten Umfragen zufolge ebenfalls sieben Prozent erhalten. Die sozialdemokratische EDEK stellt drei Abgeordnete und lag in Umfragen zuletzt bei sechs Prozent.
Darüber hinaus zogen 2016 die liberale Partei Symmachia Politon (SYPOL) und die rechte Partei Kinima Allilengyi (KA) ins Abgeordnetenhaus ein. Ihnen werden auch in diesem Jahr wieder Chancen auf einen Einzug ins Parlament zugerechnet. Zudem geht eine neue Partei ins Rennen: Die im Jahr 2018 gegründete Partei „Demokratische Front“ (DIPA) ist aus einer Abspaltung ehemaliger DIKO-Mitglieder hervorgegangen. Auch diesmal könnten Prognosen zufolge mehr als ein halbes Dutzend Parteien Mandate im zypriotischen Abgeordnetenhaus erhalten. Sowohl DISY als auch AKEL befürworten Wiedervereinigungsverhandlungen mit Nordzypern. Die meisten kleineren Parteien sind dagegen. Die Zahl der Kandidatinnen und Kandidaten, die bei der Parlamentswahl antreten, ist laut zypriotischen Medienberichten so hoch wie noch nie.