Als Leiter des Referats IV B 4 ("Judenangelegenheiten, Räumungsangelegenheiten") im "Reichssicherheitshauptamt" war Adolf Eichmann für die Deportation von mehreren Millionen Juden in die Konzentrationslager verantwortlich. Bei der
Nach Kriegsende tauchte der einstige SS-Obersturmbannführer zunächst in Deutschland unter. Er floh aus US-amerikanischer Kriegsgefangenschaft, lebte einige Zeit am Chiemsee und war unter anderem als Holzarbeiter unter dem Namen "Otto Henninger" in der Lüneburger Heide tätig. 1950 floh Eichmann mit Hilfe des Vatikans nach
Schon Anfang der 1950er-Jahre waren deutschen Behörden Gerüchte über den Aufenthaltsort von Eichmann bekannt geworden. Aus Akten, die 2011 der Öffentlichkeit bekannt wurden, geht hervor, dass sich die
Hinweis aus Argentinien
1957 erhielt der damalige hessische Generalstaatsanwalt
Der israelische Geheimdienst Mossad wurde in Argentinien tätig. Anfangs liefen die Ermittlungen ins Leere – auch weil die Agenten nicht glauben wollten, dass Eichmann in vergleichsweise einfachen Verhältnissen lebte. Am 11. Mai 1960 schließlich wurde Eichmann durch Mossad-Agenten entführt. Zwischen Israel und Argentinien existierte kein Auslieferungsabkommen, das eine völkerrechtlich legitimierte Überstellung Eichmanns geregelt hätte.
Prozessbeginn im April 1961
Elf Monate später, am 11. April 1961, begann in Israel der Prozess gegen Adolf Eichmann vor dem Jerusalemer Bezirksgericht. Chefankläger war der Generalstaatsanwalt Gideon Hausner. Rund 1.600 Dokumente lagen den Richtern als Beweismaterial vor. Zusätzlich wurden etwa 100 Zeugen gehört. Sie berichteten über die Gräueltaten der Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern. Nach acht Monaten Prozess wurde Eichmann am 15. Dezember in allen fünfzehn Anklagepunkten für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Eichmann selbst bekannte sich im Sinne der Anklage für nicht schuldig. Er betonte immer wieder, nur auf Befehle anderer gehandelt zu haben: "Die Führerschicht, zu der ich nicht gehörte, hat die Befehle gegeben, sie hat, meines Erachtens, mit Recht Strafe verdient für die Gräuel." In der Nacht zum 1. Juni 1962 wurde Eichmann in Israel hingerichtet.
Der Prozess – übertragen in Radio und Fernsehen – sorgte international für Aufsehen. Die Zeugenaussagen von Überlebenden trugen das Thema Holocaust an die Öffentlichkeit. Auch für Israel markierte er einen Wendepunkt. Waren die
Debatte um Hannah Arendts Buch
Auch in der deutschen Öffentlichkeit weckte der Eichmann-Prozess ein größeres Interesse an der Aufklärung der NS-Verbrechen. Spätestens mit den ab 1963 folgenden, von Fritz Bauer angestoßenen Frankfurter Auschwitz-Prozessen, wuchs ein Bewusstsein dafür, dass die Verfolgung nationalsozialistischer Verbrechen bis dahin unzulänglich betrieben worden war. Ein weiteres Beispiel für dieses veränderte Bewusstsein war die
Hannah Arendt im Jahr 1976 (Public Domain, American Memory) Lizenz: cc publicdomain/zero/1.0/deed.de
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Zu einer kontroversen Diskussion trug auch die Philosophin und Publizistin Hannah Arendt bei, die den Prozess als Pressekorrespondentin vor Ort verfolgte und ihre Beobachtungen in dem Buch "Eichmann in Jerusalem" veröffentlichte. Arendt polarisierte mit ihrer Charakterisierung der Verbrechen Eichmanns als "Banalität des Bösen". Mit ihrer Begriffsprägung wollte Arendt auf das Phänomen aufmerksam machen, dass "das Böse" Bestandteil einer unauffälligen Normalität sein kann – Massenmord verrichtet als gedankenloser Akt eines einfachen Bürokraten und Befehlsempfängers.
Ob Arendt Eichmanns Verhalten richtig deutete, ist bis heute umstritten. Neuere Forschungen, unter anderem von der Philosophin Bettina Stangneth, legen jedoch nahe, dass Eichmann keinesfalls der unauffällige, einfache Beamte war, für den er sich selbst ausgab. Während des Prozesses sei er in die Rollen seiner Untergebenen geschlüpft und habe deren Tätigkeit als seine eigene ausgegeben, um seine Bedeutung herunterzuspielen. Mit dieser Täuschung habe Eichmann, der in Wahrheit eine herausgehobene Stellung im NS-Staat innehatte, weithin Erfolg gehabt, so Stangneth.