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Vor 75 Jahren: Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki | Hintergrund aktuell | bpb.de

Vor 75 Jahren: Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki

Redaktion

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Am 6. und 9. August 1945 warfen die USA über den japanischen Großstädten Hiroshima und Nagasaki zwei Atombomben ab. Bis heute leiden Menschen unter den Folgen des Kernwaffeneinsatzes.

Die Ruinen einer ehemaligen Ausstellungshalle in Hiroshima erinnern bis heute als Friedensdenkmal an den Abwurf der Atombombe "Little Boy". (© picture-alliance, Zoonar / Marco Brivio)

Japans Aufstieg zur regionalen Großmacht

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Interner Link: Teile des ost- und südostasiatischen Raums durch europäische Kolonialmächte besetzt. Japan hatte seine Unabhängigkeit bewahren können und stieg nach dem Sieg im Russisch-Japanischen Krieg in den Jahren 1904/05 zu einer regionalen Großmacht auf. In Korea errichtete Japan bald ein Protektorat, das 1910 vom japanischen Kaiserreich als Kolonie annektiert wurde. Im Jahr 1926 bestieg Hirohito den japanischen Kaiserthron. Nationalistische Kräfte gewannen zunehmend an Einfluss.

Mit dem Deutschen Reich schloss Japan im November 1936 den "Antikominternpakt". Darin vereinbarten die beiden Staaten die Bekämpfung der "Kommunistischen Internationalen" (Komintern), weitere Staaten traten in den Folgejahren bei. Ende 1937 begann der Zweite Chinesisch-Japanische Krieg, in dessen Folge Japan große Gebiete in Ostchina besetzte. Dabei gingen die Soldaten oft mit brutaler Gewalt vor: Beim Massaker von Nanking, das am 13. Dezember 1937 begann, wurden unterschiedlichen Schätzungen zufolge zwischen 40.000 und 200.000 Zivilistinnen und Zivilisten ermordet. Japan beanspruchte die Vormachtstellung in Asien. In der "Großasiatischen Wohlstandszone" sollten die verbliebenen Kolonialmächte vertrieben und die Länder unter japanischer Führung gewaltsam vereint werden.

Japanischer Angriff auf Pearl Harbor

Als Wendepunkt im japanischen Großmachtstreben gilt der Angriff auf den US-amerikanischen Flottenstützpunkt Pearl Harbor auf Hawaii am 7. Dezember 1941, der dazu führte, dass die USA in den Interner Link: Zweiten Weltkrieg eintraten. In den folgenden Jahren wurde die japanische Einflusssphäre im Pazifik zurückgedrängt. Im März und im Juni 1945 fielen die Verteidigungsstellungen Iwojima und Okinawa, die bereits zum japanischen Staatsgebiet gehörten. Dennoch war nicht abzusehen, dass das Kaiserreich kapitulieren würde.

Am 16. Juli 1945, während der Interner Link: Potsdamer Konferenz, schlossen die USA den Test der ersten Kernwaffenexplosion weltweit – der "Trinity"-Bombe – erfolgreich ab. Am 24. Juli befahl US-Präsident Harry S. Truman, die Atombombe über Japan einzusetzen, je nach Wetterlage über einer der Städte Hiroshima, Kokura, Niigata oder Nagasaki. Am gleichen Tag soll Truman auf der Potsdamer Konferenz den sowjetischen Führer Josef Stalin über die Existenz einer „neuen Waffe spezieller zerstörerischer Stärke“ informiert haben. Laut Berichten der sowjetischen Delegation wusste Stalin bereits von dem erfolgreichen Test einer amerikanischen Atombombe und befahl, die Entwicklung einer sowjetischen Atombombe zu intensivieren. Dieser Zeitpunkt gilt daher auch als Beginn des atomaren Rüstungswettlaufs.

Angriffe auf Hiroshima und Nagasaki

Die Stadt Hiroshima war das erste Angriffsziel der US-amerikanischen Streitkräfte. Aufgrund ihrer industriellen und militärischen Anlagen war die Stadt auch von strategischer Bedeutung. Die Bombe mit dem Codenamen "Little Boy" wurde am 6. August 1945 um 8:15 Uhr Ortszeit abgeworfen. In der Stadt mit damals schätzungsweise 300.000 Einwohnerinnen und Einwohner wurden unterschiedlichen Angaben zufolge zwischen 90.000 und 120.000 Menschen sofort getötet oder erlagen in den folgenden Monaten ihren Verletzungen. Etwa 90 Prozent der Häuser wurden zerstört oder stark beschädigt.

Ein Kriegsberichterstatter geht mehrere Wochen nach dem Atombombenabwurf durch die Trümmer der Stadt Hiroshima. (© picture-alliance/AP)

Da die japanische Regierung auch nach dem Bombenabwurf auf Hiroshima nicht bedingungslos kapitulierte, entschied sich die US-Regierung für den Abwurf einer zweiten Bombe. Zunächst war die Hafenstadt Kokura als Einsatzort vorgesehen. Aufgrund der starken Bewölkung wurde das etwas mehr als 100 Kilometer entfernte Nagasaki angeflogen. In Nagasaki starben zwischen 60.000 und 80.000 Menschen.

Die Opferzahlen beider Bombenabwürfe sind bis heute umstritten. Nicht von allen Menschen wurden die sterblichen Überreste im Detonationszentrum der Bomben gefunden und auch viele Aufzeichnungen, wer in der Stadt lebte, wurden dabei vernichtet. Außerdem starben Zehntausende in den darauffolgenden Monaten und Jahren an den Folgen des Angriffs.

Am 15. August wandte sich der japanische Kaiser Hirohito in einer Radioansprache an die Öffentlichkeit und sagte, dass Japan nun "das Unvermeidbare erdulden" und den Kampf beenden müsse. Die bedingungslose Kapitulation wurde am 2. September an Bord des US-Schlachtschiffes Missouri unterzeichnet und gilt als Ende des Zweiten Weltkriegs.

Zahlreiche Krebsfälle als Spätfolge

Hunderttausende Überlebende der beiden Atombombenabwürfe von 1945 hatten mit schweren Folgen zu kämpfen. Dazu gehören Krankheiten, die direkt durch die Strahlung ausgelöst wurden oder Verbrennungen, aber auch Spätfolgen – wie zum Beispiel Krebserkrankungen und Missbildungen bei Kindern. In Japan werden die Überlebenden "Hibakusha" genannt. Sie haben, so sie als Opfer anerkannt werden, Anspruch auf kostenlose ärztliche Behandlung.

In den ersten zehn Jahren stieg unter den Hibakusha die Zahl der Leukämie-Erkrankungen an. Später traten vermehrt Fälle von Schilddrüsen-, Brust-, Lungen- und Blasenkrebs auf. Ob die Strahlung Einfluss auf nachkommende Generationen hat, wird unter anderem von der US-amerikanisch-japanischen Externer Link: "Radiation Effects Research Foundation" untersucht. Bisher wurden dafür von dem Forschungsinstitut keine stichhaltigen Anhaltspunkte gefunden.

Erinnerung in Hiroshima

Die Interner Link: Erinnerungskultur an den Atombombenangriff spiegelt sich auch im Wiederaufbau Hiroshimas wider. Der "Atombombendom" – ein ehemaliges Ausstellungsgebäude aus Backstein mit einer markanten Kuppel, das als eines der wenigen im Stadtzentrum den Bombenabwurf zumindest in seinen Grundstrukturen überdauerte – wurde als Mahnmal für den 6. August 1945 belassen. Außerdem wurde ein so genannter "Friedensboulevard" angelegt. In vielen anderen japanischen Städten erinnert heute dagegen nur noch wenig an den Zweiten Weltkrieg.

Seit 1947 wird in Hiroshima am 6. August um 8:15 Uhr die "Friedensglocke" geläutet. Im Rahmen einer Zeremonie wird der Toten von damals gedacht. Der jeweils regierende Bürgermeister ruft zur Abschaffung von Atomwaffen auf und appelliert, für Frieden in der Welt einzutreten. In seiner 1946 verabschiedeten Verfassung verpflichtet Japan sich, nie mehr Krieg zu führen. Zudem beschloss das Land im Jahr 1967 die "Nicht-Nuklearprinzipien", nach denen es den Besitz und die Einfuhr von Atomwaffen ablehnt. Allerdings kam es im Zuge der nuklearen Aufrüstung in Nordkorea wiederholt zu Debatten, ob diese Prinzipien überdacht werden müssten.

Internationale Debatte über die Bombenabwürfe

In den USA begann bereits kurz nach dem Abwurf der beiden Atombomben eine heftige Debatte über den Einsatz nuklearer Waffen. So soll der damalige Oberkommandierende der US-Streitkräfte in Europa, General Dwight D. Eisenhower, gegen den Einsatz gewesen sein. Nach Beginn des Kalten Krieges näherten sich die USA und Japan wieder an. Bis heute sind zahlreiche US-Soldatinnen und US-Soldaten in Basen auf japanischem Territorium stationiert, Japan wird außerdem vom US-amerikanischen Nuklearschirm geschützt. Im Jahr 2016 nahm mit Barack Obama erstmals ein US-Präsident an der Gedenkfeier in Hiroshima teil. Eine Entschuldigung für den Bombenabwurf sprach er jedoch nicht aus.

Eine Studie des Pew Research Centers zeigte 2015, dass damals nur noch 56 Prozent der US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner der Ansicht waren, dass der Atombombenangriff von 1945 gerechtfertigt gewesen sei. Auch der Anteil jener, die dem Abwurf aus nicht näher definierten Gründen zustimmten, sank von 85 Prozent im Jahr 1945 auf 57 Prozent im Jahr 2005.

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