Trotz der
Wegen fehlender legaler Migrationswege in die Europäische Union (EU) wählen viele Migrantinnen und Migranten und Menschen auf der Flucht den gefährlichen Weg über das Mittelmeer. Externer Link: Nach Angaben von UNHCR erreichten im
Viele Flüchtlinge reisen über die Türkei ein
Eine Route der Flüchtenden führt über das östliche Mittelmeer. Bis zum Abschluss des
Die Zahl der Flüchtenden, die die besonders gefährliche zentrale Mittelmeerroute von Libyen oder Tunesien nach Italien oder Malta nahmen, ist 2020 wieder stark angestiegen und lag im gleichen Zeitraum laut Angaben von UNHCR bei etwa 12.000 Menschen.
Zudem versuchen seit Jahren vorwiegend Geflüchtete aus afrikanischen Ländern über die westliche Mittelmeeroute von Algerien und Marokko auf das spanische Festland zu gelangen. Nach Externer Link: Angaben der UNHCR erreichten mehr als 10.600 Menschen auf diesem Weg die EU, davon fast 9.400 über den Seeweg.
Im gesamten Mittelmeerraum blieben die Ankünfte bis Ende Juni hinter dem Vorjahreszeitraum zurück. Bis zum 27. Juli wurden Externer Link: insgesamt rund 32.000 irreguläre Einreisen in die EU über das Mittelmeer registriert.
Über 20.000 Menschen ertrunken
Bei der versuchten Überfahrt sind laut Schätzungen von UNHCR seit 2014 rund 20.000 Menschen verschollen oder ertrunken. Oft sind die von
Seenotrettung und Bekämpfung der Schlepper
Nach mehreren Schiffskatastrophen mit Hunderten Toten vor Lampedusa richtete die italienische Regierung im Oktober 2013 die Operation Mare Nostrum ein, die in italienischen und internationalen Gewässern rund 150.000 Menschen aus Seenot rettete. Sie wurde im November 2014 von der Operation Triton (2014 bis 2018) abgelöst, die durch die europäische Grenzschutzagentur Frontex koordiniert wurde. Zudem wurde 2015 der Kampf gegen Schleppernetzwerke durch die von der EU getragene EUNAVFOR MED Operation Sophia intensiviert. Obwohl Seenotrettung nicht zum Kernauftrag der Militäroperation gehörte, wurden im Rahmen der Mission seit August 2015 mindestens 44.000 Personen gerettet.
Menschrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Pro Asyl kritisieren jedoch, dass die EU-Operationen in den letzten Jahren zunehmend auf den Kampf gegen Schleuser und irreguläre Migration ausgerichtet seien, was zu Lasten der Seenotrettung gehe. Sie betonen, dass nur ein europäisches Seenotrettungsprogramm und legale Fluchtwege das Sterben an Europas Grenzen beenden können.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Kooperation mit lybischen Behörden. Seit 2016 beteiligt sich die EU, unter anderem im Rahmen der Operation Sophia, an
EU-Mission Sophia wurde im letzten Einsatzjahr stark eingeschränkt
Im Frühjahr 2019 kam der maritime Teil die
Der seither auf Luftaufklärung beschränkte Einsatz der Operation Sophia wurde Ende März 2020 nicht mehr verlängert. Stattdessen hat die EU eine neue Nachfolgemission namens "Irini" in der Nähe Libyens gestartet, die vor allem den Waffenschmuggel in das Bürgerkriegsland Libyen unterbinden soll. Die Schiffe sollen jedoch vor allem abseits der Flüchtlingsrouten unterwegs sein. In der Praxis dürften die Boote der teilnehmenden EU-Staaten deshalb wohl nur wenige Menschen retten.
Zivilgesellschaftliche Seenotrettung
Seit dem Ende der Operation Mare Nostrum engagieren sich zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NGOs), darunter auch mehrere deutsche, in der zivilen Seenotrettung. Während ihre Einsätze Tausende Menschen retteten, bekamen die NGOs in den vergangenen Jahren Probleme, gerettete Menschen an Land zu bringen bzw. eine
Auch gibt es Kritik an der privaten Seenotrettung. Den Helferinnen und Helfern wird vorgeworfen, als Brücke nach Europa zu wirken und damit indirekt dazu beizutragen, dass mehr Menschen in Erwartung von Rettung die Überfahrt wagen. Den Schleusern würde so das Geschäft erleichtert, da diese sich darauf verlassen würden, dass Flüchtlinge in internationalen Gewässern gerettet werden. Befürworter der zivilen Seenotrettung, wie die
Schiffbrüchige müssen gerettet werden
Rechtlich ist die Lage klar: Wer Schiffbrüchige auf hoher See antrifft, muss diese Menschen retten.
Internationales SeerechtDie völkerrechtliche Pflicht zur Seenotrettung
Die Seenotrettung ist "in maritimen Traditionen verankert" (Externer Link: Wissenschaftliche Dienste des Bundestages) und inzwischen auch völkervertraglich festgeschrieben: Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 verpflichtet alle auf See befindlichen Schiffe grundsätzlich zur Rettung von in Seenot geratenen Personen. Die UN-Konvention wurde von 167 Staaten ratifiziert.
Artikel 98: Pflicht zur Hilfeleistung
(1) Jeder Staat verpflichtet den Kapitän eines seine Flagge führenden Schiffes, soweit der Kapitän ohne ernste Gefährdung des Schiffes, der Besatzung oder der Fahrgäste dazu imstande ist,
a) jede Person, die auf See in Lebensgefahr angetroffen wird, Hilfe zu leisten;
b) so schnell wie möglich Personen in Seenot zu Hilfe zu eilen, wenn er von ihrem Hilfsbedürfnis Kenntnis erhält, soweit diese Handlung vernünftigerweise von ihm erwartet werden kann; […]
(Quelle: Externer Link: Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen)
Die Rettung von Menschen in Seenot ist Gegenstand von zwei weiteren völkerrechtlichen Abkommen: Das Externer Link: SOLAS-Übereinkommen verpflichtet Schiffe, Personen in Seenot unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit an einen sicheren Ort zu bringen. Das Internationale Übereinkommen über Seenotrettung (Externer Link: SAR-Abkommen) soll die effektive Koordinierung von Rettungseinsätzen durch die Küstenstaaten zu sicherstellen.
Keine einheitliche Lösung für die Aufnahme von Geretteten
Beim Problem einer gerechteren Verteilung der auf hoher See geretteten Menschen hatte es zwischenzeitlich erste Fortschritte gegeben. Im September 2019
Seenotrettung in der Corona-Krise
Das Malta-Abkommen wurde Ende März 2020 vorerst ausgesetzt – nach Angaben Maltas und Italiens aufgrund der Corona-Pandemie. Wann und ob das Malta-Abkommen erneuert wird, ist derzeit noch unklar. Zivile Rettungsorganisationen kritisierten, dass hierdurch internationales Recht außer Kraft gesetzt werde. Für sie gestaltete es sich in der Folge deutlich schwieriger, von Ihnen gerettete Menschen an Land zu bringen.
Ebenso wie andere EU-Staaten kündigte Deutschland im Juni jedoch an, bald wieder Menschen aus Italien und Malta aufzunehmen. Zudem erklärte sich die Bundesregierung bereit, aus humanitären Gründen 400 weitere Geflüchtete aus griechischen Lagern aufzunehmen. Anfang Juli appellierte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei einem informellen Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen, die Verantwortung für die geretteten Menschen gerechter zu verteilen.
Reform des Europäischen Asylsystems
Seit Jahren ringt die EU um eine Reform des gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Während der deutschen Ratspräsidentschaft will die deutsche Bundesregierung die Reform nun vorantreiben. Dabei soll unter anderem eine neue EU-weite Aufnahmeregelung gefunden werden, die das Dublin-Abkommen ablösen soll – eine Einigung dürfte jedoch schwierig werden.