Am 29. März 1955 unterzeichneten Bundeskanzler Konrad Adenauer und Dänemarks Ministerpräsident Hans Christian Hansen auf dem Petersberg bei Bonn die Bonn-Kopenhagener Erklärungen. Sie bekräftigen die Gleichbehandlung der dänischen Minderheit in Deutschland und der deutschen Minderheit in Dänemark bei gleichzeitiger Anerkennung ihrer kulturellen und politischen Interessen. Bis heute gelten die Vereinbarungen als Erfolgsmodell für die Ausgestaltung von Minderheitenrechten. Wieso war ein solches Abkommen zwischen Deutschland und Dänemark notwendig?
Nach Volkabstimmungen wird Schleswig 1920 zweigeteilt
Als Folge des Deutsch-Dänischen Krieges im Jahr 1864 gelangte das Herzogtum Schleswig und später auch Holstein unter preußische Herrschaft. Damit lebte auf einmal eine große dänische Minderheit auf preußischem und mit der
Nach dem Ersten Weltkrieg legte der
Im
Erstarkende dänische Bewegung in Südschleswig
Bereits kurz nach der Kapitulation der Wehrmacht bestätigte die dänische Regierung am 9. Mai 1945, am Grenzverlauf festhalten zu wollen. Die pro-dänische südschleswigsche Bewegung hingegen engagierte sich für einen Volksentscheid über den Anschluss des Landesteils an Dänemark und organisierte sich politisch, um für dieses Ziel zu kämpfen. Bei den ersten Landtagswahlen in Schleswig-Holstein 1947 trat der Südschleswigsche Verein (SSV) zur Wahl an und erreichte 9,3 Prozent der Stimmen.
Am 25. Juni 1948 wurde der
Gleichstellung der Minderheiten
Südlich der Grenze hatte die CDU-geführte Landesregierung zwar eine 7,5-Prozenthürde für den Einzug in den Landtag beschlossen, diese wurde jedoch 1952 vom Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklärt. Dennoch gelang es dem SSW 1954 mit 3,5 Prozent der Stimmen aufgrund der Fünf-Prozent-Hürde nicht, in den Landtag einzuziehen.
Nicht nur der verpasste Einzug in den Landtag, auch finanzielle Kürzungen für dänische Schulen in Südschleswig sorgten auf dänischer Seite für Unmut. Zeitgleich strebte die Bundesregierung den
Schließlich unterzeichneten die Regierungschefs beider Staaten, Konrad Adenauer und Hans Christian Hansen, am 29. März 1955 die Bonn-Kopenhagener Erklärungen. Wie bereits in der Kieler Erklärung von 1949 auf deutscher Seite geschehen, erklärte Dänemark, die deutsche Minderheit der dänischen Mehrheit im Land gleichzustellen. Beide Länder sprachen den Minderheiten das Recht zu, eigene Kindergärten zu eröffnen und Schulen einzurichten, deren Abschlüsse staatlich anerkannt werden sollten.
Minderheit wer will
Zentraler Bestandteil der Erklärungen ist das Prinzip der Bekenntnisfreiheit: „Das Bekenntnis zum deutschen/dänischen Volkstum und zur deutschen/dänischen Kultur ist frei und darf von Amts wegen nicht bestritten oder nachgeprüft werden“, heißt es in den Erklärungen. In der Praxis bedeutet das: deutsch ist, wer deutsch sein will – dänisch ist, wer dänisch sein will.
Außerdem verpflichteten sich beide Regierungen, Angehörigen der jeweiligen Minderheiten den Gebrauch der gewünschten Sprache in Wort und Schrift zu ermöglichen. Darüber hinaus wurde die SSW im Zusammenhang mit den Bonn-Kopenhagener Erklärungen von der Sperrklausel bei den Landtagswahlen ausgenommen. So war die SSW seit 1958 stets im Landtag vertreten und von 2012 bis 2017 sogar an der Regierung beteiligt. Eine ähnliche Regelung bestand für die Bundestagswahl schon seit Beginn der 1950er-Jahre. Der SSW musste nur so viele Stimmen bekommen, wie für einen Sitz im Bundestag notwendig. Seit 1965 ist der SSW allerdings zu keiner Bundestagswahl mehr angetreten.
Ein Erfolgsmodell?
Auch in der jüngeren Vergangenheit dienten die Bonn-Kopenhagener Erklärungen als Bezugspunkt. So scheiterte 2013 eine Wahlprüfbeschwerde gegen die Ausnahme des SSW von der Fünf-Prozent-Klausel vor dem Landesverfassungsgericht auch aufgrund der in den Bonn-Kopenhagener Erklärungen vereinbarten Grundsätze. Auseinandersetzungen hatte es in den vergangenen Jahren auch gegeben, als 2012 die Zuschüsse des Landes für dänische Schulen gekürzt werden sollten.
Oftmals werden die Bonn-Kopenhagener Erklärungen als Erfolgsmodell in Fragen der Minderheitenpolitik bezeichnet. Allerdings handelt sich um internationale Verträge zwischen zwei Staaten, die sich nur bedingt als Vorbild auf oftmals innerstaatlich verortete Minderheitenkonflikte in anderen Ländern übertragen lassen.