Aus der dritten Parlamentswahl in Israel innerhalb eines Jahres geht der "Likud" von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu als stärkste Fraktion hervor: Nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen kommt der "Likud" künftig auf 36 Sitze (September 2019: 32 Sitze). Die Partei "Kachol Lavan" von Herausforderer Benny Gantz erhält voraussichtlich 33 Sitze in der Knesset (September 2019: 33 Sitze). An dritter Stelle folgt mit 15 Sitzen erneut die "Vereinte Liste", einem Bündnis aus den vier hauptsächlich arabischen Parteien "Ta'al", "Chadasch", "Balad" und "Ra'am" (September 2019: 13 Sitze).
Fünf weitere Parteien ziehen in das israelische Parlament ein: Im konservativen und religiösen Lager die Partei "Schas" (9 Sitze) sowie die Bündnisse "Vereinigtes Thora-Judentum" (7 Sitze) und "Jamina" (6 Sitze); im progressiven Spektrum das Bündnis "Awoda-Gescher-Meretz" (7 Sitze). Die nationalistische Partei "Jisra’el Beitenu" erhält 7 Sitze. Die Wahlbeteiligung lag bei 71 Prozent und damit etwas höher als bei den vergangenen zwei Parlamentswahlen im April und September 2019.
Regierungsbildung offen
Ministerpräsident Netanjahu kann das Wahlergebnis als Sieg verbuchen. Entgegen der Vorwahlumfragen und trotz der gegen ihn erhobenen Anklagen gegen Bestechlichkeit, Betrug und Untreue ist es ihm gelungen, einen deutlichen Vorsprung vor der Partei "Kachol Lavan" seines Kontrahenten Benny Gantz zu erzielen.
Offen bleibt aber auch nach dieser Wahl, ob Netanjahu eine Regierungsmehrheit bilden kann. Für eine mehrheitsfähige Koalition braucht er die Unterstützung von mindestens 61 der insgesamt 120 Abgeordneten. Das konservativ-religiöse Lager um Netanjahu kommt nach aktuellem Stand aber nur auf 58 Mandate. Das Mitte-Links-Lager um Kachol-Lavan, zu dem neben den progressiven Parteien auch die "Vereinte Liste" gezählt wird, kommt voraussichtlich auf 55 Sitze. Damit gilt die nationalistische Partei "Jisra’el Beitenu" von Avigdor Lieberman als "Königsmacher". Auch eine große Koalition aus "Likud" und "Kachol Lavan" könnte einen Ausweg aus der Regierungskrise bieten.
Das Endergebnis der Wahl wird in der nächsten Woche vorliegen. Sobald das endgültige Ergebnis feststeht, entscheidet der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin, wen er mit der Regierungsbildung beauftragt. Traditionell erhält der Chef der stärksten Fraktion diese Aufgabe. Offen ist aber nicht nur, ob Netanjahu eine Mehrheit bilden kann, sondern auch, ob ihm trotz bestehender Anklage das Mandat zur Regierungsbildung erteilt werden darf.
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