Inoffiziell stecken die Demokraten und Republikaner schon lange im Vorwahlkampf um das höchste Amt in ihrem Land. Offiziell ging es am 3. Februar mit den sogenannten Caucuses in Iowa und am 11. Februar mit den Primaries in New Hampshire los: Beide großen Parteien stimmten dort zum ersten Mal über Delegierte ab, die auf den Nominierungsparteitagen im Sommer die Kandidatin oder den Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im November bestimmen. Die Vorwahlen in den vergleichsweisen kleinen Bundesstaaten mit nur 3,15 Millionen Menschen in Iowa und 1,4 Millionen in New Hampshire gelten als erster wichtiger Stimmungstest.
Fünf Demokraten mit Aussichten auf eine Nominierung
Während es bei den Republikanern bisher keine ernsthafte Konkurrenz gegen US-Präsident Donald Trump gibt, gehen bei den Demokraten aktuell neun Kandidatinnen und Kandidaten ins Rennen. In landesweiten Umfragen im Vorfeld der Vorwahlen erhielten allerdings nur fünf von ihnen durchschnittliche Zustimmungswerte von mehr als fünf Prozent.
Als aussichtsreichste Kandidaten galten bis zur Wahl in Iowa zwei ältere Herren und eine Frau: Joe Biden, der unter Präsident Barack Obama Vizepräsident war, gilt als erfahrenster Kandidat. Jahrzehntelang saß der 77-Jährige für den Staat Delaware im Senat. Auf seiner Kampagnenwebseite wirbt er um die Stimmen der Mittelschicht und stellt auch außenpolitische Forderungen in den Fokus. Er möchte die Verhältnisse zu den amerikanischen Verbündeten wieder normalisieren.
Die linken Alternativen zum moderaten Biden sind der parteilose Senator von Vermont Bernard "Bernie" Sanders (78) und die demokratische Senatorin von Massachusetts Elizabeth Warren (70). Senator Sanders vertritt im amerikanischen Kontext eine sehr linke Agenda, möchte beispielsweise eine allgemeine, staatliche Krankenversicherung und eine ökologische Wirtschaftspolitik ("Green New Deal") vorantreiben. Senatorin Warren setzt hingegen einen ihrer Wahlkampf-Schwerpunkte auf die Kontrolle der Finanzkonzerne und der Industrie. Sie fordert unter anderem eine zweiprozentige Steuer auf Vermögen von über 50 Millionen Dollar und will einem Großteil der Amerikanerinnen und Amerikanern ihre Schulden aus Studienkrediten erlassen.
Bloomberg tritt erst am "Super Tuesday" zur Wahl an
Neben Joe Biden und den beiden Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren liegt auch der ehemalige Bürgermeister von South Bend, Indiana, bei den Umfragen vorne: Pete Buttigieg (38) möchte als Präsident in eine staatliche Krankenversicherung sowie in Schulen und Bildung investieren. In seiner Kampagne legt er auch einen Plan für den Kampf gegen den Klimawandel vor. Ihm gelang es, sich in Iowa gegen die Favoriten Biden und Sanders durchzusetzen. Wegen einer technischen Panne verzögerte sich die Auszählung der demokratischen Vorwahl in Iowa. Das Wahlkampfteam von Bernie Sanders forderte deswegen, die Ergebnisse zu überprüfen.
In New Hampshire war das Ergebnis knapp: Als Sieger ging Bernie Sanders hervor, während Pete Buttigieg an zweiter Stelle lag. Für Überraschungen sorgte das Abschneiden von Amy Klobuchar, der Senatorin von Minnesota: Während die Umfragen ihr keine Chancen ausrechneten, erhielt sie in New Hampshire den dritthöchsten Anteil an Stimmen. Sie gilt ebenfalls als moderate Kandidatin, die Stimmen im ruralen und vorstädtischen Milieu auf sich vereinen könnte. Sie fordert unter anderem, die öffentliche Krankenversicherung auszuweiten und den Mindestlohn anzuheben.
Nach den Vorwahlen in Iowa und New Hampshire entsenden die Demokraten zum Nominierungsparteitag aktuell 23 Delegierte für Pete Buttigieg, 21 für Bernie Sanders, acht für Elizabeth Warren, sieben für Amy Klobuchar und sechs für Joe Biden.
Ein altbekanntes Gesicht ist im November 2019 hinzugekommen: Der frühere Bürgermeister von New York und Milliardär Michael Bloomberg (77) verspricht unter anderem Arbeitsstellen zu schaffen und Treibhausgase bei der Energieversorgung oder im Verkehr zu senken. Für seine Kampagne wählt er eine außergewöhnliche Strategie: Er tritt bei den ersten vier Vorwahlen nicht an, sondern steigt erst am "Super Tuesday" am 3. März in das Rennen ein, wenn in 14 Bundesstaaten sowie in Amerikanisch-Samoa und von den "Democrats Abroad" gewählt wird. Erstmals ist in diesem Jahr auch der bevölkerungsreichste Bundesstaat Kalifornien dabei, der 495 Delegierte für den Parteitag der Demokraten im Sommer stellt.
Impeachment gegen Trump inmitten des US-Wahlkampfs
Auch die Republikaner halten in vielen Staaten Vorwahlen ab. Allerdings hat US-Präsident Donald Trump bereits am Tag seines Amtsantrittes, am 20. Januar 2017, seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 angekündigt. Seitdem sammelt seine Kampagne Spendengelder und hält auch Wahlkampfveranstaltungen ab – die erste fand bereits Mitte Februar 2017 statt. Das verschafft ihm einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen republikanischen Gegenkandidaten: dem Geschäftsmann Roque De La Fuente, dem ehemaligen Kongressabgeordneten und Radiomoderator Joe Walsh und dem früheren Gouverneur von Massachusetts Bill Weld.
In einigen Staaten verzichtet die Republikanische Partei auf Vorwahlen, etwa in Kansas und Nevada. Stattdessen sprechen die Parteispitzen dieser Bundesstaaten die Stimmen ihrer Delegierten dem amtierenden Präsidenten Trump zu. Sie begründen dieses Vorgehen mit den hohen Kosten, die die Vorwahlen verursachen, und mit ihrer Unterstützung für den Präsidenten.
Das Amtsenthebungsverfahren (engl. Impeachment) gegen Präsident Trump prägte den Beginn des Wahlkampfjahres. Die Demokraten hatten Trump Amtsmissbrauch vorgeworfen, weil er in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Juni 2019 zu Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Biden gedrängt haben soll. Als Druckmittel soll Trump unter anderem eine Militärhilfe von fast 400 Millionen Dollar an die Ukraine wochenlang zurückgehalten haben. Die Präsidenten Trump und Selenskyj bestreiten die Vorwürfe. Nachdem das mehrheitlich von den Demokraten dominierte Repräsentantenhaus (Demokraten: 235 Sitze, Republikaner: 199 Sitze) am 18. Dezember 2019 für die Anklage gegen Präsident Trump und die Eröffnung des Amtsenthebungsverfahrens gestimmt hatte, sprach der mehrheitlich von den Republikanern dominierten Senat (Demokraten: 45 Sitze, Republikaner: 53 Sitze) den Präsidenten am 5. Februar von den Vorwürfen frei.
Donald Trump wirbt im Wahlkampf mit dem Slogan "Keep America Great!" für eine Fortsetzung seiner Politik, beispielsweise in Fragen seiner Wirtschafts- und Einwanderungspolitik. Die Demokraten wiederum suchen nach einer Antwort auf die Frage, wie sie die einst an Trump verlorene Wählerschichten zurückgewinnen können. Das spiegelt sich auch in der Auseinandersetzung zwischen einer moderaten und einer eher linksgerichteten Politik innerhalb der Partei wider.
Auch andere Parteien können Kandidatinnen und Kandidaten für die Präsidentschaftswahl nominieren. Aufgrund des relativen Mehrheitswahlrechts der USA stellten jedoch bisher die Demokraten oder die Republikaner den Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Infokasten
Warum gibt es Vorwahlen?
Die amerikanischen Vorwahlen dienen der Nominierung der Präsidentschaftskandidatinnen und -kandidaten. Das Verfahren ist nicht in der US-amerikanischen Verfassung geregelt, sondern historisch gewachsen und ist in den Bundesstaaten unterschiedlich geregelt. Manche Bundesstaaten veranstalten Caucuses (Versammlungen), andere Primaries (Wahlen). Bei den Vorwahlen, die zwischen Februar und Juni stattfinden, stimmen die Wahlberechtigten über ihre Wunschkandidatin oder ihren Wunschkandidaten ab. Die Ergebnisse beauftragen die Delegierten des Bundesstaates auf den Nominierungsparteitagen beider großer Parteien über die Präsidentschaftskandidatinnen oder –kandidaten abzustimmen.
Die Stimmen werden meist nach Proportionalität vergeben, wobei die Vorwahlen der Republikaner in manchen Staaten nur eine Gewinnerin oder einen Gewinner küren. In manchen Bundesstaaten werden der Gewinnerin oder dem Gewinner außerdem Bonusstimmen zugesprochen. Einige Staaten legen auch einen Stimmanteil fest, den die Kandidatinnen und Kandidaten erreichen müssen, um Delegiertenstimmen zu erhalten.
Die Anzahl der stimmberechtigten Delegierten, die jeder Bundesstaat zum Nominierungsparteitag schicken kann, ist normalerweise abhängig von der Einwohnerzahl. Deshalb darf beispielsweise Iowa nur 41 Delegierte schicken und das bevölkerungsreiche Kalifornien 495. Zusätzlich zu den Delegierten, die an die Wahlergebnisse in den Bundesstaaten gebunden sind, entsenden die Parteien auch Superdelegierte, die frei in ihrer Stimmabgabe sind. Der Parteitag der Demokraten wird vom 13. bis zum 16. Juli in Milwaukee, Wisconsin, stattfinden. Die Republikaner werden ihren Parteitag vom 24. bis zum 27. August in Charlotte, North Carolina, abhalten.
Wie laufen die Vorwahlen ab?
Die Primaries, die vom jeweiligen Bundesstaat ausgerichtet werden, ähneln einer normalen Wahl. Es wird zwischen Open Primaries und Closed Primaries unterschieden. Bei Open Primaries dürfen alle Wahlberechtigten eines Bundesstaates abstimmen und müssen sich davor nicht ausdrücklich zu einer Partei bekennen. Bei Closed Primaries ist es zwar auch nicht notwendig Parteimitglied zu sein, jedoch müssen sich die Teilnehmenden explizit bei der Abstimmung oder Registrierung zu einer Partei bekennen.
Traditionell bilden die Caucuses in Iowa den Auftakt für die Vorwahlen. Ein Caucus gleicht einer Bürgerversammlung mit anschließender Abstimmung und wird im Gegensatz zu den Primaries von den Parteien ausgerichtet. An Caucuses können ausschließlich Wählerinnen und Wähler der jeweiligen Partei teilnehmen. In Iowa versammeln sich die registrierten Wählenden an einem zentralen Ort in ihrem Wahlbezirk. Das können Kirchen oder Sporthallen sein, mitunter aber auch Wohnzimmer. Dort beraten sie sich und stimmen offen darüber ab, welche Präsidentschaftskandidatin oder welchen Präsidentschaftskandidaten sie unterstützen möchten. Dem Stimmverhalten entsprechend stimmen die Delegierten auf den Parteitagen ab.