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Welttag gegen Menschenhandel

Redaktion

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Am 30. Juli begehen die Vereinten Nationen den Welttag gegen Menschenhandel. Auch in Europa ist das Problem präsent. Zwar haben EU und Bundesregierung in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen beschlossen, doch es gibt auch Kritik.

Menschen nehmen am 17.10.2015 in Stuttgart an der Demonstration "Walk for Freedom" teil. Die Demo soll ein Zeichen gegen Menschenhandel setzen. (© picture alliance / dpa | Christoph Schmidt)

Menschenhandel ist eine schwere Menschenrechtsverletzung, die fast alle Staaten der Welt betrifft – ob als Herkunfts-, Transit- oder Zielland für die Opfer. Weltweit ist die Zahl der aufgedeckten Fälle von Menschenhandel nach Angaben des 2018 veröffentlichten Externer Link: Global Report on Trafficking in Persons des Interner Link: Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (United Nations Office on Drugs and Crime, UNODC) stark angestiegen. Im Jahr 2003 wurden rund 7.600 Fälle festgestellt, im Jahr 2016 waren es fast 25.000. Das liegt einerseits daran, dass für den letzten Bericht 97 Länder Zahlen an das UNODC übermittelten, 2003 waren es nur 39 Länder. Doch auch die Zahl der durchschnittlichen Fälle pro Land stieg im Vergleichszeitraum um gut ein Viertel an.

Der UNODC-Bericht folgert, dass der Anstieg entweder auf verbesserte Verfahren zur Identifizierung von Opfern oder aber auch auf eine insgesamt höhere Opferzahl zurückzuführen sei. Da Menschenhandel nur schwer aufzudecken ist, muss man von einer hohen Dunkelziffer ausgehen, viele Staaten außerhalb Europas und Nordamerikas registrieren vergleichsweise wenige Delikte, weil sie kaum Maßnahmen zur Identifizierung und Bekämpfung von Menschenhandel ergriffen haben. Die meisten Fälle betrafen Menschenhandel mit dem Ziel der sexuellen Ausbeutung oder der Zwangsarbeit.

Was ist Menschenhandel?

Von Menschenhandel ist die Rede, wenn Personen gezielt in ausbeuterische Verhältnisse gebracht werden. Die Vereinten Nationen haben Menschenhandel in einem Zusatzprotokoll zur Konvention gegen transnationale organisierte Kriminalität aus dem Jahr 2000 – dem sogenannten Externer Link: Palermo-Protokoll – auf drei Ebenen definiert: Handlung, Mittel und Zweck.

Die Vereinten Nationen definieren "Menschenhandel" in Art. 3 des sogenannten Palermo-Protokolls (© Sonja Dolinsek)

Demnach bedeutet Menschenhandel die "Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen" (Handlung) durch "die Androhung oder Anwendung von Gewalt", aber auch durch "andere Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung und Machtmissbrauch" (Mittel). Ziel des Menschenhandels ist es stets, Menschen auszubeuten (Zweck). Formen der Ausbeutung können dabei "sexuelle Ausbeutung, Zwangsarbeit" oder "Interner Link: Sklaverei, sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Entnahme von Organen" sein.

Das heißt aber auch, dass Menschenhandel nicht gleichzusetzen ist mit Ausbeutung. Die eine Straftat geht lediglich der anderen voraus: Während Menschenhandel in Ausbeutung mündet, ist nicht jeder Fall von Ausbeutung gleichbedeutend mit Menschenhandel. Außerdem ist Menschenhandel vom Begriff des Menschenschmuggelns (oder Schleusens) zu unterscheiden: Menschenschmuggel findet in der Regel in beiderseitigem Einvernehmen statt, zudem endet dieser mit dem Transport der Person in das jeweilige Zielland.

Über 11.000 registrierte Opfer in der EU

Auch in der Europäischen Union (EU) werden jedes Jahr Tausende Opfer von Menschenhandel. Im Jahr 2017 gab die EU-Kommission erstmals einen Externer Link: Bericht über die Fortschritte im Kampf gegen den Menschenhandel heraus. Laut des im Oktober 2018 veröffentlichten Fortschrittsberichts gab es im Jahr 2016 rund 11.300 registrierte Opfer von Menschenhandel innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten. In diesem Zusammenhang wurde 2.837 Mal Anklage erhoben und 1.345 Urteile verhängt.

Über die Hälfte der Fälle von Menschenhandel betraf den Bereich sexuelle Ausbeutung (56 Prozent), ein Viertel (25 Prozent) entfiel auf Arbeitsausbeutung, meistens von Männern, etwa im Baugewerbe oder der Landwirtschaft. Die EU-Kommission weist darauf hin, dass zwei Drittel der Fälle von Arbeitsausbeutung (67 Prozent) in Großbritannien registriert wurden. Fiele das Vereinigte Königreich aus der Gesamtstatistik heraus, wären 78 Prozent der betroffenen Opfer Frauen und Mädchen, der Gesamtanteil der Fälle von sexueller Ausbeutung wäre wesentlich höher. Insgesamt kamen 42 Prozent der registrierten Opfer aus der EU.

Maßnahmen gegen Menschenhandel in der EU und Deutschland

Mit dem Welttag gegen Menschenhandel möchten die Vereinten Nationen in diesem Jahr besonders auf die Bedeutung von Ersthelfern im Kampf gegen Menschenhandel aufmerksam machen, also Personen, die Opfern von Menschenhandel beistehen und sich für die Strafverfolgung der Täterinnen und Täter einsetzen. Innerhalb der EU wurden die Bemühungen zur Bekämpfung von Menschenhandel in den vergangenen zehn Jahren verstärkt. Im Jahr 2011 wurde die EU-Richtlinie zur Bekämpfung und Verhütung des Menschenhandels erlassen, die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dazu verpflichtet, Gesetze zu erlassen, um Straftaten "im Zusammenhang mit Menschenhandel" zu ahnden. Dazu zählen sexuelle Ausbeutung, Zwangsarbeit, erzwungene Bettelei, Leibeigenschaft oder die Organentnahme. Das Strafmaß für entsprechende Taten solle künftig bis zu fünf Jahre Haft betragen, und mindestens zehn Jahre, wenn schutzbedürftige Personen – beispielsweise Kinder – unter den Opfern sind.

EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer

Angelehnt an die Definition von Menschenhandel im "Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels" bestimmt die EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer (Externer Link: 2011/36/EU) als:

"Die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen, einschließlich der Übergabe oder Übernahme der Kontrolle über diese Personen, durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderer Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Schutzbedürftigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die die Kontrolle über eine andere Person hat, zum Zwecke der Ausbeutung. […]
(3) Ausbeutung umfasst mindestens die Ausnutzung der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder erzwungene Dienstleistungen, einschließlich Betteltätigkeiten, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Ausnutzung strafbarer Handlungen oder die Organentnahme."

Die Bundesregierung setzte die Richtlinie im Oktober 2016 mit dem Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Menschenhandels um. Die Paragraphen 232 und 233 des Strafgesetzbuches wurden reformiert und den Maßgaben der EU-Richtlinie angepasst. Im Juli 2017 trat außerdem das so genannte Externer Link: "Prostituiertenschutzgesetz" in Kraft, das unter anderem eine Erlaubnispflicht für den Betrieb von Bordellen und eine Anmeldepflicht für Prostituierte vorsieht. Damit soll der Menschenhandel mit dem Ziel der sexuellen Ausbeutung bekämpft werden. Gegen die Ausbeutung von Jugendlichen hat die Bundesregierung im Jahr 2018 ein Bundeskooperationskonzept vorgestellt, das unter anderem Empfehlungen für die Zusammenarbeit von Polizei, Jugendämtern und Fachberatungsstellen enthält.

Das Bundeskriminalamt veröffentlicht in Folge der Umsetzung der EU-Richtlinie seit 2016 ein erweitertes Lagebild unter dem Titel Externer Link: Menschenhandel und Ausbeutung. In Deutschland wuden 2018 insgesamt 430 Opfer von sexueller Ausbeutung (-12,1 % im Vergleich zum Vorjahr), 63 Opfer von Arbeitsausbeutung (-65,0 %) und zwei Opfer von Ausbeutung bei der Ausübung von Bettelei registriert, wovon 172 Opfer noch minderjährig waren (+0,6 %). In der Statistik werden ausschließlich die erfassten Straftaten erhoben. Die Dunkelziffer könnte auch hier deutlich höher sein.

Kritik aus den USA

Im Jahr 2010 hat die EU zudem das Amt einer Anti-Menschenhandels-Koordinators bzw. Koordinatorin eingerichtet. Zu den Aufgaben gehören die Verbesserung der Koordinierung zwischen den EU-Institutionen, den EU-Agenturen, den Mitgliedstaaten und den internationalen Akteuren sowie die Weiterentwicklung bestehender und neuer EU-Strategien zur Bekämpfung des Menschenhandels. Von 2011 bis Ende Februar 2020 war das Amt mit der Soziologin Dr. Myria Vassiliadou besetzt.

Ob die in den vergangenen Jahren auf Bundes- und EU-Ebene beschlossenen Maßnahmen Wirkung zeigen, ist umstritten. Die Zahl der registrierten Fälle von Menschenhandel stieg zwischen den in den beiden bisher veröffentlichten Fortschrittsberichten der EU untersuchten Zeiträumen (2013/14 sowie 2015/16) um ein Drittel. Auf Bundesebene gab es von 2017 auf 2018 einen deutlichen Rückgang bei den registrierten Opferzahlen bei einer gleichzeitig Erhöhten Anzahl von Verfahren. Nach den umfassenden Gesetzesreformen besteht eine höhere Aufmerksamkeit, und es steht zudem ein verbessertes Instrumentarium für die Verfolgung dieser Art von Verbrechen zur Verfügung.

Dennoch kritisierte das US-Außenministerium in seinem im Juni 2020 veröffentlichten Bericht Externer Link: "Trafficking in Person Report – 20th Edition" den Einsatz Deutschlands im Kampf gegen den Menschenhandel. Trotz der im Vergleich zum Vorjahrsbericht verstärkten Bemühungen erfülle die Bundesregierung die von der US-Regierung definierten Mindeststandards für die Bekämpfung des Menschenhandels nicht vollständig, heißt es dort. Als einen Hauptkritikpunkt führt das State Department die hohe Zahl an Bewährungsstrafen an, da 2018 nur 23 Prozent der verurteilten Menschenhändler mit Schwerpunkt sexuelle Ausbeutung eine Haftstrafe angetreten hätten. Des Weiteren wurde bemängelt, dass es derzeit weder einen nationalen Mechanismus zur Ermittlung von Opfern des Menschenhandels und deren Weiterleitung an Hilfsdienste noch einen bundesweiten Aktionsplan oder einen nationalen Berichterstatter zur Bekämpfung des Menschenhandels gebe. Gelobt wurde hingegen die gestiegene Anzahl der Ermittlungen, Anklagen und Verurteilungen sowie die Aufstockung der Mittel für den Opferschutz.

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