Als Michail Gorbatschow am 11. März 1985 zum Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) gewählt wurde, waren die Auswirkungen seiner Amtszeit für die Sowjetunion noch nicht abzusehen. Bereits einen Monat nach seinem Amtsantritt verkündete er sein Programm der
Gorbatschows Reformkurs
Dafür brach Gorbatschow mit der sogenannten
In Polen und Ungarn leiteten die Regierungen solche Reformen ein und gingen insbesondere auf die Opposition zu. Die Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) zeigte hingegen keinen Reformwillen und ging weiterhin entschieden gegen Regimekritiker vor. Das SED-Regime wurde, so der Historiker Manfred Görtemaker, "zu einer Insel der Orthodoxie in einem Meer politischer, ökonomischer und ideologischer Strukturveränderungen".
Isolation sorgt bei DDR-Bürgerinnen und Bürgern für Verdruss
Doch auch in der DDR-Bevölkerung wuchs der Wunsch nach einem politischen Wandel. Frustriert vom Kurs der SED, der Isolation der DDR und der katastrophalen wirtschaftlichen Versorgungslage hatten Ende 1988 rund 110.000 DDR-Bürgerinnen und -Bürger einen Ausreiseantrag gestellt. Zunächst gelang es nur Wenigen, die DDR tatsächlich – auf legalem oder illegalem Weg – zu verlassen. Das illegale Verlassen der DDR wurde bereits Mitte der 1950er Jahre Externer Link: unter Strafe gestellt. Auf dem 33. Plenum des Zentralkomitees im Oktober 1957 bezeichnete Walter Ulbricht die Flucht als "Verrat an den friedlichen Interessen des Volkes".
Über die innerdeutsche Grenze zu fliehen war Anfang 1989 noch immer lebensgefährlich. Es gab Selbstschussanlagen und für die Soldaten galt ein Schießbefehl. Am 5. Februar wurde der 20-jährige Chris Gueffroy in Berlin-Treptow beim Versuch, über die Mauer von Ost- nach West-Berlin zu fliehen, erschossen. Sechs Wochen später beugte sich das SED-Regime dem internationalen Druck und gab die Anweisung, an der Grenze nicht mehr zu schießen. Gueffroy war das letzte von mindestens 140 Todesopfern, die zwischen 1961 und 1989 an der Berliner Mauer ums Leben kamen.
Flucht über Ungarn
Statt des Versuchs die innerdeutsche Grenze zu passieren, nutzten viele DDR-Bürgerinnen und Bürger im Sommer 1989 neue Fluchtwege. Nachdem am 26. Juni die Außenminister von Ungarn und Österreich, Gyula Horn und Alois Mock, demonstrativ vor den Augen der Presse ein Loch in den Stacheldrahtzaun an der Grenze geschnitten hatten, reisten viele DDR-Bürgerinnen und Bürger unter dem Vorwand eines Sommerurlaubs nach Ungarn, um von dort den "Eisernen Vorhang" zu überwinden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Sicherungsanlagen zwischen Österreich und Ungarn bereits teilweise abgerissen worden – auch aufgrund ihres schlechten Zustands.
Mitte Juli berichtete die westdeutsche Presse über eine zunehmende Fluchtwelle von DDR-Bürgerinnen und -Bürgern über Ungarn nach Österreich. Viele Flüchtlinge wurden zwar noch von ungarischen Grenzposten festgenommen, aber immer seltener an die DDR-Staatssicherheit ausgeliefert. Auch die Möglichkeit, die Ablehnung von Reiseanträgen gerichtlich überprüfen zu lassen, beruhigte die Lage nicht: Mehr als 50.000 verließen allein im Juli und August die DDR. Am 19. August 1989 nutzten mehrere Hundert DDR-Bürgerinnen und Bürger das sogenannte "Paneuropäische Picknick" an der ungarisch-österreichischen Grenze zur gemeinsamen Flucht. Daraufhin wurden Reisen nach Ungarn seitens der DDR-Regierung verboten. Im Sommer 1989 stellten insgesamt 120.000 Menschen einen Ausreiseantrag.