Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Internationaler Tag gegen Kinderarbeit | Hintergrund aktuell | bpb.de

Internationaler Tag gegen Kinderarbeit

Redaktion

/ 4 Minuten zu lesen

152 Millionen Kinder weltweit müssen arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Etwa die Hälfte von ihnen arbeitet unter gefährlichen Bedingungen. Der Welttag gegen Kinderarbeit am 12. Juni soll auf die Schicksale dieser Kinder aufmerksam machen.

Die Arbeit in Goldminen zählt zu den gefährlichsten Formen der Kinderarbeit. (© picture-alliance, APA/picturedesk.com)

Bereits 2015 haben sich mehr als 150 Staats- und Regierungschefs in den neuen UN-Entwicklungszielen darauf geeinigt, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit wie etwa den Einsatz von Kindersoldaten effektiv zu bekämpfen. Bis 2025 – so das Ziel der UN – sollen schließlich alle Formen von Kinderarbeit beendet und verboten werden. Wie steinig der Weg dorthin trotz mancher Erfolge in der Vergangenheit noch sein kann, zeigen Berichte der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zur Kinderarbeit.

Arten der Kinderarbeit

Nach Schätzungen der ILO gab es im Jahr 2016 weltweit 152 Millionen arbeitende Kinder zwischen fünf und siebzehn Jahren. Gemessen an absoluten Zahlen sinken die weltweiten Fälle von Kinderarbeit zwar, allerdings ist der Anteil arbeitender Kinder im Verhältnis zu allen Kindern weltweit gestiegen. 2012 machte der Anteil arbeitender Kinder 11 Prozent aus, 2016 waren es 13,8 Prozent.

Die ILO unterscheidet in ihrer Erhebung zwischen "Kinder in Beschäftigung" (children in employment), "Kinderarbeit" (child labour) und "gefährliche Arbeit" (hazardous work).

Die Kategorie "Kinder in Beschäftigung" beschreibt alle "wirtschaftlichen" Tätigkeiten, die ein Kind mehr als eine Stunde pro Woche innerhalb oder außerhalb des eigenen Haushalts ausübt. Diese bezahlte oder auch unbezahlte Arbeit umfasst sowohl die Herstellung von Waren als auch das Erbringen von Dienstleistungen.

Der Begriff "Kinderarbeit" ist enger gefasst. Leichte Arbeiten, die zugelassen sind und von Kindern ab einem bestimmten Mindestalter geleistet werden, fallen nicht unter diese Kategorie und gehören zum Bereich "Beschäftigung". Kinderarbeit umfasst hingegen die Beschäftigung von Kindern unter dem Mindestalter sowie gefährliche Formen von Arbeit. Darunter fallen etwa Tätigkeiten, die Risiken für die Sicherheit, Gesundheit und die psychische Entwicklung der Kinder haben können. Hierzu zählen lange Arbeitstage, Nachtarbeit, Arbeit mit gefährlichen Maschinen und Werkzeugen, schwere Transporte, Arbeit mit gefährlichen Stoffen und generell Arbeit in Umgebungen, in denen Kinder physischer, psychischer und sexueller Misshandlung ausgesetzt sind.

73 Millionen Kinder verrichten "gefährliche Arbeiten"

Am häufigsten wird Kinderarbeit im Bereich der Landwirtschaft geleistet. 2016 waren 70,9 Prozent aller arbeitenden Kinder in diesem Sektor beschäftigt, das entspricht einer Zahl von 108 Millionen Kindern. Oftmals arbeiten diese Kinder unbezahlt, denn die Arbeit in der Landwirtschaft wird vielfach im familiären Kontext geleistet.

Aber auch die Zahl der arbeitenden Kinder im Industrie- und im Dienstleistungssektor ist hoch: 26 Millionen Kinder vollbringen Dienstleistungen, 18 Millionen Kinder verrichten industrielle Tätigkeiten. Im Industriesektor ist dies im Vergleich zur letzten Erhebung der ILO ein Anstieg um sechs Millionen Kinderarbeiterinnen und -arbeiter. Auf dem afrikanischen Kontinent ist die Zahl der Kinderarbeiterinnen und -arbeiter nach ILO-Schätzungen am höchsten. Insgesamt sind in dieser Region 99,4 Millionen Kinder betroffen, das ist etwa jedes vierte Kind (27,1 Prozent).

Knapp die Hälfte der arbeitenden Kinder (73 Millionen) verrichtete 2016 "gefährliche Arbeiten". Seit dem Jahr 2000 ist in den Schätzungen ein deutlicher Rückgang von 171 auf 73 Millionen Kinder in "gefährlicher Arbeit" zu verzeichnen – allerdings muss man weiterhin von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Denn unter die als "gefährliche Arbeit" eingestuften Tätigkeiten fallen auch diejenigen, die statistisch besonders schwer erfasst werden können, etwa Kurierdienste im Drogenmilieu, Zwangsprostitution oder Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten in bewaffneten Konflikten.

Besonders betroffen: Kinder in Krisenregionen

Besonders betroffen sind Kinder in Konflikt- und Krisenregionen. Viele dieser Kinder müssen arbeiten, weil sie z.B. verwaist und auf sich gestellt sind oder das Familieneinkommen ohne ihren Arbeitslohn nicht zum Überleben reicht. Diesen Kindern fehlt oftmals auch der Zugang zu Bildung. Kinderarbeit kommt in Regionen, die von bewaffneten Konflikten betroffen sind, um 77 Prozent häufiger vor als im weltweiten Durchschnitt.

Auch Kinder auf der Flucht werden überdurchschnittlich oft ausgebeutet. So ist etwa die Zahl der geflüchteten syrischen Kinder, die in Aufnahmeländern wie Jordanien oder dem Libanon gefährliche Arbeit verrichten, in den letzten Jahren angestiegen. Eine Analyse der ILO zur Kinderarbeit in den arabischen Ländern von 2019 zeigt, dass Kinder durch Flucht und Vertreibung besonders gefährdet sind, da ihre Familien oft extremer Armut ausgesetzt sind und sie keinen Zugang zum regulären Arbeitsmarkt haben.

2018 machte ein Bericht der Organisation Human Rights Watch auf die besonders gefährlichen Bedingungen für Kinderarbeiterinnen und -arbeiter in Goldminen beispielsweise in Ghana, Mali oder den Philippinen aufmerksam. Die Menschenrechtsorganisation fordert Juweliere und Händler auf, Verantwortung für ihre Lieferketten zu übernehmen. Laut ILO gehört die Arbeit im Kleinstbergbau zu den kritischsten Sektoren der Kinderarbeit.

Maßnahmen im Kampf gegen Kinderarbeit

Artikel 32 der UN-Kinderrechtskonvention konkretisiert das Recht des Kindes auf Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung und der Heranziehung zu einer seiner Entwicklung schädlichen Arbeit. Alle UN-Staaten mit Ausnahme der USA haben die Kinderrechtskonvention ratifiziert. Auch das ILO-Übereinkommen von 1999 sieht vor, dass Maßnahmen in erster Linie dazu dienen sollen, dass die schlimmsten Formen der Kinderarbeit verboten und beseitigt werden.

Der Kampf gegen die Ausbeutung von Kindern ist daher nicht gleichzusetzen mit der Bekämpfung jeglicher Formen der Kinderarbeit. So fördern etwa die NGOs zum Teil auch die Selbstorganisation arbeitender Kinder, die für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen. Aber auch Aufklärungskampagnen zur Verantwortung der Verbraucherinnen und Verbraucher, auf faire Produktionsbedingungen zu achten, sollen der Ausbeutung Minderjähriger entgegenwirken.

Mehr zum Thema:

Weitere Inhalte

Weitere Inhalte

Hintergrund aktuell

30 Jahre UN-Kinderrechtskonvention

Am 20. November 1989 beschlossen die Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Seither ist der Druck auf die Vertragsstaaten, Kinderrechte umfassend zu verankern, deutlich…

Artikel

Lasst uns doch in Ruhe arbeiten!

Kinderarbeit gehört abgeschafft. Wirklich? In Bolivien kämpfen Kinder für ihr Recht auf Arbeit, um ihre Eltern zu unterstützen. Sie fordern eine Krankenversicherung, fairen Lohn, schulkompatible…

Zahlen und Fakten

Kinderarbeit

Weltweit war 2012 mehr als jedes zehnte 5- bis 17-jährige Kind von Kinderarbeit betroffen (10,6 Prozent). Von den insgesamt 168 Millionen Kinderarbeitern waren 73 Millionen unter 12 Jahre alt und 85…

Informationen zur politischen Bildung
Vergriffen

Menschenrechte

Vergriffen
  • Online lesen

Vor 60 Jahren hat sich die UN die Achtung der Menschenrechte zum Ziel gesetzt. Doch immer noch werden diese täglich irgendwo auf der Welt verletzt. Das Heft beleuchtet Geschichte und Gegenwart der…

  • Online lesen
Hintergrund aktuell

Internationaler Tag des Mädchens

Am 11. Oktober ist der Internationale Tag des Mädchens. Mit diesem Tag wollen die Vereinten Nationen Aufmerksamkeit auf die Diskriminierung von Mädchen weltweit lenken. In vielen Ländern der Welt…

Hintergrund aktuell

70 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Am 10. Dezember 1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Seither hat sich im Kampf gegen Diskriminierung viel getan. Doch noch immer werden weltweit…

Aus Politik und Zeitgeschichte
Vergriffen

Kinderarbeit

Vergriffen
  • Online lesen
  • Pdf
  • Epub

Weltweit müssen rund 215 Millionen Kinder arbeiten, etwa 115 Millionen davon sind dabei erheblichen Risiken ausgesetzt. Mit der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen und mehreren…

  • Online lesen
  • Pdf
  • Epub
Themenblätter im Unterricht
0,00 €

Kindersoldaten

0,00 €
  • Pdf

Was sind "Kindersoldaten" und "-soldatinnen", worin bestehen ihre Aufgaben, ihr Alltag? Welche Rechte sollen Minderjährige vor einer Beteiligung an Kriegshandlungen schützen?

  • Pdf

„Hintergrund Aktuell“ ist ein Angebot der Onlineredaktion der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb. Es wird von den Redakteur/-innen und Volontär/-innen der Onlineredaktion der bpb redaktionell verantwortet und seit 2017 zusammen mit dem Südpol-Redaktionsbüro Köster & Vierecke erstellt.

Interner Link: Mehr Informationen zur Redaktion von "Hintergrund aktuell"