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26. Mai: Parlaments- und Regionalwahlen in Belgien | Hintergrund aktuell | bpb.de

26. Mai: Parlaments- und Regionalwahlen in Belgien

Redaktion

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In Belgien fanden am 26. Mai Parlaments- und Regionalwahlen statt. Die Neu-Flämische Allianz ist trotz Verlusten erneut stärkste Kraft geworden. Auch die flämischen und frankophonen Grünen haben Stimmen gewonnen, während die Regierungsparteien Sitze verloren haben. Die Regierungsbildung könnte schwierig werden.

Belgisches Parlament, Brüssel (© picture alliance / Daniel Kalker)

Am 26. Mai waren die Belgierinnen und Belgier aufgerufen, die Abgeordnetenkammer des Parlaments neu zu wählen. Auch das Flämische Parlament sowie die Parlamente Walloniens, der Region Brüssel-Hauptstadt und der Deutschsprachigen Gemeinschaft wurden neu gewählt.

Stärkste Kraft im belgischen Parlament wurden die Nationalisten von der Neu-Flämischen Allianz (N-VA) mit 25 der insgesamt 150 Sitze (2014: 33). Die Partei, die die zweitmeisten Stimmen auf sich vereinen konnte, ist die Sozialistische Partei (PS). Sie kommt auf 20 Sitze (2014: 23). Zweitstärkste Fraktion wurden die flämischen und frankophonen Grünen (Groen und Ecolo). Gemeinsam kommen sie auf 21 Sitze (2014: 12). Enorme Stimmzuwächse hat die rechtsextreme Partei Vlaams Belang verzeichnet, deren Abgeordnetenanzahl von drei auf 18 Sitze stieg und die damit eine der stärksten Kräfte im Parlament wurde.

Die Wahlergebnisse unterscheiden sich regional deutlich. Im flämischsprachigen Teil des Landes gewannen vor allem rechtsgerichtete Parteien, im frankophonen linke. Verluste musste insbesondere die Reformbewegung (MR) des Premierministers hinnehmen, die nur noch auf 14 Sitze kommt (2014: 20). Auch die anderen Parteien der geschäftsführenden Regierung konnten weniger Wählerinnen und Wähler für sich gewinnen. Die flämischen Christdemokraten (CD&V) kommen nur noch auf 12 Sitze (2014: 18) und die Flämischen Liberalen und Demokraten (Open VLD) auf 12 (2014: 14).

Das politische System Belgiens

Belgien ist eine konstitutionelle parlamentarische Monarchie. Der König ist Staatsoberhaupt und der Premierminister oder die Premierministerin Regierungschef. Belgiens Zweikammerparlament wird alle fünf Jahre neu gewählt. Es besteht aus einem Oberhaus, dem Senat mit 60 Sitzen, und einem Unterhaus, der Abgeordnetenkammer. Die 150 Mitglieder der Abgeordnetenkammer werden in 11 Wahlkreisen direkt gewählt. Bei den Parlamentswahlen auf föderaler Ebene sind in der Regel alle belgischen Staatsbürger und –bürgerinnen wahlberechtigt, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Es besteht eine Wahlpflicht, allerdings werden Sanktionen derzeit nicht mehr umgesetzt.

Drei Regierungsebenen sind für Belgien kennzeichnend: die föderale Regierung mit Sitz in Brüssel, die drei Regionen (Wallonie, Flandern und Brüssel-Hauptstadt) mit eigenen Regionalparlamenten und die Gemeinschaften der drei Landessprachen – Französisch, Niederländisch und Deutsch. Diese drei Ebenen sind formal gleichgestellt, verfügen aber über unterschiedliche und voneinander unabhängige Entscheidungsbefugnisse. Die Befugnisse in zentralen Bereichen, wie zum Beispiel Außenbeziehungen, Verteidigung, Justiz, Finanzen, soziale Sicherheit und Inneres, liegen bei der belgischen Föderalregierung.

Die Regionen Flandern und Wallonien sind in je fünf Provinzen untergliedert, die zugleich die Wahlkreise bei der Wahl zur Abgeordnetenkammer bilden. Die Region Brüssel-Hauptstadt stellt einen weiteren Wahlkreis dar. Jeder Wahlkreis darf gemäß der Bevölkerungsgröße einen zuvor festgelegten Anteil an Abgeordneten in der Abgeordnetenkammer stellen, der alle zehn Jahre neu festgelegt wird. Dies erfolgte zuletzt im Jahr 2013: In der Abgeordnetenkammer stellen die flämischen Provinzen seitdem 87 Abgeordnete und die wallonischen Provinzen 48 Abgeordnete (inklusive der Deutschsprachigen Gemeinschaft, deren Siedlungsgebiet zur Region Wallonien gehört). Der Wahlkreis Brüssel-Hauptstadt entsendet 15 Abgeordnete.

Die gesetzliche Sperrklausel liegt in Belgien bei fünf Prozent in jedem Wahlkreis, allerdings ist die Schwelle, ab der eine Partei rechnerisch Mandate zugeteilt bekommt, von Provinz zu Provinz unterschiedlich. Wahlberechtigte können entweder eine Parteiliste als Ganzes wählen (Listenstimme) oder innerhalb einer Parteiliste einen oder mehrere Kandidatinnen oder Kandidaten der gleichen Partei auswählen (Vorzugs- oder Präferenzstimme). Die abgegebenen Stimmen werden dann in den Wahlkreisen nach dem D’Hondt-Verfahren in Mandate umgerechnet.

Schwierige Regierungsbildung erwartet

Seit den 1970er-Jahren gibt es in Belgien immer mehr Parteien, die sich – parallel zur Föderalisierung des Staates – zunehmend nach Sprachgruppen aufteilen. Zudem bildeten sich, neben ökologisch orientierten Parteien, eine Reihe von flämisch-nationalistischen Parteien, allen voran die gemäßigte N-VA und der rechtsextreme Vlaams Blok (2004 als Vlaams Belang neu gegründet).

Das belgische Parteiensystem wurde so immer kleinteiliger und erschwerte Regierungsbildungsprozesse in den vergangenen Jahren deutlich. Selbst Parteien, die ein ähnliches Programm verfolgen, können regional unterschiedliche Interessen vertreten. Nach der Parlamentswahl im Juni 2010 dauerte es über 500 Tage, bis Belgien einen neuen Premierminister hatte.

2019 wurden insgesamt 12 Parteien in die Abgeordnetenkammer gewählt. Alle Parteien haben den rechtsextremen Vlaams Belang als Koalitionspartner ausgeschlossen. Da es somit keine klaren Mehrheitsverhältnisse gibt, wird auch nach dieser Wahl ein langwieriger Regierungsbildungsprozess erwartet.

Nur wenige Parteien traten im ganzen Land an

Die meisten Parteien traten entweder in Wallonien oder Flandern an. Lediglich in der Region Brüssel-Hauptstadt – gleichzeitig Region und Wahlkreis – kandidierten rein französischsprachige und rein niederländischsprachige Parteien nebeneinander. Dort stellen die frankophonen Bürgerinnen und Bürger mittlerweile einen Großteil der Wahlberechtigten.

Von den wenigen landesweit antretenden Parteien waren nur die Partei der Arbeit Belgiens (PTB/PvdA) und die Personen- beziehungsweise Volkspartei (PP) in der Abgeordnetenkammer vertreten, wobei letztere vor allem im französischsprachigen Landesteil aktiv ist. Während beide Gruppierungen bisher nur eine geringe politische Rolle spielten, hat die PTB/PvdA in der Wahl 2019 mit insgesamt 12 Sitze (2014: 2) deutlich an politischem Gewicht hinzugewonnen, während die PP nicht mehr in der neugewählten Abgeordnetenkammer vertreten ist. 2019 traten zudem die flämischen und frankophonen Grünen (Groen und Ecolo) erstmals mit zwölf Kandidatinnen und Kandidaten an, die auf Wahllisten der jeweils anderen Partei vertreten sind. Das heißt, französischsprachige Grüne von Ecolo kandidierten auf den flämischen Wahllisten von Groen und umgekehrt.

Neu-Flämischen Allianz lag bereits in Vorwahlumfragen vorne

Bereits im Vorfeld der Wahl zur Abgeordnetenkammer zeichnete sich ab, dass die gemäßigten Nationalisten von der N-VA trotz abnehmender Zustimmung erneut stärkste Partei werden könnten. Anfang Mai gaben in Vorwahlumfragen von Ipsos knapp 28 Prozent der Befragten in Flandern an, ihnen ihre Stimme geben zu wollen. Die flämisch-separatistische N-VA möchte, dass die Region Flandern schrittweise von der belgischen Föderalregierung unabhängig wird. Ihr langfristiges Ziel ist "ein unabhängiges Flandern als Mitgliedstaat von Europa". Gleichzeitig bewarb sich die Partei mit Jan Jambon um das Amt des belgischen Premierministers.

Rentenreform und Staatsfinanzen waren zentrale Wahlkampfthemen

Wichtige Wahlkampfthemen waren Sozialreformen und die Rentenreform. Die Regierung unter Charles Michel erhöhte das Renteneintrittsalter ab 2030 von 65 auf 67 Jahre. Nun wollen einige Parteien, darunter die flämischen und wallonischen Sozialdemokraten (PS und SP.A), das Renteneintrittsalter erneut auf 65 Jahre absenken. Es wurde ebenfalls über die Einführung einer Mindestrente von 1500 € diskutiert, die nach 42 Jahren Arbeit gezahlt werden soll.

Klimapolitik war insbesondere in der belgischen Hauptstadt ein zentrales Wahlkampfthema, von dem insbesondere die beiden grünen Parteien profitieren konnten.

Ein weiteres Thema war die Einwanderungspolitik Belgiens. Von der 2018 losgetretenen Debatte um den UN-Migrationspakt profitierten unter anderem die flämischen Rechtsextremisten von der Vlaams Belang, die als Mitglieder in der Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" im Europäischen Parlament auch über die Landesgrenzen hinaus Unterstützung erfahren. Nachdem sie in den Wahlen 2014 deutlich geschwächt wurden, erzielten sie bei dieser Wahl wieder zweistellige Werte.

Auch die Pläne der verschiedenen Parteien zur Stabilisierung der Staatsfinanzen, standen zur Debatte, da Belgien hat die vierthöchste Schuldenquoten in der EU aufweist. Dies dürfte für jede neue Regierung eine der zentralen Herausforderungen in der kommenden Legislaturperiode sein.

Vorgängerregierung zerbrach im Dezember 2018

Anfang Dezember 2018 war die Mitte-rechts-Regierung unter Premierminister Charles Michel zerbrochen. Aus Protest gegen Belgiens Unterzeichnung des UN-Migrationspakts verließen die gemäßigten Nationalisten von der N-VA die seit Oktober 2014 bestehende Regierungskoalition, in der sie zuvor als stärkste politische Kraft vertreten waren. Durch den Regierungsaustritt der N-VA verfügte die verbliebene Koalition, bestehend aus der wallonisch-liberalen MR von Charles Michel, den flämischen Christdemokraten (CD&V) und den Flämischen Liberalen und Demokraten (Open VLD), nicht mehr über die erforderliche Regierungsmehrheit im Parlament. Nicht alle Oppositionsparteien unterstützten diese Minderheitsregierung, woraufhin Premierminister Michel zurücktrat. Im Auftrag des belgischen Königs blieb die Regierungskoalition ohne die N-VA bis zu dieser Parlamentswahl am 26. Mai geschäftsführend im Amt.

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