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17. Mai 1954: Oberstes US-Gericht erklärt Rassentrennung an Schulen für verfassungswidrig | Hintergrund aktuell | bpb.de

17. Mai 1954: Oberstes US-Gericht erklärt Rassentrennung an Schulen für verfassungswidrig

Redaktion

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Am 17. Mai 1954 urteilte der Oberste Gerichtshof der USA, dass Rassentrennung an öffentlichen Schulen verfassungswidrig und damit fortan verboten sei. Doch die Umsetzung des Verbots dauerte lange – und noch immer sind Schwarze Kinder in den Vereinigten Staaten benachteiligt.

Eine afroamerikanische Schülerin in einem Klassenzimmer in Hoxie, Arkansas, ein Jahr nachdem die Segregation an Schulen für verfassungswidrig erklärt wurde. (© picture-alliance/AP)

Vorbemerkung: In diesem Text wird das Wort "Rasse" verwendet. Es handelt sich dabei um eine direkte Übersetzung des englischen "race", das eine andere Konnotation hat als der historisch extrem belastete deutsche Begriff. Die Einteilung von Menschen in verschiedene "Rassen" hat keine wissenschaftliche Grundlage. Der Begriff ist in den USA jedoch zu präsent, um in einem Text zu diesem Thema auf ihn zu verzichten.

In den 1950er Jahren ging die neunjährige Linda Brown im US-Bundesstaat Kansas zur Schule. Ihr Schulweg war weit: Nicht weil es in ihrer Nachbarschaft in Topeka keine Grundschule gegeben hätte, sondern weil das Mädchen Schwarz war und an der nächstgelegenen Schule nur weiße Kinder unterrichtet wurden. Ihr Vater, Oliver Brown, wollte das nicht akzeptieren. Unterstützt durch die Bürgerrechtsorganisation National Association for the Advancement of Coloured People (NAACP) und gemeinsam mit Eltern aus fünf verschiedenen Schulbezirken klagte er gegen den zuständigen Bildungsausschuss. Am Ende des Prozesses stand ein Urteil des Interner Link: Obersten Gerichts, das als erster wichtiger Schritt im Kampf um die politische und soziale Gleichberechtigung der Schwarzen Bevölkerung in den USA gilt: Im Fall "Brown vs. Board of Education" wurde die Rassentrennung an öffentlichen Schulen für verfassungswidrig erklärt.

Prinzip der Segregation bestand seit 1896

Obwohl schon seit dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs 1865 die Sklaverei in den Vereinigten Staaten abgeschafft (13. Zusatzartikel) und Bürgerrechte für alle Menschen definiert worden waren (14. Zusatzartikel), setzte sich die systematische Benachteiligung der Schwarzen Bevölkerung durch rassistische Gesetze und Institutionen fort.

So hatte der Supreme Court im Jahr 1896 die Rassentrennung ("racial segregation“) für zulässig erklärt: Nach dem Prinzip "getrennt aber gleich" ("separate but equal“), konnten Schwarze und Weiße gesetzlich verpflichtet werden, verschiedene Schulen zu besuchen – solange diese "gleichwertig“ seien, sah die Mehrheit der Richter das Gleichheitsgebot der Verfassung als erfüllt an.

In zahlreichen US-Bundesstaaten wurde auf dieser Grundlage eine Trennung Schwarzer und weißer Amerikanerinnen und Amerikaner in allen Bereichen des öffentlichen Lebens gerechtfertigt und gesetzlich vorgeschrieben: In Bildungseinrichtungen, in der Armee, in Zügen, Bussen, Krankenhäusern, öffentlichen Toiletten, selbst in privat betriebenen Hotels oder Arztpraxen.

Das Aufbruchssignal für die Bürgerrechtsbewegung

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs regte sich Widerstand gegen die Gesetzgebung, vor allem an Schulen und Universitäten außerhalb der Südstaaten. 1948 hob Präsident Harry Truman zunächst per Dekret die Rassentrennung innerhalb der Streitkräfte auf. Doch erst mit dem Urteil im Fall "Brown vs. Board of Education“ am 17. Mai 1954 kippte das Oberste Gericht seine frühere Rechtsprechung. Die neun Richter stellten einstimmig fest, dass die bis dahin in 17 amerikanischen Bundesstaaten gesetzlich verankerte Rassentrennung an Schulen gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung verstoße.

Jack Greenberg, einer der führenden Anwälte der NAACP im Fall Brown, schrieb Jahrzehnte später: "Brown war das Aufbruchssignal für die Sit-ins und die Märsche der Bürgerrechtsbewegung."

Tatsächlich gewann der zivile Widerstand gegen die Rassentrennung um den Pastor und Bürgerrechtler Interner Link: Martin Luther King Jr. in der Folge an Einfluss. Im Dezember 1955 wurde die 42-jährige Rosa Parks aus Montgomery in Alabama zur Heldin der Bürgerrechtsbewegung, als sie im Bus nicht aufstand, um ihren Sitzplatz wie vorgeschrieben für einen Weißen zu räumen. Es folgte ein zwölfmonatiger Boykott des städtischen Busverkehrs durch die Schwarze Gemeinschaft von Montgomery. 1956 erklärte der Oberste Gerichtshof in Washington die Rassendiskriminierung auch im Nahverkehr für verfassungswidrig. In den Folgejahren erreichte die Bewegung, dass der Gesetzgeber ein neues Wahlrecht beschloss, das Afroamerikanerinnen und -amerikanern die volle politische Gleichberechtigung garantieren sollte. Mit dem Civil Rights Act von 1964 wurde die Rassentrennung schließlich in allen öffentlichen Einrichtungen für illegal erklärt.

Ungleichbehandlung blieb zunächst bestehen

So groß die Bedeutung des Urteils von 1954 historisch war – in der Praxis änderte sich für viele afroamerikanische Schülerinnen und Schüler zunächst nichts.

Zahlreiche Südstaaten verzögerten die Umsetzung des Urteils oder wollten diese ganz verhindern. Das Gericht hatte bewusst keinen zeitlichen Rahmen genannt, sondern erst ein Jahr nach der Urteilsverkündung vage eine Umsetzung "mit angemessener Geschwindigkeit" gefordert. Die Zuständigkeit für die Integration lag bei den lokalen Schulbehörden, die selbst häufig die Rassentrennung befürworteten. Der mangelnde Wille der regionalen politischen Entscheidungsträger erwies sich als großes Hindernis für die tatsächliche Überwindung der Segregation an Schulen.

Schwarze Schülerinnen und Schüler, die versuchten bis dahin von Weißen besuchte Schulen zu betreten, wurden tyrannisiert, teils auch körperlich attackiert. Besonders heftigen Protest gab es an einer Schule in Little Rock, der Hauptstadt des Bundesstaates Arkansas. Im September 1957 verwehrten gewalttätige Demonstrantinnen und Demonstranten dort sechs Mädchen und drei Jungen afroamerikanischer Herkunft den Zutritt zu ihrer Schule. Unterstützt wurde der Protest von Gouverneur Orval E. Faubus und der Nationalgarde von Arkansas, die nicht einschritt, als die 15-jährige Elizabeth Eckford attackiert wurde. Es dauerte Wochen bis die Teenager unter dem Schutz von Soldaten der US-Armee die Schule betreten konnten. Auch in anderen Fällen kam es zu rassistischen Ausschreitungen gegenüber Schwarzen Schülerinnen und Schülern.

Die Schülerin Elizabeth Eckford wird auf ihrem Schulweg im Jahr 1957 in Little Rock im US-Bundesstaat Arkansas von weißen Demonstrierenden bedrängt. (© picture-alliance/AP)

Als Folge der Blockadepolitik der Südstaaten, aber auch aufgrund der weiterhin bestehenden Segregation von Wohnvierteln, besuchten auch in den Folgejahren nur sehr wenige Schwarze Kinder eine Schule, in der sie gemeinsam mit Weißen unterrichtet wurden. Erst mit Inkrafttreten des Civil Right Acts 1964 und einem von Präsident Lyndon B. Johnson unterstützten landesweiten Bildungsprogramm änderte sich die Situation in den Schulen.

Bis heute werden Schwarze Schülerinnen und Schüler benachteiligt

Das System der Diskriminierung im Bildungssektor wirkt sich laut Studien bis heute aus. Anfang Mai 2019, also 65 Jahre nachdem der Oberste Gerichtshof die Rassentrennung an Schulen aufhob, kam eine Externer Link: Studie des Civil Rights Projects der University of California (UCLA) zu dem Ergebnis, dass sich die Segregation an Schulen seit den 1990er Jahren sogar wieder verstärkt. Doch sind davon heute besonders die nördlichen Bundesstaaten betroffen: Vor allem in großen Städten haben sich die Vermögensverhältnisse zwischen der Schwarzen und weißen Bevölkerung weiterhin so ungleich entwickelt, dass gute Schulen in den besseren Vierteln im Wesentlichen der weißen Ober- und Mittelschicht vorbehalten bleiben. Betroffen von der Ungleichheit im Bildungssektor sind der Studie zufolge heute neben der afroamerikanischen Bevölkerung vor allem auch die lateinamerikanischen Communities im Westen der USA.

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