Der Zensus 2011, eine bundesweite
Statt alle Einwohner einzeln zu befragen, wie noch bei den letzten Volkszählungen 1987 in der Bundesrepublik und 1981 in der DDR, nutzten die Statistiker diesmal vor allem bereits vorhandene Daten aus behördlichen Melderegistern. Ergänzt wurden diese Datensätze durch Haushaltebefragungen von etwa 10 Prozent der Bevölkerung.
Statistische Grundlage für Steuerverteilung
Die gesetzliche Grundlage für die Massenbefragung war das Zensus-Gesetz, das auf einer EU-Verordnung zur europaweiten Bevölkerungserhebung basiert, der Bundestag hatte es 2009 verabschiedet. Das Ziel: Durch einen EU-weiten Zensus, der für alle zehn Jahre vorgesehen ist, sollen bestimmte Kennzahlen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union besser vergleichbar werden und gleichzeitig Orientierungshilfe für nationale Infrastrukturplanungen in den einzelnen Mitgliedstaaten bieten. So sollte 2011 beispielsweise geklärt werden, in welchen Regionen künftig wie viele Altenheime, Schulen oder Wohnungen benötigt werden. Die erhobene Anzahl der Einwohner ist in Deutschland zudem ein zentraler Faktor u.a. bei der Berechnung des
Insgesamt verringerte sich die Zahl der Einwohner in Deutschland den Ergebnissen des Zensus von 2011 zufolge um 1,5 Millionen auf 80,2 Millionen. Als das Bundesamt für Statistik im Jahr 2013 die Ergebnisse der Volkszählung bekannt gab, verlor Berlin auf einen Schlag statistisch rund 180.000 Einwohner. Auch Hamburg wurde von den Statistikern mit fast 83.000 weniger Einwohnern veranschlagt.
Berlin und Hamburg scheiterten mit ihrer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht
Dadurch bekommt Berlin allein im Rahmen des Länderfinanzausgleichs seither 470 Millionen Euro Steuermittel pro Jahr weniger zugeteilt. Auch Hamburg verliert Geld, knapp 117 Millionen Euro – aus Sicht der beiden Stadtstaaten zu Unrecht. Beide Länder hatten daher 2015 beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen die Verfassungsmäßigkeit der dem Zensus zugrundeliegenden gesetzlichen Regelungen eingereicht. Ihr Vorwurf: Die Berechnungsmethode, insbesondere die Hochrechnungsmethoden des angewandten Stichprobenverfahrens seien fehlerhaft und deshalb nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Die klagenden Länder störten sich insbesondere an der "registergestützten Volkszählung". Mit einer Haushaltsstichprobe von 10 Prozent ließen sich die Einwohnerzahlen nicht ausreichend präzise ermitteln, kritisieren die Kläger. Sie monierten zudem, dass bei der Erhebung eine Unterscheidung zwischen Orten mit weniger als 10.000 Bewohnern und größeren Städten und Gemeinden gemacht wurde. Für größere Orte sei die Bevölkerung deshalb tendenziell stärker nach unten korrigiert worden, dies führe zu "systematischen Verzerrungen im Verhältnis der Bundesländer". Flächenstaaten würden im Länderfinanzausgleich dadurch privilegiert, so die Haltung der Kläger.
Am 19. September verkündete das Bundesverfassungsgericht nun sein Externer Link: Urteil. Demnach seien die Berechnungsverfahren des Zensus 2011 mit dem Grundgesetz vereinbar. In der Urteilsbegründung heißt es, die Berechnungsverfahren hätten nicht gegen die Pflicht zur realitätsnahen Ermittlung der Einwohnerzahlen verstoßen, ebenso wenig hätten sie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Auch die Unterscheidung zwischen den Erhebungsmethoden bei Gemeinden, die mehr oder weniger als 10.000 Einwohner haben, sei laut Bundesverfassungsgericht gerechtfertigt gewesen, da sie „aus sachlichen Gründen erfolgte und zu hinreichend vergleichbaren Ergebnissen zu kommen versprach“.