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Konflikt um Einfuhrzölle

Redaktion

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Der Streit um Handelszölle spitzt sich zu. Ökonomen warnen vor den möglichen Folgen. Die USA, aber auch die EU und China haben weitere "Schutzzölle“ angekündigt.

US-Präsident Donald Trump hält am 8. März 2018 die von ihm unterzeichnete Proklamation über Zollerhöhungen auf Stahl und Aluminium in die Kameras. (© picture-alliance, newscom)

Ende Juni hat der US-amerikanische Motorradhersteller Harley-Davidson angekündigt, größere Teile seiner Produktion ins Ausland zu verlagern. Der Konzern hat bereits Produktionsstätten in Brasilien, Thailand und Indien und will diese nun ausbauen. Als Grund nannte das Unternehmen die deutliche Erhöhung der Einfuhrzölle, die von der Europäischen Union auf bestimmte Importe aus den USA erhoben werden. Pro exportiertem Motorrad in die EU könnte der Preis in der Folge um 2200 Dollar steigen.

Seit dem 22. Juni verlangt die Interner Link: EU Extra-Interner Link: Zölle auf mehrere US-Produkte wie Whiskey, Jeans, Erdnussbutter und Motorräder. Für letztere steigt der Satz von bisher sechs auf 31 Prozent. Insgesamt erhebt die EU künftig Zölle auf Importe aus den USA im Wert von jährlich rund 2,8 Milliarden Euro – eine Reaktion auf die Anfang Juni von US-Präsident Donald Trump verhängten Importzölle in Höhe von 25 Prozent bei Stahl und zehn Prozent bei Aluminium. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström sagte am 20. Juni in Brüssel, wegen der einseitigen Entscheidung der USA bliebe der Europäische Union "keine andere Wahl" als entsprechende Schutzmaßnahmen einzuführen.

USA erheben Dumping-Vorwürfe gegen EU und China

Doch Interner Link: Trump könnte es möglicherweise nicht bei den bereits beschlossenen "Schutzzöllen" belassen. Schon länger droht der US-Präsident, der sich eine grundlegende Neuordnung der Interner Link: US-Handelspolitik auf die Fahnen geschrieben hat, Europas Autoindustrie. Bereits unmittelbar nach seinem Amtsantritt hatte der Republikaner eine Sondersteuer von 35 Prozent auf Fahrzeuge angekündigt, die aus der EU in die USA importiert werden – von den Plänen jedoch zunächst wieder Abstand genommen. Im Mai dieses Jahres brachte er dann Zölle von bis 25 Prozent für Autoimporte in die Vereinigten Staaten ins Spiel. Zugleich hatte er das US-Handelsministerium angewiesen zu prüfen, ob die Autoimporte die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten gefährden. Mit derselben Argumentation hatte das amerikanische Staatsoberhaupt bereits die Zölle auf Stahl und Aluminium begründet. Im Juni erneuerte er seine Drohung beim G7-Gipfel in Kanada.

Trump wirft der EU, aber auch anderen Staaten wie Interner Link: China, unfaire Handelspraktiken wie etwa staatliche Subventionen vor. Die dortigen Regierungen würden Dumpingtarife gegenüber Konkurrenten in den USA ermöglichen. So beschloss Trump bereits Mitte Juni, künftig Importe aus China im Volumen von 50 Milliarden Dollar (43 Milliarden Euro) mit Zöllen zu verteuern. 1100 Waren sollen mit einem zusätzlichen Zoll von 25 Prozent belegt werden.

Am 6. Juli treten die ersten US-Zölle auf chinesische Waren im Wert von gut 30 Milliarden Euro in Kraft. China gab im Gegenzug die Einführung zusätzlicher Zölle auf US-Waren bekannt. So hat Peking bereits eine Liste mit Strafzöllen für amerikanische Güter wie Sojabohnen, Autos oder Flugzeuge veröffentlicht. Das Volumen dieser Reaktion soll dem der Amerikaner entsprechen.

Faktencheck: Zölle

Durchschnittlich belegt die EU nach Angaben der Welthandelsorganisation (WTO) auf importierte Waren einen Zoll in Höhe von 5 Prozent, während der durchschnittliche US-Zoll 3,4 Prozent beträgt. Protektionistisch ist die EU insbesondere im Bereich landwirtschaftlicher Produkte. So liegt beispielsweise der Einfuhrzoll für Milchprodukte bei 42,1 Prozent, der der USA bei vergleichsweise geringen 17,2 Prozent (siehe Grafik).

Aktuell besteuern die US-Behörden aus der EU eingeführte Autos mit 2,5 Prozent, umgekehrt sind für US-Automobile in der EU zehn Prozent Einfuhrzoll fällig. Allerdings erheben die USA 25 Prozent auf Lastwagen und Pick-ups, während diese von der EU mit Zöllen von im Schnitt 14 Prozent belegt werden.

Handelsbilanzen erfassen ausschließlich den Güterverkehr, nicht aber Dienstleistungen. Würden in die Handelsbilanz neben dem Güterverkehr, bei dem die USA ein Defizit aufweisen, auch immaterielle Güter einbezogen werden, würde sich der Handelsbilanzüberschuss der EU relativieren. Bei Dienstleistungen wie sie beispielsweise durch amerikanische Internetkonzerne, Banken oder Tourismusfirmen angeboten werden, weisen die USA gegenüber der EU einen Überschuss auf.

Einschätzung von Experten

Externer Link: Günther Schulze, Professor für Volkswirtschaft an der Universität Freiburg, bereitet der drohende Handelsstreit zwischen China und den USA große Sorgen. Er sei "gefährlich für die Weltkonjunktur." Wenn in dessen Folge die Nachfrage in beiden Ländern sinke, träfe das auch andere Staaten: "Haben die Menschen dort wegen des Handelsstreits weniger Geld, können sie weniger Produkte aus anderen Ländern wie Deutschland kaufen", so Schulze.

Hinzu kommt laut Schulze der sogenannte Drittmarkt-Effekt: Wenn chinesische und amerikanische Konzerne im jeweils anderen Land künftig weniger absetzen, würden sie versuchen, ihre Produkte verstärkt auf anderen Märkten zu verkaufen. "Sie müssen dann ja ihre Überproduktion loswerden. Gut möglich, dass sie dieses Ziel dann auch mit Dumpingpreisen verfolgen." Die Folge könnte ein "Teufelskreis steigender Zölle“ sein.

Mögliche Folgen für die Weltwirtschaft

Die Zahl der Arbeitsplätze, die hierzulande an Stahl- und Aluminiumexporten in die USA hingen, sei zwar eher gering, so Günther Schulze. Anders sehe es jedoch mit den von Trump angedrohten Zöllen auf Automobile aus, durch deren Einführung die Absätze der Autobauer sinken dürften. "Zölle machen die Waren im Ausland grundsätzlich teurer", erklärte der Ökonom im Gespräch.

Auch Clemens Fuest, Chef des Münchner Ifo-Instituts schätzt die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen auf Deutschland durch die Strafzölle auf Stahl und Aluminium als "begrenzt" ein, weil es für die Bundesrepublik in diesem Sektor nur um ein Handelsvolumen von gut zwei Milliarden Euro gehe. Doch die Folgen einer Ausweitung der US-Zölle auf andere Warengruppen könne durchaus gravierendere Folgen haben – das Volumen aller deutschen Exporte in die USA belaufe sich immerhin auf gut 107 Milliarden Euro.

Fuest hält Gegenzölle der EU auf Einfuhren aus den USA zwar grundsätzlich für richtig. Gleichzeitig solle die EU jedoch mit Trump über einen Abbau der Zölle verhandeln. Das Vorgehen der USA gegenüber China bewertet der Ifo-Chef als "sehr aggressiv“. Der Konflikt drohe zu eskalieren. Schließlich habe Trump bereits angekündigt, er könne die US-Zölle auch noch einmal verdoppeln. Fuest ist sich sicher: "Trumps Protektionismus bedroht zweifellos den weltweiten Wohlstand."

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