Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD sollen am Freitag beginnen. Zuvor hatte sich eine Mehrheit von 56,4 Prozent der SPD-Delegierten auf einem Sonderparteitag der SPD am 21.01. – nach teils heftigen innerparteilichen Debatten – für die Aufnahme von Verhandlungen zur Bildung einer Großen Koalition ausgesprochen.
Parteiinterne Kritiker dieses Beschlusses hatten auch schon im Vorfeld des Parteitags argumentiert, die SPD habe in den vorangegangenen Sondierungsgesprächen mit der Union zu geringe Erfolge erzielt: So seien im 28-seitigen Abschlusspapier der Sondierungsgespräche einige SPD-Positionen nur unzureichend enthalten: Etwa die Forderung nach einem Ende der sachgrundlosen Befristungen, der Einführung einer Härtefallregelung beim Familiennachzug oder einem "Ende der Zwei-Klassen-Medizin". Der vom SPD-Parteitag gefasste Beschluss fordert daher, auch in diesen Punkten "weitere Fortschritte" und "wirksame Verbesserungen" im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zu erzielen.
CDU und CSU sehen mögliche Änderungswünsche der SPD jedoch skeptisch. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer führte z.B. aus: "Wir haben immer wieder erklärt, warum wir der SPD nicht entgegenkommen können: Entweder weil es das Ziel der Vollbeschäftigung gefährdet, weil wir nicht mehr Zuwanderung wollen, oder weil wir unser gutes deutsches Gesundheitssystem nicht beschädigen wollen." Angela Merkel sagte, die CDU freue sich über die Entscheidung der SPD, stellte aber klar: "Das Sondierungspapier ist dabei der Rahmen, über den wir verhandeln."
Was bisher geschah
Bereits am Abend der Bundestagswahl am 24. September 2017 hatte Martin Schulz, SPD-Parteivorsitzender, eine weitere Koalition mit CDU und CSU kategorisch ausgeschlossen. Als die Sondierungsgespräche zwischen Union, Grünen und FDP zu einer möglichen Jamaika-Koalition allerdings Ende November scheiterten, hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier alle gewählten Parteien aufgefordert, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit auszuloten. Vom 7. bis zum 12. Januar hatten sich Verhandlungsteams von Union und SPD daraufhin zu Sondierungsgesprächen getroffen – nun starten die Koalitionsverhandlungen.
2013 dauerten die Koalitionsverhandlungen fast zwei Monate
Formelle oder gar rechtliche Vorgaben gibt es für
Außerdem einigten sich die Parteien in den Verhandlungen auf den Zuschnitt und die Aufteilung der zukünftigen Ministerien – über die konkrete Besetzung der Posten können die jeweiligen Parteien in der Regel frei entscheiden.
2013 verhandelten 259 Politikerinnen und Politiker von CDU, CSU und SPD in zwölf Arbeitsgruppen über einen Zeitraum von 54 Tagen einen Koalitionsvertrag aus. Wie lange die Koalitionsverhandlungen diesmal dauern werden, ist noch nicht abzuschätzen. Seehofer sagte, sein Ziel bleibe ein Abschluss der Verhandlungen in der ersten Februarwoche. Der CDU-Politiker Volker Kauder, Vorsitzender der Unions-Fraktion im Bundestag, sprach von einem erhofften Abschluss spätestens Anfang März. SPD-Chef Martin Schulz mochte sich noch auf keinen Termin festlegen. Seine Partei müsse zunächst klären, "auf welcher Grundlage, welcher strukturellen und auch mit welcher personellen Zusammensetzung" sie in die anstehenden Gespräche mit der Union gehe, sagte er am Montag nach einer Sitzung der Bundestagsfraktion in Berlin.
Weitere Schritte bis zu einer möglichen #GroKo
Sollten sich die Parteispitzen von Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag einigen, muss dieser nochmals durch Abstimmungen in den drei Parteien bestätigt werden: Bei der SPD sollen - wie schon nach den Koalitionsverhandlungen 2013 – alle Parteimitglieder befragt werden, in der CDU wird ein Parteitag über den Eintritt in die Koalition abstimmen. Die CSU hat sich noch nicht zum konkreten Verfahren geäußert – 2013 stimmten der Parteivorstand und die CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag gemeinsam über den Koalitionsvertrag ab. Größte Hürde aber dürfte der SPD-Mitgliederentschied sein: Nach ihrer knappen Niederlage auf dem Sonderparteitag wollen führende Vertreter der Jugendorganisation der SPD (Jungsozialisten oder "Jusos") die Parteibasis gegen die Große Koalition mobilisieren.