Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Vor 15 Jahren: Nordkorea tritt aus dem Atomwaffensperrvertrag aus | Hintergrund aktuell | bpb.de

Vor 15 Jahren: Nordkorea tritt aus dem Atomwaffensperrvertrag aus

Redaktion

/ 4 Minuten zu lesen

Am 10. Januar 2003 verkündete Nordkorea seinen endgültigen Austritt aus dem "Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen" (NVV). Vorangegangen waren gut zwei Jahrzehnte dauernde Auseinandersetzungen zwischen der "Demokratischen Volksrepublik Korea" und der Weltgemeinschaft.

In Pjöngjang demonstrieren am 11.01.2003 mehr als eine Million Menschen für die Regierungspolitik und "mit brennendem Hass auf die US-Imperialisten", wie es in einem Bericht der amtlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA hieß. Nordkorea will seine Raketentests wieder aufnehmen und droht damit, in der Zukunft Atomwaffen zu entwickeln. Einen Tag nach dem weltweit kritisierten Rückzug vom Atomwaffensperrvertrag warnte Nordkoreas Botschafter in Peking am 11.01. auf einer Pressekonferenz davor, Sanktionen zu verhängen, die einer "Kriegserklärung" gegen sein Land gleichkämen. (© dpa – Fotoreport)

Es war eine Meldung, deren volle Tragweite erst später deutlich wurde: Am 10. Januar 2003 berichtete die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA, dass sich die Regierung des kommunistischen Landes endgültig dazu entschlossen habe, aus dem Interner Link: "Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen" (NVV) auszutreten.

Der NVV wurde 1968 zwischen den Interner Link: USA, der Interner Link: Sowjetunion und Interner Link: Großbritannien abgeschlossen und trat 1970 in Kraft. Ihm gehören heute 191 Staaten an. Der Vertrag beinhaltet, dass nur die Staaten über Atomsprengköpfe verfügen dürfen, die vor dem 1. Januar 1967 eine solche Waffe gezündet haben. Es handelt sich hierbei um die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen – heute sind dies Großbritannien, Frankreich, Russland, China und USA. Anderen Ländern sind die Entwicklung, der Erwerb und der Besitz von Kernwaffen untersagt. Des Weiteren gaben die Vetomächte im NVV ein Versprechen zu nuklearer Abrüstung ab und sagten eine internationale Zusammenarbeit bei der zivilen Nutzung der Kernenergie zu.

Die Führung Nordkoreas beteuerte im Zuge ihres Austritts, nicht an Atomwaffen zu arbeiten. Die Bemühungen des Landes im Bereich der Kerntechnologie dienten "zum jetzigen Zeitpunkt allein friedlichen Zwecken, zum Beispiel der Erzeugung von Elektrizität", hieß es in der Erklärung des Kim-Regimes. Das war jedoch nur die halbe Wahrheit, wie sich später herausstellte.

Kerntechnische Anlage in Nyŏngbyŏn

Dem Austritt vorangegangen waren gut zwei Jahrzehnte dauernde Auseinandersetzungen zwischen der stalinistisch geprägten "Demokratischen Volksrepublik Korea" (DVRK) und der Weltgemeinschaft.

Das Nuklearprogramm Nordkoreas reicht in die späten 1950er Jahre hinein. Damals wurden mit Hilfe der Sowjetunion Nuklearkomplexe in Nyŏngbyŏn errichtet. Der Bau der Kerntechnischen Anlage Nyŏngbyŏn begann 1979. Parallel wurden eine Erzaufbereitungsanlage und eine Brennstabfabrikationsanlage errichtet. Am 12. Dezember 1985 wurde Nordkorea schließlich eine Vertragspartei des Atomwaffensperrvertrags.

Die Regierung in Pjöngjang konnte zunächst dazu verpflichtet werden, ihre Nuklearanlagen regelmäßig von der Externer Link: Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien inspizieren zu lassen. In den Jahren 1992 und 1993 fanden sechs solcher Inspektionen statt. Den Wissenschaftlern der IAEO wurde eine hundert Seiten starke Inventarliste übergeben. Doch bald schon monierten die Inspekteure, dass es bezüglich des vorhandenen spaltbaren Materials erhebliche Abweichungen zwischen den Angaben Nordkoreas und den Ergebnissen gebe, zu denen die IAEO bei ihren Untersuchungen gekommen sei.

Die IAEO verlangte daraufhin, Bodenproben von zwei Lagerplätzen für radioaktive Abfälle in Nyŏngbyŏn nehmen zu können. Nordkorea wehrte sich vehement dagegen und erklärte gegenüber dem UN-Sicherheitsrat erstmals, den Atomwaffensperrvertrag aufkündigen zu wollen – ein Schritt, der zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht vollzogen wurde.

Vermittlungsversuche in den 1990er-Jahren

Auf Vermittlung des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton kam es im Herbst 1994 zu einer vorläufigen Einigung: Für die Zusage, sich künftig an den Atomwaffensperrvertrag zu halten, würde Nordkorea zwei vom Ausland finanzierte Leichtwasserreaktoren bekommen, bei deren Betrieb kaum potenziell waffenfähiges Material anfällt. Die Vereinbarung beinhaltete, dass Nordkorea auf seine alten Reaktoren verzichtet und Inspektionen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zulässt. Besonders letzterer Punkt blieb in den kommenden Jahren Anlass für Konflikte. Weil Nordkorea den Inspekteuren weiterhin den Zugang zu seinen Anlagen verweigerte, konnte auch der Verbleib von 8.000 abgebrannten Brennelementen nicht aufgeklärt werden. Experten schätzen, dass darin genug Plutonium für vier bis fünf Atomwaffen eingelagert war.

US-Präsident Clinton versuchte während seiner Amtszeit immer wieder, in dem Streit um das nordkoreanische Atomprogramm zu vermitteln – unter anderem im Rahmen der so genannten "Vier-Parteien-Gespräche" zwischen den USA, China, Nord- und Südkorea ab 1996. Nach dem Amtsantritt von US-Präsident George W. Bush im Januar 2001 verstärkten sich jedoch die Spannungen zwischen Nordkorea und den Vereinigten Staaten. Die Führung in Pjöngjang solle sich endlich an die Vereinbarungen halten, hieß es aus Washington. Im Januar 2002 zählte Bush Nordkorea in seiner Ansprache zur Lage der Nation neben Irak und Iran zu der von ihm so genannten "Achse des Bösen".

Neben der Rhetorik verschärfte die US-Regierung auch den diplomatischen Druck. Am 16. Oktober 2002 veröffentlichte das amerikanische Außenministerium Informationen über einen Geheimdienstbericht, wonach die nordkoreanische Regierung an einem Programm zur Anreicherung von Plutonium arbeitete. Dies stelle einen ernsthaften Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag dar. Die New York Times berichtete einen Tag später über mögliche technologische Hilfsleistungen Pakistans. Später gab Nordkorea selbst zu, an einem Atomwaffenprogramm gearbeitet zu haben.

Nordkorea nennt sich seit 2012 offiziell "Atommacht"

Im Mai 2009 sorgten Meldungen über eine schwere Explosion in Nordkorea für Schlagzeilen. Wie KCNA verkündete, sei ein unterirdischer Atomtest durchgeführt worden. Die russische Regierung bestätigte dies später. Der Sprengsatz habe eine Explosionskraft von etwa 10 bis 20 Kilotonnen TNT-Äquivalent gehabt, was in etwa der Stärke von "Little Boy" entspricht – jener amerikanischen Kernwaffe, die im August 1945 Hiroshima verwüstete.

In der neuen, im Mai 2012 in Kraft getretenen Verfassung nennt sich Nordkorea selbst "Atommacht" und verkündete im September 2017, erfolgreich eine Wasserstoffbombe getestet zu haben. Sorgen bereitet der internationalen Gemeinschaft zudem das Raketenprogramm Nordkoreas. Experten gehen davon aus, dass die Regierung in Pjöngjang mittlerweile tatsächlich, wie von ihr behauptet, über die Technik für Interkontinentalraketen verfügt.

Mehr zum Thema:

Weitere Inhalte

Weitere Inhalte

Hintergrund aktuell

1950: Beginn des Koreakriegs

Der Krieg zwischen Nord- und Südkorea forderte innerhalb von drei Jahren mehrere Millionen Todesopfer, die meisten von ihnen Zivilisten. Er zementierte die Spaltung Koreas. Bis heute gibt es keinen…

KOSMOS Welt- Almanach

Nordkorea

Inhalt: Das Land in Daten

Hintergrund aktuell

Eine Welt ohne Atomwaffen

Anfang März 1970 trat der Atomwaffensperrvertrag in Kraft. Er sollte die Weiterverbreitung von Kernwaffen beenden, die Abrüstung vorantreiben und für mehr globale Sicherheit sorgen. Heute…

Video Dauer
Dokumentarfilm

Im Strahl der Sonne

Die 8-jährige Zin-mi lebt mit ihren Eltern in Pjöngjang in Verhältnissen wie aus einem nordkoreanischen Bilderbuch. Regisseur Vitaly Mansky durfte sie über den Zeitraum eines Jahres mit der Kamera…

Schriftenreihe
4,50 €

Das unheimliche Element

4,50 €

Uran ist Ausgangsstoff für Atomwaffen mit enormer Zerstörungskraft und für die Atomenergie, die eine Hochrisikotechnologie bleibt. Horst Hamm plädiert daher dafür, das Schwermetall im Boden zu lassen.

„Hintergrund Aktuell“ ist ein Angebot der Onlineredaktion der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb. Es wird von den Redakteur/-innen und Volontär/-innen der Onlineredaktion der bpb redaktionell verantwortet und seit 2017 zusammen mit dem Südpol-Redaktionsbüro Köster & Vierecke erstellt.

Interner Link: Mehr Informationen zur Redaktion von "Hintergrund aktuell"