Bereits am Münchner Hauptbahnhof warb ein großes Banner für die "politische Schau", die täglich zwischen 10 und 21 Uhr im Deutschen Museum zu sehen war: "Der ewige Jude". Der Titel der Ausstellung war in Buchstaben zu lesen, die von den nationalsozialistischen Machern der Ausstellung verzerrt wurden und an die Hebräische Schrift erinnern sollten. Am Isarufer hatten die Verantwortlichen zudem eine meterhohe Plakatwand mit einer stigmatisierenden und diffamierenden Karikatur aufstellen lassen, die abends mit Scheinwerfern angestrahlt wurde.
Die antisemitische Ausstellung "Der ewige Jude“ war Teil einer ganzen Reihe sogenannter "Schandausstellungen“, die das NS-Regime zu propagandistischen Zwecken in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg initiierte. In der "Antibolschewistischen Schau“ etwa, die im Jahr 1936 zum ersten Mal gezeigt wurde, sollte das angebliche Zusammenwirken des "
Die unvorteilhafte Hängung und die stigmatisierende Inszenierung der Bilder ähnelte jener "Schandausstellung“, die heute wohl am bekanntesten ist: In
Eine Ausstellung mit dem Ziel der Volksverhetzung
"Der ewige Jude“, am 8. November 1937 von Joseph Goebbels und Julius Streicher in München eröffnet, sollte an diese Argumentationskette anschließen.
Victor Klemperer, zu dieser Zeit bereits in den Zwangsruhestand versetzter Professor für Romanistik an der TH Dresden, schrieb in seinem 1947 erschienenen Buch "LTI – Notizbuch eines Philologen“, dass Wörter wie "Jude“ und ganz besonders "jüdisch“ (im Sinne von "jüdisch-bolschewistisch“ oder "jüdisch-amerikanisch“) für die Nazis eine Klammerfunktion hatten: "So führt von 1933 an buchstäblich jede Gegnerschaft, woher sie auch komme, immer wieder auf denselben Feind, auf die verborgene
Auch der "Bolschewismus" als Kampfbegriff für einen expansiven sowjetischen Kommunismus wurde auf diese Weise mit dem Attribut "jüdisch" versehen und fest in der NS-Propaganda verankert: "Die Nationalsozialisten sprachen dann vom "jüdischen Bolschewismus", um damit nach der russischen Oktoberrevolution, die in der deutschen Bevölkerung verbreitete Furcht vor einem kommunistischen Umsturz für ihren Antisemitismus zu instrumentalisieren", schrieb der Antisemitismusforscher Werner Bergmann 2006.
Diese Strategie galt auch für die Ausstellung "der ewige Jude": Nachdem der "Bolschewismus" gebrandmarkt und die zersetzende Kraft von vermeintlich undeutscher Kunst hervorgehoben worden war, sollte nun die "Herrschaft des Bolschewismus“ als "Herrschaft des Judentums“ dargestellt werden, wie es damals in einem Artikel der "Münchner Neuesten Nachrichten“ hieß. Die Kunsthistorikerin Brigitte Zuber kommt 2009 in einem Text über die in München gezeigten Propagandaschauen der Nazi-Zeit zu dem Fazit: "Mithilfe der konstituierenden Rassenkonstante konnten nun alle 'Entarteten' und 'Untermenschen' in einem 'absoluten Bösen' zusammengefasst werden“.
Jugendliche hatten keinen Zutritt – und wurden doch hinein gelassen
Die Ausstellung hatte in München über 412.000 Besucher. Nicht alle von ihnen kamen freiwillig: Offiziell war Kindern und Jugendlichen der Eintritt verboten. Tatsächlich aber wurden ganze Schulklassen durch die Propagandaschau geführt. Die Altersbeschränkung war als Werbemaßnahme gedacht: Besucher sollten durch die dahinter vermutete Drastik angezogen werden.
Zu sehen bekamen sie – fast genau ein Jahr vor den Ausschreitungen der sogenannten Reichspogromnacht – einen offen und aggressiv vorgeführten Antisemitismus. Dieser fing bei der Zusammenstellung der Propagandaschau an. Die Propagandazeitung der NSDAP, der "
Zum Teil bedienten sich die Kuratoren dabei zu dieser Zeit moderner Mittel: Zum Beispiel wurde mit Text-Bild-Montagen gegen Juden gehetzt. Auch technischer Aufwand wurde betrieben. In einem der Säle brachte man zwei große Weltkarten an, auf denen mit elektrischen Neonröhren die Schritte der vermeintlichen "jüdischen Weltverschwörung“ nachgezeichnet wurden. An anderen Stellen wurden Gänge und Räume verengt. Antisemitische Karikaturen mit zu lachenden Fratzen verzerrten Gesichtern fielen in das Blickfeld all jener, die sich durch die Ausstellung bewegten.
Antisemitismus: Was ist das?