Im Jahr 1984 noch wurde Sarajevo, Hauptstadt der jugoslawischen Teilrepublik
Während die bosniakisch-muslimische und die kroatische Bevölkerung der Teilrepublik die Unabhängigkeit befürworteten, lehnte die Mehrheit der bosnischen Serben sie dagegen ab. So hielten zunächst die bosnischen Serben im November 1991 ein Referendum ab, bei dem sie sich mit großer Mehrheit für den Verbleib der Teilrepublik bei Jugoslawien aussprachen.
Wenige Monate später wurde die gesamte Bevölkerung Bosnien-Herzegowinas befragt: Bei einer Wahlbeteiligung von rund 63 Prozent, sprachen sich 99 Prozent für eine Abspaltung aus. Die Abstimmung wurde von den bosnischen Serben weitgehend boykottiert. Am 6. und 7. April 1992 erkannten die EU und USA die nach dem Referendum ausgerufene Unabhängigkeit des Landes an. Aus den ersten Gefechten zwischen den drei Gruppen entbrannte daraufhin ein Krieg, der fast vier Jahre dauern sollte.
Konflikt eskaliert zur Belagerung
Der eskalierende Konflikt führte im Frühjahr 1992 zur Belagerung von Sarajevo. Bosnisch-serbische Truppen und Teile der Jugoslawischen Volksarmee zogen einen Belagerungsring um Sarajevo – der Auftakt für die insgesamt 1425 Tage andauernde Belagerung.
Für die Lebenssituation der knapp 400.000 Stadtbewohner hatte die Belagerung dramatische Folgen: Fast vier Jahre lang gab es keinen Strom, keine Heizung und nicht genug Lebensmittel. Viele Menschen verheizten in den strengen Wintern ihren gesamten Besitz. Um Wasser zu holen, mussten sie oft Kilometer weit durch die Stadt laufen.
Dabei konnte schon ein einfacher Gang auf die Straße zum lebensgefährlichen Unterfangen werden: In den Hügeln rund um die Stadt und in den Hochhäusern lauerten serbische Scharfschützen und schossen auf die Bewohner. Bekannt wurde in diesem Zusammenhang eine Hauptstraße in Sarajevo als "Sniper Alley" (bosnisch: Snajperska aleja). Auch mit Maschinengewehren und Granaten wurde die Bevölkerung angegriffen.
44 Monate Luftbrücke
Obwohl die westlichen Staaten und die NATO zögerten, militärisch in den Konflikt einzugreifen, errichteten sie bereits wenige Monate nach Beginn der Belagerung eine Luftbrücke nach Sarajevo. 44 Monate lang wurde die Bevölkerung so notdürftig versorgt.
Die NATO-Staaten, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die USA und Kanada, brachten Lebensmittel in die Stadt sowie Decken, Zelte und medizinische Hilfsgüter. Im August 1995 flogen NATO-Soldaten schließlich Luftangriffe – auch rund um Sarajevo – und zwangen die bosnisch-serbischen Truppen, sich zurückzuziehen.
Friedensvertrag von Dayton
Mit dem sogenannten Friedensvertrag von Dayton, den der serbische Präsident Slobodan Milošević, der kroatische Präsident Franjo Tudjman und der bosnisch-herzegowinische Präsident Alija Izetbegović am 14. Dezember 1995 in Paris unterzeichneten, wurde der Krieg in Bosnien und Herzegowina beendet. Am 29. Februar endete die Belagerung von Sarajevo offiziell.
Fast 100.000 Menschen sind in dem Krieg getötet worden oder gelten als verschollen. Mehr als zwei Millionen Menschen wurden in die Flucht getrieben. Allein in Sarajevo starben mehr als 11.000 Bewohner.
11.541 leere Stühle erinnern an die Opfer
Noch heute, 20 Jahre später, sind die Folgen des Krieges in Sarajevo spürbar. Die Stadt wurde wieder aufgebaut, doch für viele Menschen sind die Erinnerungen an die Kriegserlebnisse noch lebendig. Zum Gedenken an die Opfer der Belagerung wurden zum 20. Jahrestag des Kriegsbeginns symbolisch 11.541 rote Stühle aufgestellt.
Das Zusammenleben der Ethnien, für das Sarajevo früher berühmt war, kommt langsam wieder. Allerdings sind – auch im Rest des Landes – viele, die während des Krieges fliehen mussten, bis heute nicht zurückgekehrt. Vor allem die serbische Bevölkerung hat der Stadt den Rücken gekehrt.
Bosnien-Herzegowina – ein geteiltes Land
Bosnien-Herzegowina ist heute in zwei Teilrepubliken (Entitäten) unterteilt: auf der einen Seite die Bosniakisch-Kroatische Föderation (BKF; Federacija Bosne i Hercegovine) und auf der anderen Seite die überwiegend von bosnischen Serben bewohnte Serbische Republik (RS, Republika Srpska). Beide Lager blockieren sich häufig in wichtigen politischen Fragen und behindern somit notwenige Reformen. Das bremst die Wirtschaft und den Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Korruption.
Das Land ist seit 2003 ein potenzieller EU-Beitrittskandidat, im Februar 2016 reichte es einen Antrag auf EU-Beitritt ein – in der Hoffnung, offiziell Beitrittskandidat zu werden. Seit 2012 schon steht Serbien auf der Liste der Beitrittskandidaten, die Beitrittsverhandlungen begannen 2014. Die EU hofft mit der Perspektive der Mitgliedschaft, die politischen und wirtschaftlichen Reformen in der Region voranzubringen.