Seit Iran 1979 zur Islamischen Republik wurde, hat sich dort ein politisches System entwickelt, das republikanisch-demokratische und theokratisch-autoritäre Elemente vereinigt. Zu den wichtigsten politischen Institutionen gehören heute neben dem Wächterrat das Parlament und der Expertenrat. Beide werden direkt vom Volk gewählt; das Parlament auf vier Jahre, der Expertenrat auf acht Jahre. Die Wahlen fanden am 26. Februar 2016 statt.
Das Parlament
Das iranische Parlament, auch Madschlis genannt, wurde infolge der Revolution von 1979 geschaffen und besteht aus 290 Abgeordneten, die 207 Wahlbezirke repräsentieren. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier werden durch eine allgemeine Wahl bestimmt, allerdings kann der Wächterrat Kandidaten von der Wahl ausschließen.
Das Parlament stimmt über den Haushalt ab und beschließt Gesetze. Dabei unterliegen die Beschlüsse des Parlaments der Kontrolle des Wächterrats, der überprüft, ob Gesetzesentwürfe verfassungskonform sind und mit den Leitlinien des Islam übereinstimmen. Dieses Vetorecht durch den Wächterrat hat in der Vergangenheit schon häufiger dazu geführt, dass politische und ökonomische Reformen blockiert wurden.
Der Expertenrat
Der Expertenrat besteht aus 86 Geistlichen, die für acht Jahre gewählt werden. Sie ernennen das Staatsoberhaupt sowie den einflussreichen Religionsführer des Iran auf Lebenszeit und überwachen dessen Arbeit. Überdies kann der Expertenrat das geistliche Oberhaupt abberufen.
Oberhaupt Ajatollah Ali Chamenei ist gegenwärtig der oberste Religionsführer. Sollte er angesichts seines fortgeschrittenen Alters von 76 Jahren und gesundheitlicher Beschwerden in den nächsten Jahren abtreten, darf der Expertenrat einen neuen Religionsführer auf Lebenszeit wählen. Die Zusammensetzung des Expertenrats nach der Wahl im Februar 2016 ist deshalb von großer politischer Bedeutung für das Land.
Die Kandidaten
Zur Wahl des Expertenrats und des Parlaments darf sich jede Person aufstellen, die muslimisch, iranischer Nationalität, körperlich und geistig gesund und zwischen 30 und 75 Jahren alt ist. Darüber hinaus dürfen Kandidatinnen und Kandidaten nicht vorbestraft sein, müssen für die "Werte der Islamischen Republik" einstehen, die iranische Verfassung befolgen und einen Master-Abschluss vorweisen können.
So viele Menschen wie nie zuvor in der Geschichte der Islamischen Republik Iran wollten sich zu den Parlamentswahlen am 26. Februar aufstellen. 12.123 Personen haben sich registriert. Laut dem iranischen Staatsfernsehen wurden mehr als 6.000 nach den Überprüfungen durch den Wächterrat disqualifiziert. Von rund 3000 Reformkandidatinnen und -kandidaten bestätigte der Wächterrat nur 30.
Auch die Kandidatinnen und Kandidaten des Expertenrats werden vor den Wahlen durch den Wächterrat überprüft. 801 Bewerberinnen und Bewerber wollten sich aufstellen lassen; davon wurden nur 166 zugelassen.
Wer darf wählen?
Wahlberechtigt ist in Iran jeder Staatsbürger und jede Staatsbürgerin ab dem 18. Lebensjahr. Das sind etwa 50 Millionen der mehr als 81 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner.
Welche politische Bedeutung haben die Wahlen?
Obgleich nur wenige Reformkandidaten zugelassen wurden, konnten sie – zusammen mit den gemäßigten Konservativen – den vorläufigen Ergebnissen zufolge viele Stimmen auf sich vereinen. Laut der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur Externer Link: IRNA sollen sie allein im Wahlbezirk Teheran Externer Link: alle 30 Parlamentssitze und Externer Link: 15 von 16 Sitzen im Expertenrat geholt haben. Dies wird als Bestätigung des derzeitigen als reformorientiert geltenden Präsidenten Hassan Rouhani gesehen. Dagegen sollen die konservativen Kräfte um den ehemaligen Präsidenten Mahmud Ahmadenischad starke Verluste verzeichnet haben. Es wird jedoch erwartet, dass die Wahlergebnisse im Rest des Landes weniger eindeutig ausfallen als in der Hauptstadt Teheran.
Außenpolitisch ist der Wahlausgang von großer Bedeutung. Die Wahlen fanden zu einem Zeitpunkt statt, zu dem sich das Land mehr und mehr aus der internationalen Isolation befreit. Nachdem die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) bescheinigte, dass Iran seine Verpflichtungen aus dem Atomabkommen erfüllt hat, bereiten die EU und die USA die Aufhebung der Sanktionen vor. Iran erhofft sich dadurch einen Aufschwung für seine Wirtschaft. Das neu gewählte Parlament muss jedoch noch ein Zusatzprotokoll der IAEA bestätigen, nach dem Atomanlagen jederzeit und unangekündigt inspiziert werden können.