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Parlamentswahlen in Dänemark

Redaktion

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Am 18. Juni wählt Dänemark ein neues Parlament. Bei den Wahlen stehen sich der "rote" Block um die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt und der "blaue" Block um ihren konservativen Amtsvorgänger und Herausforderer Lars Løkke Rasmussen gegenüber.

Erste Sitzung des dänischen Parlaments nach der Wahl 2011. (© picture-alliance)

Mehr als 4 Millionen Dänen sind am 18. Juni dazu aufgerufen, an der Wahlurne über die neue Zusammensetzung ihres Parlaments, dem Folketing, abzustimmen. Diesen Termin hatte Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt Ende Mai verkündet. Eigentlich endet die 67. Legislaturperiode erst im Herbst; aber eine nach Jahren der Stagnation wieder wachsende Wirtschaft im vergangenen Jahr sowie ein neues milliardenschweres Wohlfahrtsprogramm und positive Umfragewerte in jüngster Zeit veranlassten Thorning-Schmidt dazu, die Wahlen vorzuverlegen. In Interner Link: Dänemark hat der/die Premierminister/in das Recht, Interner Link: Neuwahlen festzusetzen. Zwischen der Ankündigung und der Wahl selbst müssen dann drei Wochen Abstand liegen.

Politische Koalitionen

Die Sozialdemokraten (SD) erlitten bei den Folketingwahlen 2011 mit einem Ergebnis von 24,8 Prozent der Stimmen zwar eine historische Niederlage, aber mit der Sozialistischen Volkspartei (SF) und den Sozialliberalen (RV) konnten sie eine regierungsfähige Koalition bilden; die Rot-Grüne Einheitsliste (EL) sicherte ihre Unterstützung zu, verzichtete aber auf eine Regierungsbeteiligung. Am 3. Oktober 2011 wurde Helle Thorning-Schmidt dann als erste Frau Dänemarks zur Ministerpräsidentin ernannt.

Im Januar 2014 zerbrach die Drei-Parteien-Koalition. Aus Protest gegen die Teilprivatisierung des hochverschuldeten Energieversorgers Dong Energy an die US-amerikanische Investmentbank Goldman Sachs verließ die Sozialistische Volkspartei (SF) die Koalition und zog ihre sechs Minister aus der Regierung zurück. Die Parteivorsitzende der SF, Annette Vilhelmsen, verkündete aber gleichzeitig, die Ministerpräsidentin auch zukünftig zu tolerieren. Seitdem führt Thorning-Schmidt ein Minderheitskabinett aus Sozialdemokraten und Sozialliberalen.

Neben der Wirtschaftspolitik war vor allem die Ausländer- und Flüchtlingsfrage das beherrschende Thema der vergangenen Jahre. Im letzten Jahr sind 14.800 Flüchtlinge nach Dänemark gekommen – ungefähr doppelt so viele wie 2013. Die regierenden Sozialdemokraten hatten zuletzt eine rigide Ausländerpolitik etabliert und zum Beispiel das Bleiberecht für Flüchtlinge auf ein Jahr begrenzt. Dies kann auch als eine Reaktion auf den Erfolg der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei (DF) betrachtet werden, die bei den Interner Link: Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 mit 26,6 Prozent klar gewann. Auch bei den anstehenden Wahlen ist zu beobachten, dass nahezu alle Parteien strengere Regeln für Flüchtlinge und Einwanderer aufstellen wollen.

Anteile der Parteien an den abgegebenen gültigen Stimmen bei den letzten beiden Parlamentswahlen in Dänemark

Parteien20072011
Liberale Partei Dänemarks (V)26,2%26,7%
Sozialdemokraten (SD) 25,5% 24,8%
Dänische Volkspartei (DF) 13,9% 12,3%
Sozialliberale (RV) 5,1% 9,5%
Sozialistische Volkspartei (SF) 13,0% 9,2%
Rot-Grüne Einheitsliste (EL) 2,2% 6,7%
Liberale Allianz (LA)* 2,8% 5,0%
Konservative Volkspartei (KF) 10,4% 4,9%
Christdemokraten (KD) 0,9% 0,8%

Fußnote: * bis August 2008 Neue Allianz.

Das Parlament

Das Folketing (Volksversammlung) ist seit 1953 die einzige Kammer des dänischen Parlaments. Es hat 179 Sitze – 175 Sitze werden in Dänemark selbst vergeben, je zwei werden auf den Faröer-Inseln und zwei in Grönland gewählt.

Dänemark unterteilt sich in drei Regionen und zehn Mehrpersonenwahlkreise: 135 Abgeordnete werden in den Mehrpersonenwahlkreisen direkt gewählt. Dabei kann der Wähler seine Stimme sowohl einer Partei als auch einzelnen Kandidaten geben. Zum Ausgleich für kleinere Parteien, die kein direktes Wahlkreismandat erlangen, werden 40 Sitze nach einem komplizierten Verteilungsschlüssel vergeben – die sogenannten Kompensationssitze. Voraussetzung ist, dass sie mindestens zwei Prozent der Gesamtstimmen erhalten. Eine Legislaturperiode dauert maximal vier Jahre. Wahlberechtigt sind dänische Staatsangehörige, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Der Ministerpräsident kann jederzeit das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen.

Die niedrige Zwei-Prozent-Hürde sorgt für eine entsprechend große Zahl an Fraktionen im Folketing: In den vergangenen Legislaturperioden waren jeweils zwischen sieben und zehn Gruppierungen vertreten. Infolge der Parteienvielfalt hat seit 1909 keine einzige Partei allein die Mehrheit im Parlament gehabt. Was in den meisten Ländern als Zeichen für politische Instabilität gedeutet würde, hat sich zu einer Charakteristikum der dänischen Politik entwickelt: Die Konsens- oder Verhandlungsdemokratie, die den Kompromiss zwischen den politischen Akteuren sucht.

Die Parteien

Die 1871 gegründeten Sozialdemokraten (Socialdemokraterne/SD) sind die einflussreichste politische Kraft in der Geschichte des Landes und waren seit den 1920er Jahren bis zur Jahrtausendwende fast ununterbrochen in der Regierung vertreten. Eng mit den Gewerkschaften verbunden, haben sie den dänischen Wohlfahrtsstaat maßgeblich geprägt.

Älteste Partei Dänemarks (1870) ist die Liberale Partei Dänemarks (Venstre/V). Die - wörtlich übersetzt - „Linke“ ist aus der Interessenvertretung der Bauern hervorgegangen. Die Partei von Ex-Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen vertritt einen rechtsliberalen politischen Kurs und plädiert dafür, staatliche Eingriffe auf ein Minimum zu beschränken und die Sozialsysteme zu entlasten.

Die Dänische Volkspartei (Dansk Folkeparti/DF) wurde 1995 gegründet. Die rechtspopulistische Partei fordert, die Asylpolitik zu verschärfen und den Zugang zu Leistungen des Wohlfahrtsstaats auf Einheimische zu beschränken. Sie ist gegen die EU-Mitgliedschaft Dänemarks, aber für die Mitgliedschaft in der NATO.

Die Sozialistische Volkspartei (Socialistisk Folkeparti/SF) ist 1959 als Abspaltung von der Kommunistischen Partei entstanden. Sie versteht sich heute als demokratisch-sozialistische Umweltpartei.

Die Rot-Grüne Einheitsliste (Enhedslisten - De Rød-Grønne/EL) ist am weitesten links im politischen Spektrum verordnet. Das Bündnis wurde 1989 geschlossen und ist seit 1994 im Folketing vertreten. Die Partei setzt sich für die Verstaatlichung der Industrie sowie eine offensive Flüchtlingspolitik ein und spricht sich gegen die Mitgliedschaft Dänemarks in der NATO und der EU aus.

Die Konservative Volkspartei (Det Konservative Folkeparti/KF) von 1915 war mehrfach an bürgerliche Koalitionsregierungen beteiligt. Sie ist christlich-konservativ ausgerichtet und tritt für eine liberale Wirtschaftspolitik und niedrigere Einkommensteuern ein.

Die Sozialliberalen (Det Radikale Venstre/RV) sind seit ihrer Gründung 1905 im dänischen Parlament vertreten und haben als "Partei der Mitte" sowohl sozialdemokratische als auch liberal-konservative Minderheitsregierungen unterstützt. Die Partei verfolgt eine bürgerliche Wirtschafts- und Sozialpolitik und setzt sich als einzige Partei vorbehaltlos für die Integration Dänemarks in die EU ein.

Die Liberale Allianz (Liberal Alliance/LA), 2007 von ehemaligen Mitgliedern der RV und der KF gegründet, fordert einen neoliberalen Wirtschaftskurs. Hauptanliegen der Partei sind niedrigere Einkommenssteuern sowie eine aktive Migrations- und Integrationspolitik.

Das jüngste Mitglied in der Parteienlandschaft ist seit Ende 2013 die Alternative (Alternativet/Å). Die Partei des früheren Kulturministers der RV, Uffe Elbæk, vertritt klassische grüne Werte wie ökologische und soziale Nachhaltigkeit.

Liberale Partei, Dänische Volkspartei, Konservative und die Liberale Allianz bilden den "blauen" bürgerlichen Block. Sozialdemokraten, Sozialliberale, Sozialistische Volkspartei, Einheitsliste und Alternative werden dem sozialdemokratischen "roten" Block zugerechnet.

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