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Irland stimmt über gleichgeschlechtliche Ehe ab | Hintergrund aktuell | bpb.de

Irland stimmt über gleichgeschlechtliche Ehe ab

Redaktion

/ 4 Minuten zu lesen

Am 22. Mai wird in der Republik Irland in einem Referendum darüber abgestimmt, ob die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet werden soll. Bislang können diese nur eine eingetragene Partnerschaft eingehen. Irland ist das erste Land weltweit, in dem diese Frage per Volksabstimmung entschieden wird.

Ein großes Wandgemälde in der George's Street in Dublin zeigt ein sich umarmendes schwules Paar. Das irische Referendum über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare findet am 22. Mai 2015 statt. (© picture-alliance/dpa, NurPhoto)

Die Niederlande waren im Jahr 2001 das erste Land der Welt, das es homosexuellen Paaren ermöglichte zu heiraten; darüber hinaus erhielten die Paare dort das Recht, Kinder zu adoptieren. Inzwischen sind in vielen Ländern Gesetze zu ehe-ähnlichen Partnerschaften verabschiedet worden.

Die Institution der Ehe als solche für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen, ist jedoch Interner Link: vielerorts weiterhin umstritten. Aktuelle Diskussionen beschäftigen sich mit der Definition von Ehe und Familie, dem sogenannten "Kindeswohl" und Zugangsrechten zu assistierter Reproduktion – so auch die Debatte, die im Vorlauf des Referendums zurzeit in Irland stattfindet.

Der Einfluss der katholischen Kirche in Irland

Fast 90 Prozent der irischen Bevölkerung sind dem römisch-katholischen Glauben zugehörig. Die katholische Kirche hat traditionell einen großen Einfluss auf die irische Gesellschaft. Der freie Verkauf von Kondomen blieb bis 1985 verboten. Bis 1994 blieb Irland - neben Malta - das einzige europäische Land, in dem Paare sich nicht scheiden lassen konnten. Mittlerweile haben die Aufdeckung von jahrzehntelang verschwiegenen Misshandlungen von Kindern und Jugendlichen in kirchlichen Heimen und die zunehmende Liberalisierung der Gesellschaft den Einfluss der katholischen Kirche in der irischen Bevölkerung geschwächt.

Entkriminalisierung von Homosexualität

Ähnlich wie in Interner Link: anderen europäischen Ländern formierte sich in Irland Anfang der 1970er Jahre eine Emanzipationsbewegung, die für die Entkriminalisierung von Homosexualität, mehr Sichtbarkeit von LGBT-Menschen (engl.: Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender) und deren rechtliche und soziale Gleichbehandlung kämpfte. Der irische Bürgerrechtsaktivist David Norris klagte im Jahr 1977 vor dem obersten Rechtsberater der Regierung gegen das gesetzliche Verbot von sexuellen Handlungen zwischen Männern. Als die Klage 1983 vor dem Obersten Gerichtshof Irlands scheiterte, wandte sich Norris an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Dieser gab ihm 1988 in allen Belangen Recht. Die irische Regierung musste die teilweise noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Gesetze abschaffen. Erst ab 1993 stand Homosexualität in Irland nicht länger unter Strafe.

Eingetragene Partnerschaft

2009 brachte die damalige Regierungskoalition, bestehend aus Fianna Fáil, Green Party und Progressive Democrats, die "Civil Partnerships Bill" (engl.: Gesetz zur zivilrechtlichen oder eingetragenen Partnerschaft) im Daíl, dem Unterhaus des irischen Parlaments, ein. Da alle dort vertretenen Parteien den Gesetzesentwurf formal unterstützten, wurde er ohne Abstimmung angenommen und auch vom Seanad (Senat bzw. Oberhaus) bestätigt. Am 1. Januar 2011 trat das Gesetz in Kraft. Im Rahmen der eingetragenen Partnerschaft sind gegenseitige Eigentums-, Pensions- und Unterhaltsansprüchen gegengeschlechtlichen Ehen annähernd gleichgestellt. Allerdings dürfen die Partner bzw. Partnerinnen gemeinsam keine Kinder adoptieren und auch das gemeinsame Sorgerecht für leibliche Kinder eines Lebenspartners bleibt ihnen verwehrt.

Fortbestehende Ungleichheit

Juristisch blieb umstritten, ob die Regelungen des Partnerschaftsgesetzes mit der Interner Link: Charta der Grundrechte der Europäischen Union übereinstimmen und nicht gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen. Die amtierende Regierungskoalition der Mitte-rechts-Partei Fine Gael und der sozialliberalen Labour Party setzte die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare auf ihre Agenda. Beide Parlamentskammern unterstützten den Vorstoß. Im Juli 2013 legte der Verfassungsrat (Convention on the Constitution) einen Vorschlag für eine entsprechende Änderung vor. Da die Ehe in Irland Verfassungsrang hat und die Verfassung nur per Referendum geändert werden kann, muss nun die Bevölkerung über die gleichgeschlechtliche Ehe abstimmen.

Die "Yes"- und die "No"-Kampagne

Im Vorfeld der Abstimmung am 22. Mai haben sich Politikerinnen und Politiker aller Fraktionen für die Öffnung der Ehe ausgesprochen. Die Befürworter fordern eine Angleichung der Gesetzgebung an die Lebenswirklichkeit von Familien. Kinder, die mit zwei Müttern oder zwei Vätern aufwachsen, sollten denselben Schutz und dieselbe Unterstützung erhalten, wie Kinder in traditionellen Familien mit heterosexuellen Elternteilen. Außerdem würde die Unterscheidung zwischen eingetragenen Partnerschaften und Ehen gleichgeschlechtliche Paare weiterhin als ungleich und weniger wertvoll behandeln. Die Kritik auf Seiten der katholischen Kirche sei unberechtigt, da es sich um eine zivilrechtliche Frage handele.

Gegnerinnen und Gegner der Öffnung sind der Ansicht, dass die eingetragene Partnerschaft homosexuellen Paaren bereits genug Rechte einräume und der heterosexuellen Ehe ein besonderer Status erhalten bleiben solle. Die katholische Kirche fürchtet, dass durch die Öffnung der Ehe das Gemeinwohl Schaden nehmen könnte. Die Ehe zwischen Mann und Frau sei einzigartig und Kinder hätten ein natürliches Recht auf Vater und Mutter.

In verschiedenen Umfragen haben sich rund 70 Prozent der Befragten für die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen. Allerdings wird gemutmaßt, dass sich die Gegnerinnen und Gegner nicht offen zu ihrer Position äußern, viele Menschen noch unentschieden sind und die Umfragen deshalb irreführend sein könnten.

Gleichgeschlechtliche Ehen oder eingetragene Lebenspartnerschaften in der EU

  Ehe eingeführt im Jahr: Partnerschaft eingeführt im Jahr:
Belgien 2003 -
Bulgarien - -
Dänemark 2012 -
Deutschland - 2001
Estland - (2016)*
Finnland (2016/2017)* 2002
Frankreich 2013 -
Griechenland - 2008
Großbritannien 2014 -
Irland - 2011
Italien - -
Kroatien - 2014
Lettland - -
Litauen - -
Luxemburg 2015 -
Malta - 2014
Niederlande 2001 -
Österreich - 2010
Polen - -
Portugal 2010 -
Rumänien - -
Schweden 2009 -
Slowakei - -
Slowenien - 2006
Spanien 2005 -
Tschechien - 2006
Ungarn - 2009
Zypern - -

Fußnote: * entsprechendes Gesetz verabschiedet; geplantes Jahr der Einführung.

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