Blick auf den Stacheldraht-Zaun und das Lagertor in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar. Das Konzentrationslager Buchenwald wurde 1937 errichtet. Bei Kriegsende war es das größte Konzentrationslager auf deutschem Boden.
Vor 70 Jahren, am 11. April 1945, befreiten US-amerikanische Truppen das Konzentrationslager (KZ) Buchenwald. Als zwei Soldaten gegen 17 Uhr das Tor des Lagers erreichten, hatten die Häftlinge bereits die Kontrolle übernommen. Der SS-Lagerkommandant Hermann Pister, weitere SS-Angehörige und die Wachmannschaften waren bis zum Mittag geflohen. Beim Eintreffen der US-Armee befanden sich 21.000 Häftlinge im KZ Buchenwald. 28.000 weitere Häftlinge hatte die SS in den Tagen zuvor auf Todesmärsche in Richtung Süden geschickt.
Die Errichtung des Lagers 1937
Das System der Konzentrationslager war das zentrale Instrument der Interner Link: nationalsozialistischen Terrorherrschaft. Unmittelbar nach der Machtübernahme 1933 begannen die Nationalsozialisten damit, politische Gegner ohne Gerichtsurteil zu inhaftieren, zu foltern und zu ermorden. Von Sommer 1934 an hatte die
Auf dem Ettersberg nahe der Stadt Weimar hatten die Nationalsozialisten am 15. Juli 1937 mit der Errichtung des Konzentrationslagers Buchenwald begonnen. Sie überführten Insassen aus anderen Lagern –
Folter und Mord
Mit dem weiteren Ausbau des Lagers wuchs auch das Ausmaß des Terrors. Im Oktober 1938 waren erstmals mehr als 10.000 Menschen in Buchenwald interniert. Sie wurden Opfer von Folter und Gewaltexzessen der Aufseher, litten an Unterernährung und Epidemien. Die SS-Aufseher ließen Häftlinge, die zu fliehen versucht hatten, öffentlich hinrichten oder gezielt durch den Einsatz von Giftspritzen ermorden – so etwa am 3. April 1940 Ernst Heilmann, ehemaliges Mitglied des Deutschen Reichstages und Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion im Preußischen Landtag.
Nach dem
Zwangsarbeit
Schon in den Jahren vor Kriegsbeginn hatte das NS-Regime begonnen, die in Konzentrationslagern Internierten in Steinbrüchen oder Fabriken auszubeuten. Diese Sklavenarbeit diente sowohl der Erniedrigung als auch der Rüstungsproduktion. In Weimar mussten Gefangene ab 1942 in den Gustloff-Werken Waffen produzieren; im Herbst 1943 entstand dort das erste Außenlager zur Unterbringung der Zwangsarbeiter aus dem KZ Buchenwald. In den folgenden drei Jahren wurden insgesamt 136 solcher Außenlager in ganz Deutschland errichtet. Das im Harz gelegene Außenlager Mittelbau-Dora wurde 1944 zu einem eigenständigen KZ; rund 20.000 der 60.000 dort zur Zwangsarbeit eingesetzten Menschen starben.
Der Widerstand im Lager
Buchenwald erinnert nicht nur an die Grausamkeiten des NS-Terrors, sondern auch an den selbstorganisierten Widerstand der Gefangenen. Im Lager waren Antifaschisten aus zahlreichen europäischen Ländern interniert: Intellektuelle wie Stéphane Hessel aus Frankreich, der Schriftsteller und spätere spanische Kulturminister Jorge Semprún, drei ehemalige französische Ministerpräsidenten und andere sozialdemokratische, kommunistische und konservative Politiker sowie Geistliche. Sie etablierten in Buchenwald konspirative Netzwerke wie beispielsweise das kommunistische "Internationale Lagerkomitee" und versuchten, die Gewaltexzesse der SS im Rahmen des Möglichen einzudämmen.
Lagertor des KZ Buchenwald (© picture-alliance/dpa)
Lagertor des KZ Buchenwald (© picture-alliance/dpa)
Da die SS gewisse Organisations- und Verwaltungsaufgaben an Häftlinge delegierte – auch um sie zu spalten und Solidarisierung unter ihnen zu verhindern –, verfügte der Widerstand im KZ über kleine Schalthebel, um etwa bei der Einteilung zur Zwangsarbeit einzelne Genossen oder besonders geschwächte Mitinsassen vor dem sicheren Tod zumindest vorerst zu bewahren. 1938 musste der in Buchenwald inhaftierte Bauhaus-Architekt Franz Ehrlich auf Geheiß der SS den zynischen Ausspruch "Jedem das Seine" als nach innen lesbare Gravur für das Lagertor anfertigen. Er wählte dafür eine der Bauhaus-Tradition verpflichtete Typographie; die Nationalsozialisten, für die der Bauhaus-Stil als "entartete Kunst" galt, bemerkten diesen subtilen Akt des Widerstands nie.
Der Schwur von Buchenwald
Zwischen 1937 und 1945 wurden insgesamt 265.980 Menschen, darunter rund 27.000 Frauen, in Buchenwald interniert. Die Gedenkstätte Buchenwald hat Externer Link: insgesamt 38.049 Tote aus den Lagerunterlagen ermittelt; 748 von ihnen starben noch nach der Befreiung am 11. April an den Folgen der Lagerhaft. Zähle man noch die in Buchenwald ermordeten unbekannten Kriegsgefangenen und die Menschen hinzu, die auf den Todesmärschen ums Leben gekommen sind, seien insgesamt 56.000 Menschen gestorben.
Um den Opfern zu gedenken, kamen die Überlebenden am 19. April 1945 zusammen, um gemeinsam den Schwur von Buchenwald abzulegen: "Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel."
Viele Überlebende litten in den Folgejahren nicht nur an den psychischen und physischen Folgen der Haft, sondern vor allem auch an der Unmöglichkeit, über den Terror der Enthumanisierung zu sprechen. Viele ihrer Mitmenschen zeigten zwar Mitleid, aber weigerten sich, nach dem Erlebten zu fragen.
Im Sommer 1945 übergaben die US-Truppen das Lager an die sowjetische Militäradministration. Diese richtete dort das sogenannte "Speziallager Nr. 2" ein, eines von insgesamt zehn Lagern zur Internierung lokaler NS-Funktionsträger. Inhaftiert wurden aber auch Jugendliche und Denunzierte sowie politische Gegner der sowjetischen Besatzungsmacht. Allein im Winter 1946/47 verhungerten mehr als 7.000 der 28.000 Insassen. 1950 wurde das Lager endgültig aufgelöst.
Gedenkfeiern
Um den 70. Jahrestag der Befreiung herum erinnern in der Gedenkstätte Buchenwald und in Weimar zahlreiche Externer Link: Veranstaltungen an den Terror, der mit dem Konzentrationslager verbunden ist. Am 11. April 2015 um 15.15 Uhr, genau 70 Jahre nach der Übernahme des Lagers durch die Häftlinge, wird auf dem ehemaligen Appellplatz des Lagers eine Schweigeminute abgehalten.
Eine – unvollständige – Chronologie der Befreiungen der Konzentrationslager
23. Juli 1944: sowjetische Truppen befreien Majdanek, Polen
13. Oktober 1944: sowjetische Truppen befreien Riga-Kaiserwald, Lettland
27. Oktober 1944: kanadische Truppen befreien Herzogenbusch, Niederlande
23. November 1944: US-Truppen befreien Natzweiler-Struthof, Frankreich
27. Januar 1945:
13. Februar 1945: sowjetische Truppen befreien Groß-Rosen, Polen
11. April 1945: US-Truppen befreien Buchenwald und Mittelbau-Dora, Deutschland
15. April 1945: britische Truppen befreien Bergen-Belsen, Deutschland
22. April 1945: sowjetische und polnische Truppen befreien Sachsenhausen, Deutschland
23. April 1945: US-Truppen befreien Flossenbürg, Deutschland
29. April 1945: US-Truppen befreien Dachau, Deutschland
30. April 1945:
5. Mai 1945: US-Truppen befreien Mauthausen, Österreich
9. Mai 1945: sowjetische Truppen befreien Stutthof, Polen
Quelle: Internationales Auschwitz Komitee: Externer Link: Chronologie: Daten der Befreiung von einigen Konzentrationslagern