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10 Jahre Kyoto-Protokoll: Schwellenländer im Fokus | Hintergrund aktuell | bpb.de

10 Jahre Kyoto-Protokoll: Schwellenländer im Fokus

Dr. Susanne Dröge

/ 3 Minuten zu lesen

Vor zehn Jahren trat das Kyoto-Protokoll in Kraft. Blickt man auf die darin vereinbarten Ziele, falle die Bilanz gemischt aus, sagt Susanne Dröge von der Stiftung Wissenschaft und Politik im Interview.

Rauchende Schornsteine eines Heizkraftwerks (© picture-alliance/dpa)

Frau Dröge, am 16. Februar ist das Kyoto-Protokoll zehn Jahre in Kraft. Im Rückblick: Was waren die Kernpunkte des Abkommens?

Das Kyoto-Protokoll von 1997 hat den Klimaschutz völkerrechtlich verankert und es wurde festgelegt, dass die Industrieländer ihren Ausstoß von Treibhausgasen verringern müssen. Die beteiligten Staaten verpflichteten sich konkret, die Emissionen von sechs Treibhausgasen von 2008 bis 2012 um mindestens fünf Prozent unter den Wert des Jahres 1990 zu senken. Wichtig sind auch die klimapolitischen Instrumente, die neu eingeführt wurden: der nationale Emissionshandel und der internationale Transfer von Emissionsrechten. Das Kyoto-Protokoll hat zwar die Transformationsländer Russland und Osteuropa mit an Bord, allerdings wurden die Schwellenländer wie beispielsweise China oder Indien nicht mit in die Verantwortung genommen, obwohl einige von ihnen schon 1997 stark steigende Emissionen aufwiesen. Sie zählen in dem Protokoll zu den Entwicklungsländern und müssen daher keinen Klimaschutz betreiben. Hinzu kommt: Die Reduktion um lediglich fünf Prozent war angesichts des Klimawandels nicht ausreichend.

Die USA haben das Protokoll nicht ratifiziert – was bedeutete dies für die Entwicklung der Klimapolitik?

Die USA sind nach 2001 sogar aus dem Protokoll ausgetreten, das sie 1998 unterzeichnet hatten. Sie fühlten sich dem Prozess nicht mehr zugehörig, weil sie die Lastenverteilung als nicht akzeptabel empfanden. Dies war ein schwerer Schlag für den Prozess, denn ohne den damals noch größten Emittenten von Treibhausgasen hatte das Protokoll an Bedeutung verloren und sein Inkrafttreten wurde stark gefährdet. Dafür mussten nämlich 55 Prozent der Treibhausgasemissionen der Industrieländer erfasst werden. Russland erwies sich im Laufe des Jahres 2004 als der "Retter" des Protokolls, denn mit der Ratifikation Russlands konnte es dann 2005 in Kraft treten. Zu diesem Zeitpunkt hatten 136 Staaten das Protokoll ratifiziert. Sie waren für insgesamt 62 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses verantwortlich.

Das Kyoto-Protokoll legte erstmals rechtsverbindliche Begrenzungs- und Reduzierungsverpflichtungen der Treibhausgas-Emissionen fest. Wie ist der Stand der Dinge, sind diese erfüllt worden?

Die Erfüllung der Ziele unter dem Kyoto-Protokoll in der ersten Verpflichtungsperiode (2008 bis 2012) fällt sehr gemischt aus. Die EU (EU-15) hat ihr Ziel von acht Prozent (im Vergleich zu 1990) mehr als erreicht und wird auch für die zweite Periode (2013 bis 2020) ihr gestecktes Ziel übererfüllen. Hingegen zählen jene Staaten, die schon 2001 mit den USA sympathisierten, zu denen, die das Ziel nicht geschafft haben: Kanada (ausgetreten 2013) und Australien. Japan hat ebenfalls das Ziel der ersten Periode weit verfehlt und danach seine Ambitionen stark reduziert. Zwischen 1990 und 2010 sind die Emissionen weltweit um fast 30 Prozent gestiegen.

Sie haben es angesprochen, nach dem Kyoto-Protokoll sind bislang nur die Industriestaaten zur Reduktion der Emissionen verpflichtet, Schwellen- und Entwicklungsländer nicht. Heute steht die Beteiligung der anderen Länder in der Diskussion. Wie ist da der Stand der Dinge?

Anders als unter dem Kyoto-Protokoll wird für ein neues internationales Abkommen jedes Land, das Vertragsstaat der Klimarahmenkonvention ist, einen national zu bestimmenden Beitrag nennen, den es einzubringen bereit ist. Dieser Beitrag kann ein konkretes Klimaziel sein – so wird die EU beispielsweise ankündigen, bis 2030 die Emissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu verringern. Aktuell wird darüber verhandelt, welche weiteren Vorschläge Länder machen können. Denn: Viele Entwicklungs- und Schwellenländer möchten aufzeigen, welche nationalen Maßnahmen sie in Sektoren wie Landwirtschaft oder Energieproduktion anstreben oder wie sie sich dem Klimawandel anpassen wollen anstatt ein konkretes Klimaziel zu nennen. Große Verschmutzer wie China bewegen sich langsam in die Richtung, die eigenen Emissionen zu bremsen.

Zwischen dem 30. November und dem 11. Dezember soll bei der Weltklimakonferenz in Paris ein neuer globaler Klimavertrag geschlossen werden. Dieser soll alle Länder umfassen. Welche Kernpunkte stehen in der Debatte darüber momentan im Fokus?

Einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag nach dem Vorbild des Kyoto-Protokolls wird es in Paris sicherlich nicht geben. Das schließt aber nicht aus, dass sich die 195 Staatenvertreter auf eine Verabredung einigen können, die von allen unterzeichnet wird. Für die Pariser Verhandlungen geht es neben den national zu bestimmenden Beiträgen für ein neues Abkommen auch darum, ob die Finanzhilfen für die internationale Klimapolitik erhöht werden können, ob ein langfristiges Klimaziel beschlossen werden soll und ob die freiwillig verkündeten Klimaschutzziele mit einem Mechanismus regelmäßig kontrolliert und gemeldet werden können. Zudem wird debattiert, ob man eine Vereinbarung schaffen kann, nach der die gemeldeten Ziele in bestimmten Zeitabständen erneuert und gegebenenfalls sogar nach oben korrigiert werden könnten.

Weitere Inhalte

Dr. Susanne Dröge leitet die Forschungsgruppe Globale Fragen an der Stiftung Wissenschaft und Politik. Die Volkswirtin forscht zur internationalen Klimapolitik, nachhaltiger Entwicklung und den ökonomischen Instrumenten der Umweltpolitik.