Griechenland hat am vergangenen Sonntag (25. Januar) vorgezogene Neuwahlen des Parlaments abgehalten. Dessen vierjährige Legislaturperiode hätte eigentlich erst 2016 geendet. Doch im vergangenen Dezember scheiterte die Wahl eines neuen Staatspräsidenten. Diesen bestimmt in Griechenland das Parlament. Kommt, wie im Dezember 2014, in drei Wahlgängen nicht die erforderliche Mehrheit für einen Kandidaten zustande, sieht die griechische Verfassung Neuwahlen vor.
Syriza verfehlt absolute Mehrheit nur knapp
Aus dieser ist die bisher größte Oppositionspartei Syriza als deutlicher Sieger hervorgegangen. Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erhielt sie 36,34 Prozent der Stimmen und kann so die Zahl ihrer Parlamentssitze von 71 auf 149 mehr als verdoppeln. Die bislang amtierende Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) kommt mit 27,81 Prozent der Stimmen auf 76 Sitze im neuen Parlament. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 64 Prozent.
Der ungleiche Abstand zwischen dem Anteil der gewonnen Stimmen und den tatsächlich erhaltenen Parlamentssitzen der beiden stärksten Parteien erklärt sich aus einer Besonderheit des griechischen Wahlsystems: In Griechenland erhält die Partei mit dem größten Stimmenanteil einen garantierten Bonus von 50 Sitzen, um die Bildung stabiler Mehrheiten zu erleichtern. Die übrigen 250 Sitze werden den Wahlergebnissen entsprechend unter den Parteien verteilt.
Infolge einer Sperrklausel ist nur im Parlament vertreten, wer landesweit mehr als drei Prozent der Stimmen holt. Dazu zählen neben Syriza und ND die
Faktenkasten: Griechenland
Wer 18 Jahre oder älter ist, darf in Griechenland wählen; eigentlich muss er oder sie es sogar, denn in Griechenland herrscht
Bei den diesjährigen Wahlen ist ein Fünftel der 9,8 Millionen Wahlberechtigten 71 Jahre oder älter: insgesamt rund 2,2 Millionen Männer und Frauen. Die Gruppe der 18- bis 29-Jährigen umfasst 1,4 Millionen Menschen, darunter sind mehr als 224.000 Erstwähler.
Außerdem können rund 50.000 Menschen zum ersten Mal in Griechenland abstimmen, weil sie in der Zeit seit den letzten Wahlen die griechische Staatsbürgerschaft erhalten haben.
Schnelle Koalitionsbildung
Mit 149 Mandaten fehlen Syriza zwei Stimmen zur absoluten Mehrheit, und die
Wahlsieger Syriza fordert einen Erlass der Hälfte aller Staatsschulden Griechenlands bzw. deren Umwandlung in langfristige, zinslose Anleihen. Die Netto-Auslandsverschuldung Griechenlands betrug im dritten Quartal 2014 rund 129 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Syriza will armen Haushalten unter anderem durch die Erhöhung des Mindestlohns oder eine Übernahme von Stromkosten helfen. Außerdem fordert die Partei von Spitzenkandidat Alexis Tsipras ein Ende der Sparpolitik in Europa, um stattdessen den
Zwei Parlamentswahlen im Jahr 2012
Interner Link: Zuletzt waren die Griechen 2012 zur Parlamentswahl aufgerufen, zweimal sogar innerhalb weniger Wochen: Nach dem Urnengang vom 6. Mai 2012 scheiterten alle Versuche einer Regierungsbildung, so dass es am 17. Juni erneut zu einer Parlamentswahl kam. Aus dieser ging eine Koalitionsregierung mit drei Partnern hervor: Die ND mit 127 Sitzen stellte seitdem mit Antonis Samaras den Ministerpräsidenten und schloss eine Koalitionsvereinbarung mit der sozialistischen PASOK (28 Sitze) und der Demokratischen Linken (DHMAR, neun Sitze). Letztere schied Mitte 2013 aus dem Bündnis aus, um gegen die komplette Schließung des öffentlich-rechtlichen Senders ERT durch Ministerpräsident Samaras zu protestieren.
Die Kontroverse um Sender ERT ist nur eine von vielen typischen Auseinandersetzungen, seitdem die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2007 Griechenland hart getroffen hat. 2010 war das Land de facto bankrott und konnte seine Zahlungsfähigkeit nur durch Kredite internationaler Geber – der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) – erhalten. Dieses als
Nach einer seit 2007 andauernden Rezession war die griechische Wirtschaft im zweiten und dritten Quartal 2014 wieder leicht gewachsen. Dennoch bleibt Griechenland mit einer derzeitigen Arbeitslosenquote von 25,7 Prozent trauriger Spitzenreiter in der Eurozone. Von den Unter-25-Jährigen ist sogar knapp die Hälfte ohne Job. Die Selbstmordrate ist seit Ausbruch der Krise stark gestiegen.