"Mit Fantasie und ohne Gewalt." So lautete der Aufruf der
Plötzlich ist die Tür offen
Doch die Stimmung der DDR-Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen 17 Uhr vor den Toren des Hauptquartiers versammelt hatten, war aufgeheizt. Als die Bürgerrechtlerin Externer Link: Bärbel Bohley zur Ruhe mahnte, wurde sie ausgepfiffen. "Stasi raus" und "Korrupter SED-Adel an den Pranger!" skandierten die Demonstrierenden. Zugleich forderten sie Einlass in die seit vier Jahrzehnten gesicherte Stasi-Zentrale. Tatsächlich öffnete sich plötzlich unerwartet deren Eingang. Etwa 2.000 Demonstrierende strömten in den Hof und die Gänge des Hauptquartiers. Die meisten gelangten in den Versorgungstrakt und stießen auf eine Fülle von West-Delikatessen - für DDR-Zeiten undenkbarer Luxus - was ihre Wut noch steigerte. Scheiben klirrten und Papiere, Stühle und Tische wurden aus den Fenstern geworfen. Es kam zu tumultartigen Szenen.
Bereits im Dezember hatten DDR-Bürgerinnen und Bürger in Städten wie
Bericht über Aktivitäten
Ebenfalls am 15. Januar 1990, nur wenige Stunden vor der Erstürmung der Stasi-Zentrale, war der
Die
Die Nachricht über die Ereignisse in Berlin-Lichtenberg erreichte den Runden Tisch am frühen Abend. Die Teilnehmenden brachen die Gespräche ab und fuhren gemeinsam mit Ministerpräsident Modrow in die Normannenstraße. Es gelang ihnen, die dortige Lage zu entspannen, in dem sie die Demonstrierenden zu Ruhe und Besonnenheit aufriefen.
Wie ging das Tor auf?
Wer das Tor zur Stasi-Zentrale geöffnet hat, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Die Publizistin Anne Worst geht davon aus, dass die Demonstrierenden damals Teil einer Inszenierung der Stasi geworden sind. In ihrem Buch "Das Ende eines Geheimdienstes. Oder: Wie lebendig ist die Stasi?" zitiert sie Zeitzeugen mit den Worten, dass sich die Stahltore damals nicht durch den Druck der Massen geöffnet hätten, sondern von innen "freiwillig" entriegelt worden seien. Zudem stellt sie Vermutungen an, dass verdeckte Stasi-Mitglieder die Demonstrierenden gezielt in den Versorgungstrakt und weg von den Akten gelenkt hätten. Das Chaos und die Gewalt gegen Sachen in der bis dato friedlichen Revolution sollten der DDR-Regierung Argumente liefern, den Sicherheitsapparat doch mit einem Verfassungsschutz auszustatten. Andere Historikerinnen und Historiker gehen davon aus, dass Personen aus dem inneren des Gebäudes die Tore öffneten, weil sie fürchteten, in der drangvollen Enge würden Menschen zu Schaden kommen.
QuellentextMerkwürdigkeiten
15. Januar 1990 in der Berliner Normannenstraße. Demonstranten brechen die nächstgelegenen Türen der Stasi-Zentrale auf - sie führen aber nur in den Versorgungstrakt. (© wir-waren-so-frei.de / Jürgen Nagel)
15. Januar 1990 in der Berliner Normannenstraße. Demonstranten brechen die nächstgelegenen Türen der Stasi-Zentrale auf - sie führen aber nur in den Versorgungstrakt. (© wir-waren-so-frei.de / Jürgen Nagel)
War der Sturm auf die Stasi stasigesteuert? Auch ein Feature des Deutschlandradios vom 14.1.2010 weist auf Merkwürdigkeiten im Lauf des 15. Januars 1990 hin: Externer Link: "Es geschah in Berlin". Der Historiker Christian Booß wiederum beschreibt einen Bürgererfolg, wenn auch
Bundesbeauftragter und Museum in der Normannenstraße
Ein Schild weist an einer Einfahrt zur Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße der ehemaligen Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Berlin auf das Stasi-Museum hin. (© picture-alliance/AP)
Ein Schild weist an einer Einfahrt zur Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße der ehemaligen Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Berlin auf das Stasi-Museum hin. (© picture-alliance/AP)
Eine Woche nach den historischen Ereignissen sprach sich der Runde Tisch für die Einrichtung einer "Gedenk- und Forschungsstelle zum DDR-Stalinismus" in der Normannenstraße aus. Am 7. November 1990 nahm das "Externer Link: Stasi-Museum" seinen regulären Betrieb auf.
Zudem führte der
Mit dem Ende der Amtszeit des jetzigen Bundesbeauftragten im Sommer 2021 wird die
Dass die Aufarbeitung der SED-Diktatur ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen bleibt, ist auch der Verdienst der Oppositionellen und der Bürgerrechtsbewegung von damals. Sie retteten durch die Besetzung der Stasi-Verwaltungen rund 16.000 Säcke mit zerrissenen Dokumenten vor der endgültigen Vernichtung.
Anlässlich des 30. Jahrestages der Besetzung der Stasi-Zentrale findet am Mittwoch, den 15. Januar 2020, am historischen Ort "Externer Link: Stasi-Zentrale. Campus für Demokratie“ in Berlin ein Tag der offenen Tür statt. Zum Abschluss des umfassenden Rahmenprogramms lädt der BStU zu einer Podiumsdiskussion mit dem Titel "Externer Link: Wo ist meine Akte" ein.
Interner Link: Jens Schöne: "Das Bezirksamt ist handlungsunfähig". Vom Ende der DDR-Geheimpolizei Interner Link: Hintergrund aktuell (14.11.2019): Überführung der Stasi-Akten ins Bundesarchiv Interner Link: Hintergrund aktuell (09.09.2019): DDR-Bürgerrechtsbewegungen 1989 Interner Link: Dr. Christian Booß: Geschichte ohne Masterplan: Der Sturm auf die Stasi 1989/90 Interner Link: Klaus Bästlein: Der 15. Januar 1990 - ein Stasi-Erfolg? Interner Link: Wie Anfang Dezember 1989 der Sturm auf die Stasi begann - zum Beispiel in Erfurt