Attentate waren in der politisch angespannten Atmosphäre zu Beginn des 20. Jahrhunderts nichts Ungewöhnliches. So kamen um die Jahrhundertwende Staatsmänner und gekrönte Häupter in Italien, Österreich-Ungarn, Serbien und Griechenland sowie in Frankreich und den USA bei Anschlägen ums Leben. Das
Streit um Bosnien und Herzegowina
Erzherzog Franz Ferdinand hatte an den beiden Tagen vor dem Attentat an einem Manöver in Bosnien und Herzegowina teilgenommen. Nach dem Russisch-Osmanischen Krieg 1877/78 waren Bosnien und Herzegowina unter österreichisch-ungarische Verwaltung gestellt worden, sie standen formell aber noch unter osmanischer Herrschaft; das Habsburgerreich annektierte die Gebiete schließlich im Jahr 1908.
Die Annexion löste eine politische Krise in der Region aus, da vor allem das neu geschaffene Königreich Serbien seine Pläne gefährdet sah, ein großserbisches Reich zu errichten, das u.a. auch die in Bosnien und Herzegowina lebenden Serben mit einschloss.
Mit der Errichtung des serbischen Königreichs 1882 trachtete die serbische Elite in Politik, Gesellschaft und Militär nach Sicherung ihrer Unabhängigkeit und territorialer Ausdehnung ihres Staates. Nachdem Serbien gestärkt aus den
Das Attentat
Der Tag des Besuches Franz Ferdinands in Sarajevo war wohl zufällig – und schlecht – gewählt: am Sankt-Veits-Tag (Vidovdan) gedachten die Serben traditionell dem Kampf gegen die osmanische Fremdherrschaft und besonders der
Das Attentat vom 28. Juni 1914
Franz Ferdinand: Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Oeste, geboren am 18.12.1863 in Graz, war der Neffe des österreichischen Kaisers Franz Joseph I. und nach dem Selbstmord von dessen Sohn Rudolf Thronfolger. Verheiratet war er mit Sophie Gräfin Chotek, die am Hof der Habsburger als nicht ebenbürtig angesehen wurde. Der Kaiser und sein Thronfolger standen sich politisch nicht besonders nah.
Kaiserliche und königliche Monarchie Österreich-Ungarn: Die Monarchie Österreich-Ungarn, oft auch als k.u.k.-Doppelmonarchie bezeichnet, war der Gesamtstaat des Habsburgerreiches zwischen 1867 und 1918. Er umfasste die heutigen Staatsgebiete Österreichs, Ungarns, der Slowakei, Sloweniens, Kroatiens, Bosnien und Herzegowinas und den größten Teil Tschechiens sowie Teile Rumäniens, Montenegros, Polens, der Ukraine, Italiens und Serbiens. Er wurde von der Habsburgerdynastie regiert, zuletzt von Karl I. (bis 1918).
Mlada Bosna/Crna Ruka: Mlada Bosna ("Junges Bosnien") war eine Vereinigung serbisch-nationalistischer Studenten, die Anfang des 20. Jahrhunderts in Bosnien und Herzegowina agierte und eng mit der serbischen Geheimorganisation Crna Ruka ("Schwarze Hand") verknüpft war, die innerhalb der serbischen politischen und militärischen Führung sehr gut vernetzt war. Vorrangige Ziele waren die Stärkung des serbischen Nationalbewusstseins, die Befreiung von der österreichisch-ungarischen Herrschaft und ein panslawistischer Zusammenschluss mit Serbien und Montenegro. Der Attentäter Gavrilo Princip und seine Mitstreiter gehörten allesamt der Mlada Bosna an.
Die Julikrise
Was in der Folge des Attentats auf und hinter der politischen Bühne in Europa geschah, wird als "Julikrise" bezeichnet.
Österreich-Ungarn war entschlossen, das Attentat mit einem sofortigen und energischen Vorgehen gegen Serbien zu beantworten. Das Deutsche Reich, das mit Österreich 1879 den Zweibundvertrag geschlossen hatte, sagte der österreichischen Regierung am 6. Juli seine volle Unterstützung zu. Diese Beistandserklärung wurde später als "Blankoscheck" kritisiert. Russland stand seinerseits an der Seite Serbiens.
Am 23. Juli stellte Österreich-Ungarn als Reaktion auf das Attentat ein 48-Stunden-Ultimatum an Serbien und erklärte am 25. Juli Serbiens Antwort für unbefriedigend. Österreich-Ungarn erklärte Serbien am 28. Juli 1914, den Krieg. In Russland verfügte der Zar am 30. Juli die Generalmobilmachung, die bereits vor Ablauf des österreichischen Ultimatums vorbereitet worden war. Deutschland erklärte am 1. August Russland, am 3. August Frankreich den Krieg. Zwei Tage später trat Großbritannien in den militärischen Konflikt ein, aus dem der Erste Weltkrieg geworden war.
100 Jahre Kriegsausbruch
Seit Beginn des Ersten Weltkriegs wird über die Frage debattiert, wer die Hauptverantwortung für den
In den 1960er Jahren versuchte der Historiker Fritz Fischer mit seiner Publikation "Griff nach der Weltmacht" die sogenannte „Schlitterthese“ zu widerlegen. Er argumentierte, das Deutsche Reich habe den Krieg bewusst herbeigeführt, um Hegemonie in Europa zu erlangen. Fischers These wurde kontrovers diskutiert, „aber es war doch mehr oder weniger unumstritten, dass Deutschland den Hauptteil der Verantwortung für den Kriegsbeginn zu tragen hatte (...)“,