51,2 Millionen Menschen waren Ende 2013 weltweit auf der Flucht. Das geht aus dem Externer Link: neuen Global Report des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR hervor, der am Freitag (20. Juni) veröffentlicht wurde. Damit stieg die Gesamtzahl der Flüchtlinge, Asylsuchenden und Binnenvertriebenen auf den höchsten Stand nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Rekordzahl neuer Flüchtlinge
Von den 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht gelten 16,7 Millionen als anerkannte Flüchtlinge. Flüchtling ist laut der Genfer Flüchtlingskonvention eine Person, die "aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will [...]" (Art. 1A Abs. 2). Der UNHCR zählt darüber hinaus rund 33,3 Millionen Binnenvertriebene ("internally displaced persons") sowie knapp 1,1 Millionen Asylsuchende. Die Zahl der Binnenvertriebenen verzeichnete 2013 den größten Anstieg aller Flüchtlingsgruppen – 2012 waren noch 4,5 Millionen Menschen weniger Vertriebene im eigenen Land. Das Gros der neuen Flüchtlinge stammt aus Syrien.
Auf der Flucht im eigenen Land
Zwischen 2,5 und 2,8 Millionen Syrer leben heute im unfreiwilligen Exil – damit könnte Syrien Afghanistan als Herkunftsland der meisten anerkannten Flüchtlinge weltweit bereits abgelöst haben. Das UN-Flüchtlingshilfswerk geht davon aus, dass es sich bei der Hälfte der syrischen Flüchtlinge um Kinder und Jugendliche handelt. Bereits im Mai dieses Jahres hatten das UNHCR zusammen mit dem Zentrum zur Beobachtung von Binnenflucht (IDMC) in Genf und dem Norwegischen Flüchtlingsrat Externer Link: einen Bericht vorgestellt, dem zufolge Ende 2013 weitere 6,5 Millionen Menschen innerhalb Syriens auf der Flucht waren. Da diese Binnenvertriebenen nicht unter dem Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention stehen, sei ihre Lage oft noch schlimmer als die derjenigen Flüchtlinge, die das Land verlassen haben, so die Verfasser des Berichts. Der
Ermahnung zur Konfliktlösung
Mit Blick auf die Situation und die gestiegene Anzahl der Flüchtlinge forderte UN-Flüchtlingskommissar António Guterres die internationale Staatengemeinschaft auf, politische Lösungen für die Konflikte der Gegenwart zu finden. Gleichzeitig ermutigt das UNHCR alle Länder, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Die deutschen Innenminister und -senatoren gaben am 13. Juni auf ihrer Frühjahrskonferenz bekannt, dass das Kontingent syrischer Flüchtlinge in Deutschland von 10.000 auf 20.000 erhöht werden soll. Hierbei handelt es sich um eine Sondermaßnahme, bei der die Bundesrepublik und die Bundesländer sich zur Aufnahme einer festen Anzahl von Flüchtlingen entschließen. Diese Kontingentflüchtlinge müssen kein Asyl- oder Aufnahmeverfahren durchlaufen. Über diese Regelung haben nach Angaben der Innenministerkonferenz bislang 6.000 Syrer in Deutschland Zuflucht gefunden. Seit Beginn des Bürgerkrieges seien zudem mehr als 30.000 Syrer über den Weg eines normalen Asylverfahrens nach Deutschland gekommen, weitere 5.500 seien als Verwandte bereits in Deutschland lebender Syrer zugezogen. Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl fordern von der deutschen Regierung, mehr Syrien-Flüchtlinge aufzunehmen. Schon jetzt hätten fast 80.000 Syrer, die in Deutschland lebende Verwandte haben, Aufnahmeanträge gestellt.
Syriens Nachbarländer entlasten
Die EU-Staaten insgesamt haben bisher nur zögerlich syrischen Flüchtlingen Schutz geboten. Das UNHCR spricht in seinem Global Report von 37.800 Syrern, die 2013 Asyl in Europa erhalten haben. Zusätzlich haben einige Staaten wie Deutschland Sonderprogramme mit unterschiedlich großen Kontingenten aufgelegt: etwa Österreich (1.500 syrische Flüchtlinge), Schweden (1.200), Norwegen (1.000), Finnland und Frankreich (jeweils 500). In 14-EU-Staaten gebe es bisher jedoch keine derartigen Programme, kritisiert das Entwicklungshilfswerk Misereor.
Zuflucht finden die aus Syrien Geflüchteten vor allem in den Staaten der Region: Im Libanon hielten sich laut UNHCR Mitte Juni mehr als 1,1 Millionen Syrer auf. Das entspricht fast einem Viertel der libanesischen Bevölkerung – damit trägt das Land die Hauptlast der syrischen Flüchtlinge im Ausland. Auch die anderen Nachbarländer Syriens – die Türkei, Jordanien, der Irak und Ägypten – haben zusammen insgesamt Externer Link: mehr als 1,7 Millionen Menschen aufgenommen.
Flüchtlingspolitik
Die Genfer Flüchtlingskonvention: Die Externer Link: Genfer Flüchtlingskonvention, genauer: das „Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“, steht in der Tradition internationaler Menschenrechtsdokumente, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Schutz des Individuums zur universellen Aufgabe erklärten. Sie wurde am 28. Juli 1951 in Genf auf einer UN-Sonderkonferenz verabschiedet und beinhaltet neben der Definition des Flüchtlingsbegriffs weitere Prinzipien, wie das Verbot der Ausweisung und Zurückweisung. Dies bedeutet, dass kein Flüchtling in eine Region abgeschoben werden darf, in dem sein Leben oder seine Freiheit bedroht sind (Art. 33 Abs. 1). Gleichzeitig werden Rechte von Flüchtlingen definiert, wie die Religionsfreiheit und das Recht auf Arbeit, und bestimmte Personengruppen vom Flüchtlingsstatus ausgeschlossen – etwa Kriegsverbrecher. Mittlerweile wurde die Genfer Flüchtlingskonvention und das nachfolgende Protokoll aus dem Jahr 1967 von insgesamt 147 Staaten unterzeichnet. Zudem ist die Beachtung der Konvention im Externer Link: Vertrag von Lissabon (Artikel 78 und Protokoll Nr. 24) und in der Externer Link: EU-Grundrechtecharta (Artikel 18) festgeschrieben.
Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR): Der
Flüchtlinge in Deutschland: Das deutsche Asylrecht regelt die Rechte und Pflichten der Asylbewerber sehr genau. In seiner Unterkunft – meistens handelt es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft – stehen jedem Asylbewerber mindestens 6,5 Quadratmeter zur Verfügung. Die
Hintergrund Aktuell (27.07.2011): 60 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention