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Vor 25 Jahren: Erste freie Wahl in Südafrika

Redaktion

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Im April 1994 fand in Südafrika die erste allgemeine und freie Wahl statt. Die absolute Mehrheit erzielte der African National Congress (ANC), der seit Jahrzehnten gegen das Apartheidregime kämpfte. Die Wahl markierte das Ende des institutionalisierten Rassismus in Südafrika. Doch die Folgen der Apartheid wirken sich auch heute noch auf den Wahlkampf aus.

Der Präsident des südafrikanischen ANC, Nelson Mandela, bei der Stimmabgabe zu den ersten demokratischen Wahlen in Südafrika im April 1994. (© picture-alliance/dpa)

Kilometerlang waren die Schlangen vor den Wahllokalen, in die sich Schwarze und Weiße gemeinsam einreihten: Vom 26. bis 29. April 1994 konnten erstmals alle Südafrikanerinnen und Südafrikaner uneingeschränkt und frei ihr Parlament wählen. Waren zur Zeit der Apartheid gerade einmal rund drei Millionen Menschen wahlberechtigt, stieg ihre Zahl 1994 auf 22,7 Millionen. Erstmals war es zudem der schwarzen Bevölkerungsmehrheit möglich, mit eigenen Parteien zur Wahl anzutreten.

Entgegen vorheriger Befürchtungen, die Wahl könnte von Gewalt überschattet werden, verlief sie vergleichsweise friedlich sowie "frei und fair", wie die unabhängige Wahlkommission IEC (Externer Link: Independent Electoral Commission) später urteilte. Mehr als 19 Millionen gültige Stimmzettel wurden gezählt, damit lag die Wahlbeteiligung bei rund 87 Prozent.

Der African National Congress (ANC), der mehr als 80 Jahre den Kampf gegen die Apartheid angeführt hatte, erreichte mit 62,6 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit und wurde Regierungspartei. Die bis dahin seit 1948 ununterbrochen regierende "National Party" (NP) kam nur auf 20,4 Prozent. Die Zulu-Partei "Inkatha Freedom Party" (IFP) erhielt 10,5 Prozent der Stimmen. Nelson Mandela, führendes ANC-Mitglied und Symbolfigur der Anti-Apartheid-Bewegung, wurde damit Südafrikas erster schwarzer Präsident.

Vom Anfang bis zum Ende der Apartheid

Das Ergebnis der Wahl markierte einen Wendepunkt in der Geschichte Südafrikas. Seit der Kolonialisierung durch die Niederlande und Großbritannien im 17. und 18. Jahrhundert war das Land von einer Vorherrschaft der weißen Minderheit geprägt. Die Ausbeutung der schwarzen Bevölkerung war schrittweise institutionalisiert worden. Zuerst wurden sie als billige Arbeitskräfte etwa im Bergbau eingesetzt, später schränkte die Regierung ihre Freizügigkeit ein. Der sogenannte Natives Land Act von 1913 wies ihnen nur sieben Prozent der Fläche des Staatsgebiets als Wohn- und Nutzfläche zu.

Ab 1948 baute die regierende National Party das System der "Apartheid" (Afrikaans: Trennung) kontinuierlich aus. Die Bevölkerung Südafrikas wurde strikt nach vier vermeintlichen "Rassen" getrennt: "Weiße", "Schwarze", "Asiaten" und "Coloureds". Während die Weißen die Kontrolle über den gesamten Staat und seine Institutionen hatten, wurden Bürgerrechte der nicht-weißen Bevölkerung eingeschränkt und teils entzogen. Ein gleichberechtigter Zugang zu Politik, Bildung, Arbeitsmarkt und Rechtsprechung wurde ihnen verwehrt. Räumlich wurde die schwarze Bevölkerung durch die sogenannte Bantustanpolitik in „Homelands“ aufgeteilt und strikt von den Weißen getrennt.

Vom friedlichen zum gewaltsamen Protest

Der ANC, bzw. dessen Vorläuferorganisation South African Native National Congress (SANNC), hatte bereits seit seiner Gründung 1912 mit friedlichen Mitteln des zivilen Ungehorsams gegen die Diskriminierungen angekämpft. Nachdem der friedliche Protest jedoch erfolglos geblieben war und sich die Apartheidpolitik weiter verschärfte, gründete sich 1961 ein bewaffneter Flügel des ANC – ein Jahr, nachdem die Organisation offiziell verboten wurde. Dieser kämpfte mit Sabotageakten und Bombenanschlägen auf staatliche Institutionen gegen die wachsende Repression der schwarzen Bevölkerung. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte auch Nelson Mandela. 1962 wurde Mandela festgenommen und wie andere führende Mitglieder des ANC 1964 zu lebenslanger Haft verurteilt. In der Folgezeit operierte der ANC aus dem Untergrund und kämpfte vor allem mit den Mitteln des Boykotts, Streiks und Demonstrationen gegen das Regime.

Südafrikas Weg zur Demokratie

Auch auf internationalen Druck hin brachte ab 1990 der damalige Staatspräsident Frederic W. de Klerk grundlegende Reformen auf den Weg. In der Folge wurde das Verbot des ANC aufgehoben und eine Reihe von Apartheidsgesetzen abgeschafft. Im Februar 1990 wurde Nelson Mandela nach 27 Jahren aus der Haft entlassen.

Ein wichtiger Schritt zur Überwindung der Rassentrennung war 1993 die Verabschiedung einer Übergangsverfassung, die erstmals allen Südafrikanerinnen und Südafrikanern das Wahlrecht garantierte und damit den Weg zur ersten allgemeinen und freien Wahl ebnete. Die Übergangsverfassung trat am 27. April 1994 in Kraft – bis heute südafrikanischer Nationalfeiertag ("Freedom Day").

Nach der historischen Wahl von 1994 regierte der ANC gemeinsam mit der "National Party" und der "Inkatha Freedom Party" in einer Regierung der nationalen Einheit. Im Februar 1997 gab sich das Land eine endgültige Verfassung. Südafrika wurde zur Präsidialdemokratie und erhielt ein Zwei-Kammern-Parlament. Die Mehrheitspartei stellt die Regierung und wählt den Präsidenten. Seither ist der ANC in verschiedenen Koalitionsregierungen ununterbrochen an der Macht.

Das Erbe der Apartheid

Südafrika (© Kämmer-Kartographie, Berlin 2012)

Während seiner Amtszeit legte Nelson Mandela den Schwerpunkt auf Versöhnung und die Einbindung aller Bevölkerungsgruppen, unter anderem durch die Einrichtung einer Interner Link: Kommission für Wahrheitsfindung und Aussöhnung. Die Aufteilung territorialer Gebiete in ethnische „Homelands“ wurde durch ein föderales System abgelöst.

Dennoch sind die Nachwirkungen des Apartheidregimes bis heute zu spüren. Das betrifft unter anderem die ungleiche Verteilung der Vermögen und des privaten Landbesitzes. Laut einem Regierungsbericht waren 2017 noch immer 72 Prozent des Ackerlands im Besitz weißer Farmerinnen und Farmer. Seit 1994 wurde nicht mehr als ein Zehntel des Landes auf freiwilliger Basis an schwarze Südafrikanerinnen und Südafrikaner umverteilt.

Misswirtschaft

Die jüngere wirtschaftliche Entwicklung des Landes wurde vor allem von der Präsidentschaft Jacob Zumas (2009-2018) geprägt. Zuletzt überschatteten Korruptionsvorwürfe und Misswirtschaft die Amtszeit des ehemaligen ANC-Vorsitzenden. Der staatliche Energieversorger Eskom kann beispielsweise keine durchgehende Stromversorgung gewährleisten, sodass im ganzen Land regelmäßig der Strom ausfällt, was Produktionsausfälle auslöst. Die Energiekrise wirkt sich negativ auf das Wirtschaftswachstum aus. Das betrug 2011 noch über drei Prozent und liegt nun seit 2014 unterhalb von zwei Prozent pro Jahr. Gleichzeitig hat Südafrika mit einer konstant hohen Arbeitslosenquote von über 25 Prozent zu kämpfen.

Wahlen im Mai 2019

Seit Zuma im Februar 2018 nach massiven Protesten und angesichts eines drohenden Amtsenthebungsverfahrens zurücktrat, führt der ANC-Vorsitzende Cyril Ramaphosa die Regierung in Südafrika an. Er will aktuell unter anderem die Landreform mit einem neuen Verfassungszusatz beschleunigen, der eine Enteignung ohne Entschädigung ermöglichen soll. Damit nimmt er Forderungen der linksradikalen Oppositionspartei „Economic Freedom Fighters“ (EFF) auf. Vor allem internationale Beobachter/-innen sowie Investoren warnen davor, dass es nach der Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes zu wirtschaftlichen Missständen kommen könnte.

Die Nachwirkungen der Apartheid bestimmen auch heute den Wahlkampf in Südafrika. Ob Präsident Cyril Ramaphosa weiter im Amt bleibt, entscheidet sich im Mai 2019. (© picture-alliance/AP)

Knapp 27 Millionen registrierte Wählerinnen und Wähler sind aufgerufen, am 8. Mai eine neue Nationalversammlung sowie neun Provinzparlamente zu wählen. Bei den anstehenden Wahlen können der ANC und sein Präsidentschaftskandidat Ramaphosa laut aktueller Meinungsforschung mit einer Mehrheit rechnen: Die Wahlumfragen von IPSOS und IRR sehen den ANC zwischen 54 und 61 Prozent.

Daneben werden zwei Oppositionsparteien Chancen auf ein zweistelliges Ergebnis ausgerechnet. Die Democratic Alliance (DA) mit ihrem Vorsitzenden Mmusi Maimane wird traditionell vor allem von weißen Südafrikanerinnen und Südafrikanern gewählt. 18 bis 22 Prozent der Befragten gaben an, für sie stimmen zu wollen. Die 2013 gegründete Partei EFF des Linkspopulisten Julius Malema kommt den Umfragen zufolge auf 10 bis 12 Prozent der Wählerstimmen. Zudem gaben 38 Prozent der Befragten einer IPSOS-Umfrage an, dass keine der Parteien ihren Standpunkt vertrete. In der Gruppe der unter 30-Jährigen haben sich Millionen Menschen nicht für die Wahlen registrieren lassen.

Abgesehen von den Debatten um die Landreform bestimmte ein einwanderungskritischer Diskurs den Wahlkampf. Kandidierende von ANC und DA sowie der kleineren Oppositionspartei IFP forderten in den letzten Wochen etwa stärkere Grenzkontrollen. Außerdem wurde der Wahlkampf im März von ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Südafrikas drittgrößter Stadt Durban überschattet.

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