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Stichwahl in Chile | Hintergrund aktuell | bpb.de

Stichwahl in Chile

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Michelle Bachelet hat die Stichwahl um die Präsidentschaft in Chile gewonnen. Sie erhielt am Sonntag (15. Dezember) 62,2 Prozent der Stimmen und setzte sich damit gegen Evelyn Matthei durch, die auf 37,8 Prozent der Stimmen kam. In der Stichwahl standen sich erstmals in der Geschichte des Landes zwei Frauen gegenüber.

Michelle Bachelet hat das Rennen um die chilenische Präsidentschaft gegen Evelyn Matthei (l.) am Sonntag in einer Stichwahl gewonnen. Matthei kandidierte für das regierende Mitte-Rechts-Bündnis, Bachelet für die Mitte-Links-Koalition Nueva Mayoria. (© picture-alliance/dpa)

Bachelet hatte bereits in der ersten Runde der Interner Link: Wahl am 17. November die meisten Stimmen erhalten, mit 47 Prozent aber die absolute Mehrheit verfehlt. Sie tritt für das neue Mitte-Links-Bündnis mit dem Namen "Nueva Mayoría" (Neue Mehrheit) an. Im neuen Bündnis ist neben den Sozialisten, den Sozialdemokraten und den Christdemokraten auch die Kommunistische Partei vertreten. Bachelet, Kinderärztin und ehemalige Direktorin der UN-Frauenorganisation UN Women, war bereits von 2006 bis 2010 Präsidentin Chiles.

Matthei, Kandidatin des Mitte-Rechts-Lagers, räumte ihre Niederlage ein und gratulierte ihrer Konkurrentin. Sie hatte in der ersten Runde 25 Prozent der Stimmen bekommen. Bachelets neue Amtszeit beginnt nun am 11. März.

Mehrheiten für Reformvorhaben?

Während Bachelet im Wahlkampf kostenlose Bildung, eine Verfassungsreform und ein neues Steuersystem forderte, sprach sich ihre Widersacherin Matthei gegen Reformen aus. Schulen und Universitäten sind in Chile gebührenpflichtig. Bachelet plädierte dafür, die Gebühren abzuschaffen. Matthei wollte stattdessen die Stipendien ausweiten.

Beide Kandidatinnen stimmten darin überein, das Land zu dezentralisieren, wobei Bachelet umfassendere Forderungen als ihre Kontrahentin stellte. Zudem waren sich beide einig darin, die Pazifik-Allianz (Freihandelszone) mit Mexiko, Kolumbien und Peru zu verstärken.

Im November hatten die Chileninnen und Chilenen auch ihr Parlament neu gewählt. Die Mitte-Links-Koalition Bachelets gewann 67 der 120 Abgeordnetensitze und stellt nun zudem 21 der 38 Senatoren. Damit könnte Bachelet einige ihrer Wahlkampfforderungen durchsetzen. Für eine Verfassungsreform reicht es allerdings nicht, denn dafür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.

Wahlpflicht abgeschafft

Mit dem Wahlsieg des aktuellen Präsidenten Sebastián Piñera war es 2010 erstmals seit Chiles Rückkehr zur Demokratie 1990 zu einem Machtwechsel gekommen: 20 Jahre lang hatte das Mitte-Links-Bündnis "Concertación" die Regierung gestellt, Piñera war der erste konservative Präsident seit dem Ende der Diktatur. Piñera konnte nun nicht wiedergewählt werden - die chilenische Wahlgesetzgebung erlaubt dem Präsidenten zwar mehrere Amtszeiten, nicht aber mehrere Amtszeiten in Folge.

In den vergangenen 15 Jahren sank die Wahlbeteiligung auf zuletzt unter 50 Prozent, obwohl Wahlpflicht bestand. Ende 2011 wurde das System reformiert: Die Wahlpflicht wurde abgeschafft und gleichzeitig die automatische Registrierung der Wähler eingeführt. Knapp 13,6 Millionen Chileninnen und Chilenen waren wahlberechtigt. In der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen im November machten 49 Prozent von ihnen von ihrem Recht Gebrauch, in der Stichwahl gaben rund 42 Prozent ihre Stimme ab.

Das binominale Wahlsystem

Chile ist eine Präsidialdemokratie mit einem Zwei-Kammer-Parlament. Die Abgeordnetenkammer hat 120 Mitglieder, der Senat 38. Die Abgeordneten werden für vier Jahre, die Senatoren für acht Jahre nach dem binominalen Wahlverfahren gewählt: Jeder Wahlkreis entsendet zwei Vertreter/-innen in die beiden Parlamentskammern. Gewählt sind also der Kandidat oder die Kandidatin mit den meisten und der/die mit den zweitmeisten Stimmen.

Dieses System schafft Vorteile für große Parteien und Listenverbindungen. In den vergangenen Jahren hat sich ein bipolares System mit zwei politischen Blöcken entwickelt: ein Mitte-Rechts- und ein Mitte-Links-Lager.

Erinnerung an Diktatur

In Chile erinnern dieses Jahr viele Veranstaltungen an die Zeit vor 40 Jahren: Im September 1973 putschte das Militär unter Führung des Generals Augusto Pinochet gegen die sozialistische Regierung des Präsidenten Salvador Allende. Zwischen 1973 und 1990, in der Zeit der Militärdiktatur, fielen tausende Menschen dem Pinochet-Regime zum Opfer. Sie wurden gefoltert, ermordet oder verschwanden einfach.

Trotz einiger Reformen finden sich auch in Regierungssystem und Verfassung des Landes noch Relikte aus den Zeiten der Diktatur. Die Verfassung wurde beispielsweise nur wenig verändert. Bachelet forderte im Wahlkampf eine Verfassung "ohne autoritäre Züge".

Ökonomie auf Wachstumskurs

Wirtschaftlich wächst Chile seit der weltweiten Finanzkrise und dem schweren Erdbeben am 27. Februar 2010 wieder. Die Verschuldung lag 2012 bei 11,3 Prozent des Interner Link: Bruttoinlandsprodukts (BIP), der Staatshaushalt wies im vergangenen Jahr einen Überschuss von 0,6 Prozent des BIP auf. Der gesunkene Kupferpreis macht der exportorientierten und stark auf Bergbau ausgerichteten Wirtschaft allerdings zu schaffen. Im ersten Halbjahr 2013 wuchs die Wirtschaft um 4,3 Prozent - 2012 hatte das Wachstum noch 5,6 Prozent betragen.

Chile gehört nach Kriterien wie der Lebenserwartung, dem Lebensstandard und dem Zugang zu Bildung zu den Schwellenländern, die am weitesten entwickelt sind. Der Anteil der Armen sank seit 1990 um mehr als die Hälfte - die chilenische Gesellschaft ist jedoch weiter gespalten: Die oberen zehn Prozent der Bevölkerung verdienen im Durchschnitt 30 Mal so viel wie die unteren zehn Prozent. Die Arbeitslosenquote lag 2012 bei 6,4 Prozent.

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