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Parlamentswahl in Tschechien | Hintergrund aktuell | bpb.de

Parlamentswahl in Tschechien

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Die Tschechen haben ein neues Parlament gewählt – ob damit die Regierungskrise endet, ist allerdings unklar. Mit 20,5 Prozent wurden die Sozialdemokraten stärkste Kraft, die bürgerlichen Parteien verloren Stimmen. Eine Regierungsbildung gilt als schwierig.

Das tschechische Parlament in Prag - wer darf hier nach den Neuwahlen Platz nehmen? (© picture alliance / AP Photo)

Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erreichten die Sozialdemokraten (CSSD) mit 20,5 Prozent zwar die meisten Stimmen, verfehlten ihr Wahlziel von 30 Prozent aber deutlich. Die angestrebte Minderheitsregierung unter Tolerierung der Kommunisten ist unmöglich: Die kommunistische Partei KSCM bekam 14,9 Prozent der Stimmen, damit erhalten CSSD und KSCM lediglich 83 der 200 Sitze im Abgeordnetenhaus.

Die KSCM wurde seit langem als potenzieller Koalitionspartner der Sozialdemokraten gehandelt. Allerdings ist die Zusammenarbeit mit den Kommunisten auch innerhalb der CSSD umstritten. Es wäre das erste Mal seit dem politischen Systemwechsel der Tschechoslowakei 1989, dass die kommunistische Partei wieder in der Regierung vertreten wäre. Deren Parteichef Vojtech Filip fordert unter anderem den Austritt aus der NATO.

Neue Partei holt fast 20 Prozent

Zweitstärkste Partei im neuen Parlament wird die neu gegründeten Partei ANO des Agrar-Milliardärs Andrej Babiš, sie erzielte 18,7 Prozent der Stimmen. Die Partei, die unter dem Slogan "Wir sind keine Politiker, wir schuften" antrat, hatte angekündigt, die Korruption zu bekämpfen und den Staat "wie eine Firma" führen zu wollen. Nun könnte Babiš zum Königsmacher in einer Regierungskoalition werden.

Interner Link: Im August hatte das Abgeordnetenhaus in Prag mit der notwendigen Drei-Fünftel-Mehrheit dafür votiert, sich selbst aufzulösen. Dem vorausgegangen war eine monatelange politische Krise im Land: Mitte Juni war der konservative Ministerpräsident Petr Necas wegen einer Bespitzelungs- und Korruptionsaffäre zurückgetreten – als Regierungschef und als Vorsitzender der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS). Die nächsten regulären Parlamentswahlen waren erst für Mai 2014 vorgesehen.

Das politische System Tschechiens

Das politische System in Tschechien ist ein Zweikammersystem mit dem Abgeordnetenhaus und dem Senat. Der Präsident ist das Staatsoberhaupt. Im Januar dieses Jahres wurde er zum ersten Mal in zwei Wahlgängen direkt gewählt.

Das Abgeordnetenhaus hat 200 Mitglieder. Sie werden nach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Eine Legislaturperiode hat eine Dauer von vier Jahren. Alle zwei Jahre stehen Wahlen zum Senat an - dann werden jeweils ein Drittel der 81 Sitze besetzt.

Der Senat kann Gesetze an das Abgeordnetenhaus zur Änderung zurückverweisen oder ablehnen. Dann müssen die Mitglieder des Abgeordnetenhauses das Votum mit absoluter Mehrheit überstimmen. Darüber hinaus spielt der Senat vor allem bei verfassungsändernden Gesetzen und der Ernennung der Verfassungsrichter eine wichtige Rolle.

Aus den vergangenen Wahlen vor drei Jahren waren die Sozialdemokraten (CSSD) als stärkste Partei hervorgegangen, knapp vor der ODS und der liberalen Top09 um den ehemaligen Außenminister Karel Schwarzenberg, die 2010 erstmals zu Parlamentswahlen angetreten war. Weil die Sozialdemokraten keinen Koalitionspartner fanden, bildeten die ODS und Top09 mit der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten (VV) eine Drei-Parteien-Regierung. Nachdem sich die VV aufspaltete, blieb nur die daraus neu gegründete Partei LIDEM in der Regierung. Die VV stieg aus.

Konservative verlieren deutlich

Die bürgerlichen Parteien verloren wie in Umfragen vor der Wahl vorausgesagt deutlich: Die bürgerliche ODS erhielt nur noch 7,7 Prozent der Stimmen, Top09 kam auf 12 Prozent. Darüber hinaus schafften die christdemokratische KDU-CSL mit 6,8 sowie die Partei Usvit mit 6,9 Prozent den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahlbeteiligung lag mit 59,5 Prozent um 3,5 Prozentpunkte niedriger als vor drei Jahren.

Bohuslav Sobotka, der Vorsitzende der Sozialdemokraten, kündigte an, mit allen Parteien sprechen zu wollen, die nicht an der letzten Regierung beteiligt waren. Er steht allerdings in den eigenen Reihen unter Druck. Die Parteiführung der CSSD forderte ihn zum Rücktritt auf. Sie berief ein Gremium zur Sondierung von Koalitionsverhandlungen – ohne Parteichef Sobotka.

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